John Corey 01 - Goldkueste
Gericht über seinen vergrabenen Schatz gesprochen?«
»Kein Wort. Das Verhandlungsprotokoll lässt den Schluss zu, dass Kidd frühzeitig erkannte, dass er auf jeden Fall am Galgen enden würde. Anscheinend hat er diese Tatsache akzeptiert und aus Trotz beschlossen, sein Geheimnis mit ins Grab zu nehmen.«
»Oder er hat es seiner Frau anvertraut.«
»Durchaus möglich.. Sie hat selbst etwas Geld gehabt, aber nach dem Tod ihres Mannes scheint sie recht gut gelebt zu haben.«
»Das tun sie alle.«
»Bitte keine sexistischen Bemerkungen. Erzähl mir lieber, was aus dem Schatz geworden ist.«
»Ich habe nicht genügend Informationen«, sagte ich. »Die Spuren sind dreihundert Jahre alt. Trotzdem vermute ich, dass irgendwo noch Teile des Schatzes vergraben liegen.«
»Du glaubst also nicht, dass Kidd seiner Frau alle Verstecke mitgeteilt hat?«
Ich überlegte kurz, dann antwortete ich: »Kidd hat gewusst, dass auch seine Frau verhaftet werden und zum Reden gebracht werden könnte. Deshalb... Ich glaube, dass er sie nicht von Anfang an eingeweiht hat, aber als er in Boston im Gefängnis gesessen hat und damit rechnen musste, nach London gebracht zu werden, hat er ihr vermutlich ein paar Hinweise gegeben. Zum Beispiel durch diese achtstellige Zahl.«
Emma nickte. »Nach allgemeiner Überzeugung soll Sarah Kidd sich einen Teil des Schatzes geholt haben. Aber ich bezweifle, dass Kidd ihr alle Verstecke mitgeteilt hat, denn wäre sie verhaftet und zum Reden gebracht worden, wäre seine vermeintliche Lebensversicherung wertlos gewesen. Ich glaube wirklich, dass er das Geheimnis des Hauptverstecks mit ins Grab genommen hat.«
»Ist Kidd gefoltert worden?« fragte ich.
»Nein«, antwortete sie, »und darüber haben die Leute sich immer schon gewundert. Damals ist man nämlich wegen weit harmloserer Vergehen gefoltert worden.« Abschließend sagte sie: »Vieles an Kidds Geschichte ist unerklärlich geblieben.«
»Hätte ich damals gelebt, hätte ich alles aufgeklärt.«
»Hättest du damals gelebt, wärst du als Unruhestifter aufgeknüpft worden.«
»Sei nett zu mir, Emma.«
Ich verarbeitete diese Informationen. Dann fiel mir wieder Charles Wilsons Brief an seinen Bruder ein, und ich fragte Emma: »Hältst du's für möglich, dass Kidd alle Stellen, an denen er Teile des Schatzes vergraben hat, im Kopf gehabt hat? Ist das denkbar?«
»Eigentlich nicht«, antwortete sie und fügte hinzu: »Bellomont hat in Kidds Bostoner Quartier und auf der San Antonio alle möglichen Papiere beschlagnahmen lassen, ohne darin Hinweise auf die Verstecke zu finden - oder der Gouverneur hat sie für sich behalten. Übrigens ist Bellomont gestorben, bevor Kidd in London gehenkt wurde, so dass etwa in seinem Besitz befindliche Schatzkarten Kidds bei seinem Tod verschwunden sein könnten. Wie du siehst, John, gibt es viele kleine Spuren, Hinweise und Ungereimtheiten. Interessierte Leute betätigen sich seit Jahrhunderten als Geschichtsdetektive.« Lächelnd fragte sie: »Na, hast du's schon rausgekriegt?«
»Noch nicht. Ich brauche noch ein paar Minuten.«
»Lass dir ruhig Zeit. Aber ich brauche einen Drink. Komm, wir gehen.«
»Augenblick! Ich darf noch ein paar Fragen stellen.«
»Okay. Schieß los.“
»Ich bin also Captain Kidd und segle kreuz und quer durch den Long Island Sound... seit wann?«
»Seit ein paar Wochen.«
»Richtig. Ich habe in der Oyster Bay gelegen, um Verbindung mit dem Anwalt aufzunehmen, und meine Frau und meine Kinder sind aus Manhattan an Bord gekommen. Ich bin auf Gardiners Island gewesen... ich habe Mr. Gardiner gebeten, einen Teil meines Schatzes für mich zu vergraben. Weiß ich, wo er ihn vergraben hat?«
»Nein, und deshalb ist keine Schatzkarte erforderlich gewesen. Kidd hat Gardiner nur aufgefordert, dafür zu sorgen, dass er den Schatz bei seiner Rückkehr vorfinde, sonst müsse ein Gardiner mit seinem Kopf dafür büßen.«
Ich nickte. »Das ist besser als jede Schatzkarte. Kidd hat nicht mal ein Loch graben müssen.«
»Ja, das stimmt.«
»Glaubst du, dass Kidd an anderen Orten ähnlich vorgegangen ist?«
»Wer weiß? Die übliche Methode war, mit ein paar Männern an Land zu fahren, den Schatz zu vergraben und eine Karte der näheren Umgebung zu zeichnen.«
»Dann wissen die Augenzeugen, wo der Schatz liegt.«
»Die traditionelle Geheimhaltungsmethode von Piraten besteht daraus, den Mann, der die Grube ausgehoben hat, umzubringen und hineinzuwerfen. Dann füllen der Kapitän und sein
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