John Corey 01 - Goldkueste
war.«
»Hey, meine Ehemalige arbeitet in der Kanzlei. Dort kümmert man sich noch immer um dieselben Schurken.«
Sie ignorierte meine Bemerkung. »Irgendwann hat Kidd seine Frau in Manhattan benachrichtigt, woraufhin sie zu ihm an Bord der San Antonio gekommen ist. Wir wissen, dass der gesamte Schatz zu diesem Zeitpunkt noch an Bord war.«
»Du meinst, dieser Anwalt hatte ihn sich noch nicht gesichert?«
»Mr. Emmot hat von Kidd in der Tat ein großzügiges Honorar für seine Verteidigung erhalten«, fuhr sie fort. »Emmot ist in seinem Auftrag nach Boston gereist, um Lord Bellomont ein Schreiben Kidds zu überbringen. Außerdem hat er dem Gouverneur die französischen Schutzbriefe von Bord der beiden Schiffe des Großmoguls übergeben, die bewiesen, dass der Mogul sich mit den Franzosen eingelassen hatte, so dass Kidd berechtigt gewesen war, seine Schiffe zu kapern.«
»Woher hat Kidd das gewusst, als er die Schiffe angegriffen hat?« fragte ich.
»Gute Frage. Dieser Punkt ist nie geklärt worden.«
»Und du sagst, Kidds Anwalt habe diese Schutzbriefe, das wichtigste Beweismaterial der Verteidigung, Bellomont übergeben?«
»Ja. Und Bellomont wollte Kidd aus politischen Gründen an den Galgen bringen.«
»Zum Teufel mit diesem Anwalt! Man sollte doch nur Fotokopien aus der Hand geben und die Originale behalten.«
Sie lächelte. »Richtig. Die Originale sind bei dem Prozess gegen Kidd in London nicht vorgelegt worden, und ohne diese französischen Schutzbriefe ist Kidd verurteilt und hingerichtet worden. Die Originale sind im Jahr neunzehnhundertzehn im British Museum aufgefunden worden.«
»Etwas zu spät für die Verteidigung.«
»Allerdings. William Kidd ist im Prinzip einem Justizmord zum Opfer gefallen.«
»Pech für ihn. Aber was ist aus seinem Schatz an Bord der San Antonio geworden?«
»Das ist die große Frage. Ich kann dir erzählen, was passierte, nachdem Emmot bei Lord Bellomont in Boston war, und du als Detektiv kannst mir anschließend sagen, was aus dem Schatz geworden ist.«
»Okay. Ich werd's versuchen.«
»Emmot, der anscheinend kein besonders guter Anwalt war, hatte im Gespräch mit Lord Bellomont den Eindruck gewonnen, Kidd könne damit rechnen, fair behandelt zu werden, wenn er sich in Boston stelle. Was sollte William Kidd also tun? Er war ein angesehener Bürger Manhattans, hatte seine Frau und seine beiden Kinder an Bord der Schaluppe und fühlte sich unschuldig. Noch wichtiger war, dass er die Beute noch hatte - ein Drittel in der Karibik, den Rest an Bord der San Antonio. Er wollte den Schatz als Faustpfand benutzen, um sein Leben zu retten.«
Ich nickte. Interessant, dachte ich, wie wenig sich seit damals ver ändert hat. Die Regierung beauftragt einen Kerl, um die Drecksarbeit zu erledigen; er ist teilweise erfolgreich, macht dann aber einen Fehler, der die Regierung in politische Schwierigkeiten bringt; daraufhin versucht diese nicht nur, ihr Geld zurückzubekommen, sondern auch noch, ihn um den vereinbarten Anteil zu bringen, bevor sie ihm den Prozess machen und ihn henken lässt. Aber irgendwie ist ihr dabei das meiste Geld durch die Lappen gegangen.
»Unterdessen hat Kidd sein Schiff ständig in Bewegung gehalten«, erzählte Emma weiter. »Er ist kreuz und quer durchgesegelt - von der Oyster Bay nach Gardiners Island und bis nach Block Island. In dieser Zeit soll die San Antonio etwas leichter geworden sein.«
»Er hat den Schatz von Bord geschafft.«
»Das scheint er getan zu haben, und auf diese Weise sind die Legenden von einem vergrabenen Piratenschatz ent standen.« Langsam fuhr sie fort: »Wir haben es also mit einem Mann zu tun, der Gold und Juwelen im Wert von zehn bis fünfzehn Millionen Dollar an Bord hat und der genau weiß, dass er auf See jederzeit gefangengenommen werden kann. Er hat ein kleines Schiff mit nur vier Kanonen. Es ist schnell, aber jedem Kriegsschiff hoffnungslos unterlegen. Was hättest du an seiner Stelle getan?«
»Ich glaube, ich wäre abgehauen.«
»Er hat kaum noch Matrosen und ist knapp an Proviant. Seine Frau und seine Kinder sind an Bord.«
»Aber er hat das Geld. Damit sollte er abhauen.«
»Nun, das hat er nicht getan. Er beschließt, sich zu stellen. Aber er ist nicht dumm, deshalb versteckt er vorsichtshalber den Schatz - auch die Anteile, die Bellomont, die vier Lords und der König als Investoren erhalten sollten. Dieser Schatz wird jetzt Kidds Lebensversicherung.«
Ich nickte. »Also hat er die Beute
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