John Corey 01 - Goldkueste
schon.« So beiläufig wie nur möglich fragte ich sie: »Hat Fredric sich für Piratenschätze interessiert?«
»Vielleicht.«
»Hast du mir nicht erzählt, dass du ihm beigebracht hast, Altenglisch zu lesen?«
»Ja, aber ich weiß nicht, welcher Text ihn speziell interessiert hat.« Wir wechselten einen Blick, dann erkundigte sie sich: »Worauf willst du hinaus, John?«
»Das weiß ich selbst nicht genau.«
»Warum fragst du mich über Fredric aus?«
»Ich bin eifersüchtig.«
Sie äußerte sich nicht dazu, sondern fragte: »Warum wolltest du dich hier mit mir treffen?«
»Nun... kann ich mich darauf verlassen, dass du's für dich behältst?«
»Dass ich was für mich behalte?«
»Piraten.«
»Was ist mit denen?«
Es ist immer eine Gratwanderung, Zeugen zu erz ählen, was man will, ohne preiszugeben, warum man es will. Deshalb wechselte ich das Thema und sagte: »Ich habe deine Leute kennengelernt - Janet, Ann und...«
»Warren.“
»Richtig. Ich habe den Test bestanden.«
Emma lächelte und ergriff meine Hand. »Komm, du musst dich im Spiegel ansehen.«
Sie f ührte mich über den Korridor in das Schlafzimmer aus dem achtzehnten Jahrhundert. Dort hing ein großer Wand spiegel, in dem ich mich mit Piratenhut, Augenklappe und Plastiksäbel betrachten konnte. »Ich sehe dämlich aus.«
»Das tust du wirklich.«
»Danke.«
»Ich möchte wetten, dass du's noch nie auf einem Federbett getrieben hast«, fuhr sie fort.
»Da hast du recht.«
»Aber du musst dabei Zweispitz und Augenklappe tragen.«
»Ist das meine Phantasie oder deine?«
Emma lachte. Im nächsten Augenblick zog sie sich bereits aus, die Kleidungsstücke ließ sie achtlos zu Boden fallen. Sie behielt den Dreispitz auf und hielt ihn mit einer Hand fest, als sie sich aufs Bett fallen ließ - mitten auf den wattierten Quilt, der vermutlich ein wertvolles altes Stück war und noch nie Sex erlebt hatte.
Ich ging auf ihr Spiel ein und behielt Zweispitz und Augenklappe auf, als ich mich auszog.
Sie war wie gesagt groß und hatte endlos lange Beine, und die Betten waren damals viel kürzer, so dass ihr Kopf mit dem Dreispitz am Kopfende lag, während ihre Füße das Fußende berührten. Das sah so komisch aus, dass ich lachen musste.
»Worüber lachst du?«
»Über dich. Du bist größer als das Bett.«
»Erst mal sehen, wie groß du bist.«
Wer's noch nie auf einer Matratze mit Federfüllung getrieben hat, hat nicht viel versäumt. Mir war nun klar, warum auf den alten Porträts an den Wänden keiner lächelte.
22. Kapitel
Hinterher saßen wir beide, jetzt nicht mehr kostümiert, im Archiv an dem Eichentisch. Emma hatte einen Becher Früchte tee vor sich stehen, der einen grässlichen Geruch verströmte.
Sie hatte etwas Material herausgesucht: Originaldokumente in Plastikhüllen, verschiedene alte Bücher und mehrere Reproduktionen historischer Briefe und Schriftstücke. Sie blätterte darin herum, während sie mit kleinen Schlucken ihren Tee trank. Ich war in typisch männlich postkoitaler Stimmung und hätte lieber geschlafen oder mich verdrückt. Aber beides konnte ich nicht; ich hatte zu arbeiten.
»Was genau interessiert dich?« fragte Emma.
»Piratenschätze. Liegen hier irgendwo welche?«
»Klar. Fast überall, wo man gräbt, findet man Silber- und Goldmünzen, Diamanten und Perlen. Die Farmer klagen darüber, dass das Zeug sie beim Pflügen behindert.«
»Kann ich mir denken. Aber jetzt mal ernsthaft.« Ich kann Klugscheißer nicht ausstehen.
»Um unser Gebiet ranken sich alle möglichen Legenden, die teilweise sogar wahr sind«, sagte sie. »Möchtest du die berühmteste hören? Die Geschichte von Captain Kidd?«
»Ja, das möchte ich. Ich meine, nicht von Anfang an, aber den Teil seiner Lebensgeschichte, der mit der North Fork und dem vergrabenen Schatz zusammenhängt.«
»Okay... Captain William Kidd war Schotte, lebte aber mit seiner Frau Sarah und seinen zwei Kindern in Manhattan. Er wohnte in der Wall Street, um genau zu sein.«
»Die ist noch immer voller Piraten.«
»Kidd ist eigentlich kein Pirat gewesen. Er war Freibeuter im Auftrag Lord Bellomonts, des damaligen Gouverneurs von Massachusetts, New York und New Hampshire.« Sie nahm einen Schluck Tee. »Captain William Kidd ist also im Jahr sechzehnhundertsechsundneunzig mit einem königlichen Kaperbrief aus New York ausgelaufen, um Piraten aufzusp üren und ihre Schiffe zu kapern. Bellomont hatte viel eigenes Kapital beigesteuert, um Kidds Schiff Adventure
Weitere Kostenlose Bücher