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JörgIsring-UnterMörd

Titel: JörgIsring-UnterMörd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Mit einem schwarzen Gürtel, an dem ein riesiger goldener Dolch
hing, inspizierte er sich erneut im Spiegel. Er rückte den Dolch zurecht.
    »Perfekt.«
    Eine Minute dachte er darüber nach, ob er noch seinen altgermanischen
Speer einpacken sollte, um den kriegerischen Eindruck zu vervollständigen.
Aber er fürchtete, dass dieses Apercu wieder niemand zu schätzen wissen würde.
Kretins! Diese aufgeblasenen Spießer konnten ihm gestohlen bleiben. Göring
strich sich mit beiden Händen durch die Haare und trat hinaus auf den Gang. Der
Waldhof war nach dem Umbau so weitläufig, dass sich selbst die Angestellten
darin verloren. Andauernd vermisste Göring einen Lakaien in seiner Nähe, und
das nervte ihn gewaltig. Er rief aus vollem Hals. »Emmy! Kropp!«
    Robert Kropp war sein persönlicher Kammerdiener und hatte die Anweisung,
sich permanent in Rufweite seines Herrn aufzuhalten. Obwohl Kropp meist ein
untrügliches Gespür für die Pläne seines Chefs bewies, kam keine Antwort.
Säuerlich stapfte Göring durch den mit dicken Teppichen, barocken Wandgemälden
und Skulpturen reich geschmückten Flur, polterte die Treppe hinunter und ging
hinüber in den Wirtschaftsflügel. Alles schien wie ausgestorben. Göring
schimpfte vor sich hin. Langsam zweifelte er an seinem Verstand. Vielleicht
träumte er ja noch. Auf dem Weg in die Küche kam ihm Emmy entgegen. Göring
blieb stehen.
    »Was ist hier
los, zum Teufel? Wo sind alle hin? Warum antwortet mir keiner?« Er machte ein
gleichermaßen ungläubiges wie kampfeslustiges Gesicht. »Ist das eine Meuterei
oder so was?«
    »Red keinen
Quatsch, Hermann. Du selbst hast allen zwei Tage freigegeben, erinnerst du dich
nicht mehr? Bis auf Schulz und die Ordonnanz. Wegen einer geheimen Operation.
Hast du auf jeden Fall mir gegenüber behauptet. Den anderen hast du gesagt, sie
sollten sich zwei Tage um ihre Familie kümmern. Was du eben so sagst, wenn du
etwas anderes meinst.«
    Göring starrte
sie immer noch zornig an, die Hände in die massigen Hüften gestemmt. Als wolle
er sie gleich übers Knie legen. Grimmig kniff er die Augen zusammen. Seine
schmalen Lippen verzogen sich zu einem listigen Lächeln.
    »Natürlich weiß ich das noch. Wollte dich doch nur foppen, Liebes.« Er
legte Emmy väterlich einen Arm um die Schulter. »Die Bagage vergnügt sich in
Berlin, während ich mal wieder zum Führer muss, die Kastanien aus dem Feuer
holen. So ist das Leben. Hart und ungerecht.«
    Insgeheim atmete
Göring auf. Der Nebel in seinem Kopf hatte sich wieder gelichtet. Fast hätte er
sich vor Emmy zum Trottel gemacht. Gut, das spielte eigentlich keine Rolle.
Trotzdem sollte er sich mehr konzentrieren, sich mehr seinen Geschäften und
weniger den Tieren widmen. Und die Finger vom Morphium lassen.
    Aber das war leichter gesagt als getan. Manchmal wusste er im Nachhinein
nicht einmal mehr, ob er sich bedient hatte, so sehr war ihm das in Fleisch und
Blut übergegangen. Außerdem ließen ihm die Idioten keine Wahl. Die Sitzungen,
die Gespräche, das Taktieren, der ganze politische Zinnober, das alles
langweilte ihn unsäglich. Was für ein jämmerliches Leben! Er drückte Emmy an
sich, gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die Stirn.
    »Ich muss jetzt los, Liebes. Sonst komme ich noch zu spät zum Tee mit dem
Führer.«
    »Das habe ich dir schon vor einer halben Stunde
gesagt.«
    »Du bist ja auch die Beste. Deshalb werde ich ihn schön von dir grüßen.«
    Emmy lächelte ihn an. »Ich bestehe darauf.«
    Görings schlechte Laune schwand. Zum Abschied zwinkerte er seiner Frau kurz
zu, blieb vor der gewaltigen Eichentür des Hauptportals noch einmal stehen,
drehte sich um und breitete die Arme aus. »Wie sehe ich aus, Liebes?«
    »Wie Deutschlands oberster Jägermeister.
Waidmannsheil!«
    Göring lachte dröhnend und verschwand durch die Tür. Am Fuße der Treppe
wartete Willi Schulz, sein Fahrer, vor der schwarzen Mercedes-Limousine.
Schulz öffnete die hintere Wagentür.
    »Morgen, Schulz. Dann wollen wir mal. Auf nach Tempelhof. Und drücken Sie
auf die Tube, meine Frau hat mich aufgehalten.«
     
    Nachdem die Ju 52 ihre Reiseflughöhe von 5000 Metern erreicht hatte, döste
Göring noch etwas. Auf dem schweren Ledersessel, den er in seine Privatmaschine
hatte einbauen lassen, schlummerte er meist schon nach Sekunden ein oder hing
seinen Gedanken nach. Das gleichmäßige Dröhnen der Rotoren störte ihn nicht,
im Gegenteil. Das Fliegen beruhigte Göring, er war selbst Pilot und fühlte sich
frei

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