John Corey 01 - Goldkueste
Margaret Wiley gepachtet?«
Er antwortete nicht gleich. H ätte er mir gegenübergesessen, hätte ich seinen Gesichtsausdruck bei der Erwähnung des Namens Margaret Wiley sehen können. Aber sein Zögern war interessant genug.
»Ich glaube ja«, antwortete Mr. Tobin schließlich. »Ja, wir haben ungefähr zwanzig Hektar von ihr gepachtet. Wie kommen Sie darauf?«
»Ich weiß, dass Margaret Land an Winzer verpachtet. Sie ist eine alte Freundin meiner Tante und meines Onkels. Die Welt ist eben klein. « Dann wechselte ich das Thema: »Dann sind Sie also die größte Traube auf der North Fork?«
»Tobin ist das größte hiesige Weingut, falls Sie das meinen.«
»Wie haben Sie das geschafft?«
»Durch harte Arbeit, Fachwissen, Hartnäckigkeit und ein überlegenes Produkt.« Langsam fügte er hinzu: »Und mit viel Glück. Was uns hier Sorgen macht, sind Hurrikane - von Ende August bis Anfang Oktober. In einem Jahr hat die Weinlese außergewöhnlich spät begonnen. Erst Mitte Oktober. Bis dahin sind nicht weniger als sechs Wirbelstürme aus der Karibik heraufgekommen. Aber alle haben rechtzeitig in andere Richtungen abgedreht. Bacchus hat seine schützende Hand über uns gehalten.« Erklärend fügte er hinzu: »Das ist der Gott des Weins.«
»Und ein verdammt guter Komponist.«
»Das ist Bach.«
»Richtig.«
»Wir veranstalten hier übrigens auch Konzerte und manchmal Opernaufführungen. Wenn Sie wollen, lasse ich Sie auf unsere Mailing-Liste setzen.«
Inzwischen befanden wir uns wieder auf dem Rückweg zu dem weißen Schindelbau. »Das wäre großartig«, sagte ich. »Wein, Musik, gute Gespräche. Ich schicke Ihnen meine Karte. Ich habe gerade keine bei mir.«
Als wir uns der Weinkellerei n äherten, sah ich mich um und sagte: »Ich sehe Ihr Haus nicht.«
»Ich lebe woanders. Ich habe ganz oben im Turm ein Apartment, aber mein Haus liegt etwas südlich von hier.«
»Am Wasser?«
»Ja.«
»Betreiben Sie Wassersport?«
»Gelegentlich.«
»Motor- oder Segelboot?“
»Motorboot.«
»Und die Gordons waren Gäste in Ihrem Haus?«
»Ja. Einige Male.«
»Dann sind sie mit dem Boot gekommen, nehme ich an.«
»Ein- oder zweimal, glaube ich.«
»Und haben Sie sie jemals mit Ihrem Boot besucht?«
»Nein.«
Ich wollte ihn fragen, ob er ein wei ßes Formula 303 besitze, aber manchmal ist es besser, nicht nach etwas zu fragen, das man auch auf andere Art und Weise herausbekommen kann. Mit Fragen gibt man möglicherweise Tipps oder schüchtert die Leute ein. Fredric Tobin war wie gesagt kein Tatverdächtiger, aber ich hatte den Eindruck, dass er mir etwas verheimlichte.
Mr. Tobin öffnete die Tür, durch die wir ins Freie getreten waren. »Sollten Sie weitere Auskünfte brauchen, stehe ich Ihnen gern zur Verfügung.«
»Danke... hey, ich bin heute Abend eingeladen und möchte eine Flasche Wein kaufen.«
»Versuchen Sie unseren Merlot. Der fünfundneunziger ist unvergleichlich. Aber nicht ganz billig.«
»Wollen Sie ihn mir nicht selbst verkaufen? Ich habe ohnehin noch ein paar Fragen zu stellen.«
Er zögerte kurz, dann führte er mich in den Geschenkladen, an den sich eine geräumige Weinprobierstube anschloss. Es handelte sich um einen geschmackvollen Raum mit einer zehn Meter langen Eichentheke, an der Kostproben ausgeschenkt wurden, einem halben Dutzend Sitznischen entlang einer Längsseite, vielen aufgestapelten Kartons und Regalen mit Weinflaschen, bunten Glasfenstern, Natursteinboden und so weiter. Ein rundes Dutzend Weinliebhaber schlenderte durch den Raum, diskutierte über die diversen Weine, die gekostet wurden, und schwatzte dummes Zeug mit den jungen Männern und Frauen, die Wein ausschenkten und zu lächeln versuchten.
Mr. Tobin begrüßte eine Angestellte namens Sara - eine attraktive junge Dame Anfang Zwanzig. Da anzunehmen war, dass Fredric das Personal selbst aussuchte, hatte er einen guten Blick für hübsche Mädchen. Der Boss sagte: »Sara, lassen Sie Mr. ...«
»John.«
»Schenken Sie John den fünfundneunziger Merlot ein.«
Und genau das tat sie: mit ruhiger Hand in ein kleines Glas.
Ich ließ den Wein im Glas kreisen, um zu zeigen, dass ich mich damit auskannte. Ich roch daran und lobte: »Schönes Bukett.« Ich hielt das Glas ans Licht und stellte fest: »Gute Farbe. Tiefdunkel.«
»Und hübsche Finger.«
»Wo?«
»Wie der Wein am Glas haftet.«
»Richtig.« Ich kostete einen kleinen Schluck. Ich meine, das Zeug schmeckte nicht schlecht. Man hätte sich daran gewöhnen
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