Joel 4 - Die Reise ans Ende der Welt
und war von Gotland. Frans fuhr schon mehr als zwei Jahre zur See und war schon mal in Middlesbrough gewesen. Er kannte das Hafenviertel gut. In einem Pub trank Joel zwei Bier und bekam sofort Kopfschmerzen. Als sie zurück zum Schiff wollten, war Joel am Tisch eingeschlafen. Am Tag darauf, als sie um sechs geweckt wurden, war ihm schlecht. An die Arbeit hatte er sich schon gewöhnt. Die Tage verliefen gleichförmig. Zuerst frühstückte er selber. Dann deckte er die Tische und stellte vierundzwanzig Teller in der Mannschaftsmesse bereit. Es gab zwei Stewards an Bord, aber der, der dem Kapitän, dem Ersten Steuermann und dem Chef des Maschinenraums servierte, wurde Salon-Steward genannt. Nach dem Frühstück musste Joel abwaschen und aufräumen. Nachmittags hatte er ein paar Stunden frei. Dann arbeitete er weiter bis acht Uhr abends.
Er hatte eine eigene Kajüte. Das hatte ihn überrascht. In seinen Träumen vom Seemannsleben hatte er geglaubt, dass alle in einer gemeinsamen Kajüte schliefen. Jetzt merkte er, dass vieles von dem, was Samuel ihm erzählt hatte, nicht stimmte.
Seine Kajüte war nicht groß. Es gab ein Bett, das an der Wand befestigt war, ein Waschbecken, einen Schrank und einen Stuhl. Und ein Bullauge.
Er fand, dass er noch nie in seinem Leben so gut gewohnt hatte. Die Maschinen, die tief unter ihm arbeiteten, wiegten ihn in den Schlaf.
Sie blieben fast eine
ganze
Woche in Middlesbrough. Am Sonntag fuhr Joel mit einigen von der Besatzung in eine Stadt, die Sunderland hieß, und sah sich ein Fußballspiel an.
Jeder Tag war anders.
Die ganze Zeit geschah etwas.
Von Middlesbrough brachen sie nach Narvik auf. Wieder nach Norden. Joel hatte beschlossen, Geduld zu haben. Es war sein erstes Schiff. Ein Erzschiff. Erst musste er sich einmal daran gewöhnen, auf See zu sein. Dann würde er sich andere Schiffe suchen. Er hatte es nicht eilig. In der zweiten Nacht auf der Nordsee wurde Joel wach, weil er in seiner Koje hin- und herrollte. Der Wind hatte spürbar zugenommen. Schon merkte er, dass sein Magen reagierte. Er zwang sich wieder einzuschlafen. Wenn er dann wieder aufwachte, war der Sturm bestimmt vorbei. Aber am Morgen hatte der Sturm noch zugenommen. Als Joel aus der Koje taumelte, musste er sich an der Schranktür festhalten, damit er nicht umfiel.
Der Rest des Tages war ein Alptraum. Joel kotzte und arbeitete, sah Teller über den Fußboden rutschen und fragte sich, warum er unbedingt zur See fahren wollte. Samuel hatte ihm von der Seekrankheit erzählt. Aber auf eine Weise, dass er sich nichts darunter vorstellen konnte. Er fragte den Koch. Der hieß Axelsson. Solange es stürmte, hielt er sich am Herd fest und briet Kartoffeln.
»Das dauert bestimmt bis Narvik. Aber es geht vorbei.« Joel starrte auf die Kartoffeln, die in der Butter brutzelten. Und schaffte es gerade noch zur Toilette, bevor er sich wieder übergeben musste.
Am Abend war er so müde, dass er in seine Koje fiel ohne sich auszuziehen. Ihm grauste schon vor dem nächsten Morgen.
Joel war seekrank, bis sie tief im Narvikfjord waren. Da endlich merkte er, wie die Übelkeit nachließ. Danach wurde er nie wieder seekrank. Er gehörte zu denen, die sich daran gewöhnen konnten. Aber Frans hatte ihm von einem Bootsmann erzählt, der vierzig Jahre lang seekrank gewesen war.
In den folgenden Monaten war Joel viermal in Narvik. Und dann in Bristol, Middlesbrough, Gent und schließlich Holland. In einem Hafen, der nicht weit entfernt war von Amsterdam.
Auch in Amsterdam war Frans schon einmal gewesen. Eines Abends erzählte er Geschichten, die Joel sofort für Lügen hielt. Von Frauen, die in Schaufenstern saßen und zu kaufen waren. Das ganze Viertel voll von Frauen in Schaufenstern. Joel weigerte sich zu glauben, dass es so etwas geben sollte.
»Fahr hin und sieh selbst nach«, sagte Frans. Und Joel beschloss, das wirklich zu tun. In Holland bekam er einen Tag frei von Pirinen. Als Erstes ging er zur Telegrafistin und hob 200 Kronen von seinem Lohn ab. Das war das erste Mal. So viel Geld hatte er noch nie in seinem Leben in der Hand gehabt.
Eigentlich hatte Frans mit ihm nach Amsterdam fahren wollen. Aber dann musste er wegen einer Arbeit an Bord bleiben. Joel machte sich allein auf den Weg. Er hatte beschlossen, dass es heute passieren sollte. Ins Logbuch hatte er geschrieben:
Wir fahren durch den Kiel-Kanal. Jetzt ist es an der Zeit, den Schritt von Sonja Mattsson zu mehr zu machen. 22. August 1959. 19.44 Uhr
Joel nahm den
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