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Joel 4 - Die Reise ans Ende der Welt

Joel 4 - Die Reise ans Ende der Welt

Titel: Joel 4 - Die Reise ans Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Zug. Frans hatte gesagt, dass die Frauen in den Schaufenstern ganz in der Nähe vom Amsterdamer Bahnhof saßen.
    Als Erstes suchte er sich einen Fahrplan, um nachzusehen, wann der letzte Zug in die Hafenstadt zurückfuhr. Dann ging er in die Stadt. Er war nervös. Was passieren würde, wusste er nicht. Frans hatte versucht, es ihm zu erklären. Er sollte herumgehen, in die Fenster gucken und sich entscheiden. Dann würde man ihn in ein Zimmer irgendwo hinter dem Schaufenster lassen. Zuerst musste er bezahlen. Das war wichtig, hatte Frans mehrere Male betont. Zuerst das Geld. Sonst würde ein bedrohlicher Mann auftauchen, der in einem anderen Zimmer saß und Radio hörte. Zuerst das Geld, dachte Joel. Er hatte es in der Tasche. Die Telegrafistin hatte ihm holländische Gulden ausgehändigt. Joel hatte keine Ahnung, was dann passieren würde. Er machte sich Sorgen, dass er es nicht schaffen würde. Und er wusste auch nicht genau, was er eigentlich schaffen sollte. Vielleicht warf sie ihn raus, wenn er irgendwas falsch machte.
    Aber natürlich hatte er Frans nicht erzählt, dass es das erste Mal war. Auch davon nicht, dass er sich Sorgen machte. Er hatte jedoch so eine Ahnung, dass es leichter sein würde, wenn er etwas trank. Nicht zu viel. Nur gerade so viel, dass sich die Nervosität legte. Deswegen ging er in eine Bar in der Nähe vom Bahnhof. Er trank ein Bier. Nicht mehr. Sofort spürte er die Wärme im Körper. Dann suchte er das Viertel mit den Schaufenstern. Auf den Straßen waren viele Leute unterwegs, viele Seeleute, genau wie er selber. Und dort waren die Frauen. Frans hatte nicht übertrieben.
    Sie saßen in erleuchteten Schaufenstern auf Stühlen. Ihre Gesichter waren starr. Wie die von Schaufensterpuppen. Joel merkte, dass er gleichzeitig nervös und erregt war. Er wagte es kaum, die Frauen anzuschauen. Die meisten waren halb nackt und stark geschminkt. Einige rauchten. Er blieb vor einem Schaufenster stehen, vor dem schon ein paar Männer standen und glotzten. Da konnte er sich im Hintergrund verstecken.
    Er ging in eine Bar und bestellte sich einen Whisky. Frans trank Whisky. Nie etwas anderes. Joel musste sich zwingen, das Zeug runterzuschlucken.
    Samuel hätte es in einem einzigen Zug gekippt, dachte er.
    Irgendwann ist Samuel bestimmt auch mal in diesen Straßen herumgestrichen.
    Welche hätte er gewählt?
    Joel beschloss, noch ein Glas Whisky zu trinken. Aber dann war es genug. Er zahlte und ging hinaus. Jetzt traute er sich, vor einem Fenster stehen zu bleiben, wo er allein war. Aber wie sollte er auswählen?
    Eigentlich hätte er sich gewünscht, dass eine dabei gewesen wäre, die Sonja Mattsson ähnlich war. Aber er fand keine. Er ging weiter, bis keine Schaufenster mehr da waren. Er wollte gerade umkehren, als ihn jemand aus der Dunkelheit ansprach. Zuerst konnte er niemanden sehen. Dann trat eine Frau aus dem Schatten. Sie kam nicht aus einem Schaufenster, aber Joel verstand, dass sie eine von den Frauen war. Die man kaufen konnte. Sie sprach englisch. Sagte, was es kostete, und zeigte in den Schatten. Joel erahnte die Konturen einer Tür.
    Sie war nicht älter als fünfundzwanzig. Wie Sonja Mattsson.
    Hatte braune Haare und war nicht so stark geschminkt wie die Frauen in den Schaufenstern.
    Sie nahm ihn am Arm.
    Joel dachte, dass er davonlaufen müsste.
    Aber er folgte ihr in den Schatten.
    Hinter der Tür war eine steile Treppe. Die Frau schob ihn vor sich her.
    Was zum Teufel mach ich hier eigentlich?, dachte Joel. Sie kamen in ein Zimmer, in dem es ein Bett mit einem roten Bettüberwurf gab. Aus dem Nachbarzimmer war Radiomusik zu hören.
    Sie setzte sich auf die Bettkante und streckte die Hand nach ihm aus. Er gab ihr die Summe, die sie gefordert hatte.
    Dann fing sie an, seine Hose hastig aufzuknöpfen. Danach zog sie ihre eigene grüne Hose aus. Joel konnte gerade noch sehen, dass sie etwas darunter trug, ehe sie ihn zu sich aufs Bett herunterzog. Den Bettüberwurf hatte sie nicht abgenommen.
    Was eigentlich passierte, wusste er nicht genau. Jetzt war er erregt. Spürte, wie er in sie eindrang und wie es dann ganz plötzlich vorbei war.
    Es war so schnell gegangen, dass er selbst erstaunt war. Sie zog ihn vom Bett hoch, gab ihm ein Papiertaschentuch, damit er sich abwischen konnte, und bat ihn vorsichtig zu sein, wenn er die Treppe hinunterging. »Be careful«, sagte sie. »Be careful.«
    Dann verschwand sie in dem Zimmer, in dem das Radio lief. Joel zog sich die Hose hoch und taumelte

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