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JörgIsring-UnterMörd

Titel: JörgIsring-UnterMörd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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als
lebendes Wesen vorstellen konnte. Er wischte sich mit einer Serviette über den
fettigen Mund. Dahlerus stocherte lustlos in einem Kartoffelgratin,
Oberstleutnant Conrad schaufelte mechanisch einen Sauerbraten in sich hinein.
    Dass diese
Menschen es nicht verstanden, die guten Seiten des Lebens zu schätzen, dachte
Göring. Man durfte nie verlernen, den Moment zu genießen, und war die Zukunft
auch noch so düster. Denn was hieß das schon? Selbst der größte Glückspilz war
nicht davor gefeit, in der nächsten Sekunde von einem kosmischen Staubkorn
erschlagen zu werden. C'est la vie!
    Göring räusperte sich. »Der Hummer ist vorzüglich. Mein lieber Dahlerus,
Sie wissen, wo man es sich gutgehen lässt. Nur das Wie scheinen Sie verlernt zu
haben.«
    Dahlerus schaute irritiert. »Ich verstehe nicht ganz ...«
    »Ich meine, wie Sie da sitzen und in Ihrem Essen herumpulen. Das hat der
Koch nicht verdient.«
    Der Schwede wirkte genervt. Göring schmunzelte bei dem Gedanken, wie
Dahlerus wohl aus der Wäsche gucken würde, wenn er wüsste, dass die von ihm
überbrachte Nachricht eine Kettenreaktion ausgelöst hatte, an deren Ende
Hitlers Sohn wieder da landen würde, wo er hingehörte - wenn alles gut ging.
Oberstleutnant Conrad hatte dem Feldmarschall die Nachricht überbracht, dass
Bensler in Schein-Carinhall bisher nicht aufgetaucht war. Vielleicht plante
das Schicksal, ihn herauszufordern, spekulierte Göring, in dem es ihn vor
mehrere Aufgaben gleichzeitig stellte. Ihm entfuhr ein leichter Rülpser. Die
anderen am Tisch ignorierten sein Benehmen.
    Dahlerus legte sein Besteck auf den Teller. »Eure Exzellenz, wir müssen
darüber reden, wie es weitergehen soll. Wir können doch nicht einfach hier
sitzen und warten, bis die ersten Schüsse fallen.«
    Göring stieß erneut auf, hielt sich diesmal aber die Hand vor den Mund.
»Was schlagen Sie vor?«
    Dahlerus sah ihm in die Augen. »Entschuldigen Sie bitte meine Offenheit,
aber ich halte es für sinnlos, von Hitler oder Ribbentrop eine Verbesserung der
gegenwärtigen Lage zu erwarten. Wie sagt man in Deutschland? Das Kind ist in
den Brunnen gefallen. Beide Herren sind zu aufbrausend und zu negativ gegenüber
England eingestellt, als dass sie mit Henderson ein vernünftiges Gespräch
führen könnten. Ein fruchtbarer Dialog mit England scheint mir jedoch
unvermeidlich, wenn wir noch irgendetwas erreichen wollen. Sie, Eure
Exzellenz, sind meiner Meinung nach der Einzige, der dies bewerkstelligen
kann.«
    Dahlerus machte eine Pause. Göring fragte sich, ob dieser Schwede jemals
aufgeben würde. Er nickte. »Ich schätze Ihre Ehrlichkeit. Fahren Sie fort.«
    »Sie kennen Henderson, Sie haben mit ihm gejagt, Sie wissen ihn
einzuschätzen. Er wiederum hat eine hohe Meinung von Ihnen. Sie beide können
miteinander reden, ohne dass der eine dem anderen gleich an die Gurgel geht.
Wenn überhaupt noch eine Möglichkeit bestehen sollte, Missverständnisse
zwischen Deutschland und England auszuräumen, dann nur auf diesem Weg. Treffen
Sie sich mit Henderson. So schnell wie möglich.«
    Göring tupfte sich die Lippen ab. »Womöglich haben Sie recht. Ohne die
Zustimmung Hitlers kann ein solches Treffen jedoch nicht stattfinden.«
    »Dann holen Sie
sich seine Zustimmung«, erwiderte Dahlerus impulsiv.
    Der Feldmarschall
legte beide Hände auf den Tisch. »Ich werde sehen, was ich tun kann. Wenn
Hitler einverstanden ist, empfange ich Henderson zum Tee. Aber Sie müssen mir
zwei Dinge versprechen, mein lieber Dahlerus.«
    Der Schwede sah Göring fragend an.
    »Erstens: Sie überlassen es mir, die Rechnung zu begleichen. Und zweitens:
Wenn es zu dem Treffen kommen sollte, will ich Sie dabei haben.«
     
    29.
    Berlin
    31. August Görings Palais, Nachmittag
     
    Alles könnte so einfach sein, dachte Dahlerus. Er saß gemeinsam mit Göring,
Henderson und Forbes in einem der großzügigen Salons, die das Berliner Palais
des Feldmarschalls zu bieten hatte. Bis zum Boden reichende Fenster erlaubten
den Blick hinaus in einen gepflegten Garten. Der englische Botschafter und der
zweitmächtigste Deutsche verstanden sich ausgezeichnet. Minutenlang hatten sie
sich gegenseitig ihrer Wertschätzung versichert, nun tauschten sie begeistert
Jägerlatein aus. Dahlerus wünschte, die beiden Männer würden sich einen Ruck
geben und den Weg für ein friedliches Miteinander ihrer Nationen bereiten. Er
war froh darüber, dass er Henderson hatte überzeugen können, sich auf ein
spontanes Treffen mit

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