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JörgIsring-UnterMörd

Titel: JörgIsring-UnterMörd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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losging,
der seine uneingeschränkte Macht in Frage stellte. Mühsam hatte Göring zurück
in den Schlaf gefunden.
    Deshalb tendierte
seine Lust, Hitler zu treffen, nach der morgendlichen Rangelei mit Elsa gegen
Null. Der Führer wollte alle Oberbefehlshaber sehen, noch heute Nachmittag im
Berghof am Obersalzberg. Göring war schon spät dran, doch eine bleierne Schwere
lastete auf ihm. Vielleicht hätte er nach dem Gespräch mit Hitler zwei, drei
Tropfen Morphium weniger nehmen sollen. Seine Gier nach süßen Träumen, die ihm
zu vergessen halfen, war einfach zu groß. Er fühlte sich wie gelähmt.
Unmöglich, sich aufzurichten. Er würde der Reichskanzlei eine Nachricht
zukommen lassen, dass er unpässlich sei, das Bett auf keinen Fall verlassen
könne. Fieber, Erbrechen, Durchfall, was auch immer. Krank vor Sorge um das
Deutsche Reich. Asthmatisch, anämisch, neurotisch.
    Göring seufzte. So eine furchtbare, grauenhafte, vermaledeite
Schifferscheiße, dachte er, schloss die Augen und schlummerte leise weg.
    Erneut weckte ihn das Klingeln des Telefons. Erneut
schreckte er hoch, musste sich orientieren. Bitte nicht, dachte er. Nicht schon
wieder. Er setzte sich auf, entschlossen, das Schrillen auszuhalten. Konnte
das wieder Hitler sein? Sollte er es doch probieren, bis ihm der Arm abfiel.
    Göring grunzte.
Ruckartig griff er zum Hörer, riss ihn von der Gabel. »Ja!« Seine Stimme war
kurz davor, sich zu überschlagen.
    »Gratuliere,
Göring, gratuliere. Alle Achtung, mal wieder den richtigen Riecher gehabt. Sie
sind ein Fuchs, Göring, ein Fuchs, der den Hasen aus seinem Bau lockt, das sind
Sie. Die Russen haben soeben telegrafiert, dass Stalin Ribbentrop empfängt,
schon heute. Das ist so perfekt, perfekter geht's gar nicht. Alles läuft nach
Plan. Wir haben Stalin da, wo wir ihn haben wollten. Er ist dabei anzubeißen,
er kann gar nicht anders. Ein Bündnis mit Deutschland, was Besseres kann ihm
doch gar nicht passieren. Der wird sich noch umgucken, dieser bolschewistische
Stammesfürst. Trotzdem genießt er meine Hochachtung. Ich hätte es an seiner
Stelle genauso gemacht. Die Polen können einpacken. Aus und vorbei. Und das
verdanken wir Ihrer Initiative, Ihrem Mut. Respekt! Hätte ich nicht besser
machen können. Ich wusste, dass ich mich auf Sie verlassen kann, Göring.
Gratulation.«
    Hitler hatte eingehängt, bevor Göring auch nur eine Silbe formen konnte.
    Ungläubig starrte der Feldmarschall den Hörer in seiner Hand an und legte
ihn vorsichtig zurück auf die Gabel. In seinem rechten Ohr pochte es - Hitler
hatte wie immer in die Muschel geschrien.
    »Hermann!«
    Die Stimme seiner Frau rüttelte Göring endgültig wach. Sein Name erschien
ihm irgendwie fremd, fast absurd. »Hermann, du kommst zu spät!«
    Er stützte sich
auf die Ellenbogen. Wohin zu spät? Obersalzberg, durchzuckte es ihn, Hitler.
Der Führer hatte am Nachmittag zum Tee geladen. Zum Tee! Aber er hatte doch
gerade ... mit Hitler...
    »Hermann?« Emmy stand in der Tür, schaute besorgt. »Ist irgendwas?«
    »Was soll schon sein? Ich habe nachgedacht.« Göring
setzte sich auf.
    »Für mich sieht das eher nach geschlafen aus. Schulz hat den Wagen schon
vorfahren lassen. Du bist spät dran.«
    Göring winkte genervt ab. »Dann muss der Knilch halt warten. Das schadet
ihm auch nichts!«
    »Welcher Knilch? Schulz?« Emmy schaute ehrlich
besorgt.
    Göring sah sie verächtlich an. Fern von allem, dachte er. Keinen blassen
Schimmer, was vorgeht. »Ach!«, brüllte er und stand auf. »Vergiss es!«
    Er stampfte an
ihr vorbei ins Ankleidezimmer. Wütend schleuderte er eine Schranktür auf und
wühlte in seiner Garderobe.
    »Generäle, Generäle, Teetrinken mit Generälen, pah.«
    Er zog eine weiße Uniformjacke aus dem Schrank, hielt sie sich vor das
Gesicht, musterte sie kurz und warf sie auf einen Stuhl. »Wir sollen ja in
Zivil erscheinen«, murmelte er vor sich hin und schob einen Anzug nach dem
anderen weg. Mit einem Griff zog er sein grünes, ärmelloses Lederwams hervor.
Zufrieden nickend nahm er es vom Bügel und streifte es über sein weißes Hemd.
Aus einer Kommode holte er zwei dicke graue Strümpfe und eine Knickerbocker-Hose.
Komplett angezogen, stellte er sich vor einen mannshohen Spiegel und posierte
mit herausgestellter Brust.
    »Gute Figur. Das macht was her.«
    Kritisch beäugte er sein Spiegelbild, zog plötzlich eine Augenbraue hoch.
Noch einmal ging er zu einer Kommode, öffnete eine andere Schublade und wühlte
darin herum.

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