John Corey 01 - Goldkueste
geholfen.
Das Land um uns herum war so schwarz wie Kohlehalden, während über Meer und Himmel ein unheimlicher grauer Schimmer lag. Normalerweise hätten um diese Zeit entlang der Küste Lichter gebrannt, die auf menschliche Behausungen hinwiesen, aber offenbar war überall der Strom ausgefallen, so dass die Küste wie ausgestorben wirkte.
Insgesamt blieb das Wetter grauenhaft - und unser Unterfangen w ürde wieder lebensgefährlich werden, sobald wir an Shelter Island vorbei waren und in die Gardiners Bay hinausfuhren.
Ich wusst e, dass ich meine Positionslichter hätte einschalten sollen, aber hier draußen war nur noch ein weiteres Boot unterwegs, und von dem wollte ich gewiss nicht gesehen werden. Auch Tobin fuhr bestimmt ohne Lichter.
»Die Gordons haben also keine Zeit für eine zweite Fahrt zur Insel hinüber gehabt, bevor das Patrouillenboot zurückge kommen ist«, meinte Beth.
»Genau«, bestätigte ich. »Mit einem Schlauchboot kann man nicht allzu viel transportieren, und sie wollten die Knochen und so weiter während einer zweiten Fahrt nicht unbewacht auf dem Formula zurücklassen.«
Beth nickte, dann sagte sie: »Also haben sie beschlossen, das bisher geborgene Material abzutransportieren und den eigentlichen Schatz bei anderer Gelegenheit zu holen.«
»Richtig - vermutlich noch am selben Abend, weil ihr Boot nur provisorisch festgemacht war. Auf der Rückfahrt sind sie an Tobins Haus in Founders Landing vorbeigekommen. Ich vermute, dass sie in sein Bootshaus gefahren sind, um die Knochen, die verrottete Seekiste und die Goldmünzen dort zu deponieren - sozusagen als Andenken an ihren Fund. Als sie sahen, dass der Whaler fort war, haben sie erraten, wo Tobin sein würde, und sind nach Hause weitergefahren.«
»Wo sie Tobin überrascht haben.«
»Richtig. Er hatte das Haus bereits durchwühlt, um einen Einbruch vorzutäuschen. Und um zu sehen, ob die Gordons ihm etwa einen Teil des Schatzes vorenthalten hatten.«
»Außerdem wollte er kontrollieren, ob es dort Belastungs material gab, das auf seine Verbindung mit ihnen hätte hinweisen können.«
»Genau. Die Gordons legen also an ihrem Steg an, und ich vermute, dass sie dabei die Signalflaggen Gefährliche Ladung - brauche Hilfe aufziehen. Die Piratenflagge haben sie bestimmt schon morgens gehisst, um Tobin zu signalisieren, dass dies der entscheidende Tag war. Ruhige See, kein Regen, große Zuversicht, gute Schwingungen und was sonst noch alles.«
»Und als die Gordons anlegen, liegt Tobins Ruderboot ganz in der Nähe im Schilf versteckt.«
»Ja.« Ich dachte kurz nach, dann sagte ich: »Wahrscheinlich erfahren wir nie, was bei dieser Begegnung gesagt wurde, was Tobin in der Kiste vermutet hat und was die Gordons ihm zugetraut haben. Irgendwann erkennen alle drei, dass ihre Partnerschaft beendet ist. Tobin weiß, dass er nie wieder eine so gute Gelegenheit bekommt, seine Partner zu ermorden. Er hebt seine Pistole, betätigt die mitgebrachte Druckluftfanfare und erschießt die Gordons.
Danach öffnet er die Aluminiumkiste und stellt fest, dass sie nicht viel Wertvolles enthält. Er vermutet den Schatz an Bord der Treponema, läuft hinunter und durchsucht das Boot. Nun weiß er, dass er die Gänse, die ihm die goldenen Eier legen sollten, umgebracht hat. Aber trotzdem ist noch nicht alles verloren. Er weiß oder bildet sich zumindest ein, dass er den Schatz allein heben kann. Richtig?«
Beth überlegte kurz. »Oder er hat einen Komplizen auf der Insel«, sagte sie.
»Ganz recht. Dann wäre die Ermordung der Gordons keine große Affäre gewesen.«
Wir fuhren weiter Richtung Osten durch den Korridor, der ungefähr vier Meilen lang und an der schmälsten Stelle eine halbe Meile breit war. Inzwischen war es richtig finster - keine Lichter, kein Mond, keine Sterne, nur die pechschwarze See unter fast ebenso schwarzem Himmel. Ich hatte Mühe, die Kanalbojen zu erkennen, ohne die ich völlig desorientiert gewesen wäre und Felsen oder Sandbänke gerammt hätte.
Links von uns sah ich einige wenige Lichter und erkannte, dass wir Greenport passierten, wo offenbar ein paar Notstromaggregate arbeiteten. »Greenport«, erklärte ich Beth.
Sie nickte.
Wir überlegten beide, ob wir nicht in diesen sicheren Hafen einlaufen sollten. Ich stellte mir vor, wie wir in irgendeiner Bar die traditionelle Hurrikanparty mitfeierten - bei Kerzenlicht und ungekühltem Bier.
Irgendwo vor uns lag Dering Harbor, und ich kannte den dortigen Jachthafen, den wir
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