John Corey 01 - Goldkueste
Chili zu holen. Ich liebe dieses Land.
»Sie müssen einen gusseisernen Magen haben«, meinte Detective Penrose.
»Drehen Sie sich um, und sehen Sie sich das Spiel an.«
Sie drehte sich um; wir sahen uns das Spiel an und tranken unser Bier. In der Halbzeitpause, beim Spielstand von sieben zu sieben, sah sie auf ihre Uhr und sagte: »Ich muss mich mit diesem Mann vom Landwirtschaftsministerium treffen.«
Falls sich jemand wundert, dass ständig vom Landwirtschaftsministerium die Rede ist: Plum Island und alles, was dazugehört, untersteht offiziell dem Landwirtschafts ministerium; dort werden Viehseuchen wie Milzbrand und dergleichen erforscht. Gerüchteweise verlautet jedoch, dass noch viel mehr erforscht wird. Sehr viel mehr. »Lassen Sie das Landwirtschaftsministerium nicht warten«, sagte ich.
»Wollen Sie nicht mitkommen?«
Ich dachte über ihre Einladung nach. Fuhr ich jetzt mit, wurde ich unweigerlich tiefer in diese Sache hineingezogen. Einerseits klärte ich gern Morde auf- in zehn Dienstjahren bei der Mordkommission hatte ich sechsundzwanzig Mörder hinter Gitter gebracht -, und ich hatte die Gordons gern gehabt. Andererseits bewegte ich mich hier außerhalb meines Zuständigkeitsbereichs. Und da kein echter Beamter des Land wirtschaftsministeriums zu so nachtschlafender Zeit noch gearbeitet hätte, kam dieser Kerl vermutlich von der CIA, vom FBI oder einer ähnlichen Behörde. Nein, diesen Fall konnte ich weder für einen Dollar pro Woche noch für tausend Dollar pro Tag brauchen.
»Detective? Hallo?«
Ich sah sie an. Wie schl ägt man einer so vollkommenen Erscheinung etwas ab? »Ich komme später nach«, murmelte ich.
»Also gut. Was bin ich Ihnen für die Biere schuldig?«
»Die gehen auf mich.«
»Danke. Also dann bis später.« Sie ging zur Tür, und weil, wie gesagt, gerade Halbzeitpause war, merkten die etwa fünfzig Gäste in der OTT endlich, was für eine tolle Mieze im Lokal war. Einige pfiffen hinter ihr her, andere forderten sie auf, doch noch zu bleiben.
Was sich in der Pause auf dem Bildschirm abspielte, verfolgte ich nur mit halbem Auge. Ich w ünschte mir, ich hätte einen gusseisernen Magen, denn meine Magengeschwüre machten sich wieder bemerkbar. Als der Teller Chili kam, schaffte ich ihn kaum. Ich warf zwei Zantac und danach ein Maalox ein, obwohl der Magenspezialist gemeint hatte, man dürfe die Tabletten nicht gleichzeitig nehmen.
Tatsächlich hatte sich mein Gesundheitszustand, der eigentlich immer recht gut gewesen war, seit dem Vorfall am 12. April merklich verschlechtert. Meine Ess-, Trink- und Schlafgewohnheiten waren nie die besten gewesen, außerdem hatten Job und Scheidung ihren Tribut gefordert. Ich fühlte mich wie ein Mann über Vierzig, das heißt, ich begann meine Vergänglichkeit zu spüren. Andererseits fielen mir wieder Dinge wie die Bedienung mit dem Nordic Track-Hintern auf, und als Elizabeth Penrose mir die Hand gegeben hatte, war mein kleiner Freund aufgewacht und hatte sich gestreckt. Ich war dabei, wieder gesund zu werden, und zweifellos in weit besserer Verfassung als die Gordons.
Ich dachte einen Augenblick über die beiden nach. Tom war Doktor der Naturwissenschaften gewesen, dem es nichts ausmachte, seine Gehirnzellen mit Wein und Bier abzutöten, und der erstklassige Steaks grillte. Er war ein vernünftiger Bursche aus Indiana oder Illinois oder sonstwo dort draußen, wo sie alle näseln. Er sprach zurückhaltend über seine Arbeit und spielte ihre Gefahren scherzhaft herunter - wie letzte Woche, als er über einen heranziehenden Wirbelsturm gesagt hatte: »Wenn der Plum Island erfasst, können wir ihn Hurrikan Anthrax nennen und uns einsargen lassen.« Hahaha.
Judy war wie ihr Mann Doktor der Naturwissenschaften aus dem Mittleren Westen: unpr ätentiös, freundlich, lebhaft, witzig und schön. Wie jeder andere Mann, der sie kannte, war auch John Corey in sie verliebt gewesen.
Tom und Judy schienen sich in den zwei Jahren ihres hiesigen Aufenthalts gut in dieser maritimen Provinz eingelebt zu haben: Sie hatten viel Spaß an ihrem Motorboot und engagierten sich in der Peconic Historical Society. Außerdem hatten sie sich zu Kennern der auf Long Island angebauten Weine entwickelt. Sie waren sogar mit einigen hiesigen Winzern befreundet - so auch mit Fredric Tobin, der in seinem Chateau üppige Abendgesellschaften gab, von denen ich eine als Gast der Gordons miterlebt hatte.
Als Ehepaar schienen die Gordons gl ücklich und liebevoll
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