John Corey 01 - Goldkueste
nicht schlecht. Wir sind in Bordeaux, an der Loire und in Paris gewesen. Und übers Wochenende in New York. Es hat immer Spaß gemacht. Er ist sehr großzügig.«
Ich dachte darüber nach. Emma Whitestone gefiel mir ausnehmend gut, und ich ärgerte mich darüber, dass Fredric mir bei ihr zuvorgekommen war. »Ich möchte Ihnen eine persönliche Frage stellen«, sagte ich, »die Sie aber nicht beantworten müssen. Okay?«
»Okay.«
»Sind Sie noch... ? Ich meine...«
»Fredric und ich sind nach wie vor Freunde. Er hat jetzt eine Sandra Wells. Alles an ihr ist unecht - sogar der Name.«
»Sie haben gesagt, er lebe über seine Verhältnisse.«
»Ja. Er schuldet Banken und privaten Geldgebern ein kleines Vermögen. Er gibt einfach zu viel aus. Das Traurige daran ist, dass er sehr erfolgreich ist und von seinen Gewinnen gut leben könnte, wenn Foxwoods nicht wäre.«
»Foxwoods?«
»Ja, Sie wissen schon. Die indianische Spielbank in Connecticut.«
»Ah, richtig. Er spielt?«
»Und wie! Ich bin mal dabei gewesen. An dem Wochenende hat er fast fünftausend Dollar verloren. Mit Blackjack und Roulette.«
»Großer Gott! Hoffentlich hatten Sie 'ne Rückfahrkarte für die Fähre.«
Sie lachte.
Foxwoods. Man benutzte die Autofähre von Orient Point nach New London oder die Schnellfähre und den Kasinobus, am üsierte sich dort und war am Sonntagabend wieder in Orient Point. Eine nette Abwechslung zum Alltagstrott auf der North Fork, und wer nicht zwanghaft spielte, hatte sein Vergnügen, gewann oder verlor ein paar Hunderter, genoss ein erlesenes Dinner, sah eine Show und schlief in einem luxuriösen Hotelzimmer. Nicht schlecht für ein Wochenende zu zweit. Vielen Einheimischen missfiel jedoch die Nähe dieses Sündenbabels, und manchen Ehefrauen war es ein Dorn im Auge, wenn die Männer mit dem Haushaltsgeld rüberfuhren.
Fredric Tobin, der coole und elegante Gentleman, der anscheinend alles im Griff hatte, war also ein Spieler. Aber gab es überhaupt ein größeres Glücksspiel, als jedes Jahr wieder auf die Weinernte zu setzen? Tatsächlich befand der hiesige Weinbau sich noch im Versuchsstadium, und bisher war alles gutgegangen. Kein Pilzbefall, kein Frost, keine Hitzeperiode. Aber eines Tages würde Hurrikan Annabelle oder Zeke eine Milliarde Weintrauben in den Long Island Sound blasen und ihn gewissermaßen in den größten Kool-Aid-Bottich aller Zeiten verwandeln.
Und dann hatte es hier Tom und Judy gegeben, die ein riskantes Spiel mit allen m öglichen Krankheitserregern gespielt hatten. Irgendwann hatten sie sich auf ein noch gefährlicheres Spiel eingelassen und verloren. Fredric hatte sein Spiel mit der Weinernte gewonnen, aber beim Kartenspiel und am Roulette tisch kein Glück gehabt und verloren.
Ich fragte: »Wissen Sie, ob die Gordons irgendwann mit Mr. Tobin in Foxwoods waren?«
»Das glaube ich nicht. Aber ich würd's auch nicht wissen. Fredric und ich haben uns vor gut einem Jahr getrennt.«
»Richtig. Aber Sie sind weiterhin Freunde. Sie reden noch miteinander.«
»Gut, man könnte uns als Freunde bezeichnen. Fredric mag es nicht, wenn seine ehemaligen Geliebten auf ihn wütend sind. Er will jede als Freundin behalten. Das ist auf Partys interessant. Er ist gern in einem Raum mit einem halben Dutzend Frauen zusammen, mit denen er schon geschlafen hat.«
Wer w äre das nicht? »Und Sie glauben nicht, dass Mr. Tobin eine Affäre mit Mrs. Gordon gehabt hat?« fragte ich sie.
»Das weiß ich nicht. Aber ich glaub's nicht. Verheiratete Frauen sind für ihn tabu.«
»Wie galant!«
»Nein, er ist nur feig. Ehemänner und Liebhaber schrecken ihn ab. Er muss mal ein schlimmes diesbezügliches Erlebnis gehabt haben.« Sie lachte leise vor sich hin, dann fügte sie hinzu: »Jedenfalls wäre ihm Tom Gordon als Freund lieber gewesen als Judy Gordon als Geliebte.«
»Wieso?«
»Keine Ahnung. Ich habe nie richtig verstanden, warum er sich zu Tom Gordon hingezogen fühlte.«
»Ich dachte, es sei umgekehrt gewesen.«
»Das haben die meisten gedacht. Aber in Wirklichkeit hat Fredric sich um Tom bemüht.«
»Weshalb?«
»Das weiß ich nicht. Anfangs habe ich gedacht, er wolle sich so an Judy ranmachen, aber dann hat sich herausgestellt, dass Fredric die Finger von Ehefrauen lässt. Später habe ich mir überlegt, dass das mit der Attraktivität der Gordons und ihrem Beruf zu tun hatte. Fredric sammelt Menschen. Er hält sich gern für den gesellschaftlich prominentesten Bürger der North Fork.
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