John Corey 01 - Goldkueste
fort, »und haben vorgeschlagen, einen Deal mit dem Staat auszuhandeln: Wir sollten einen fairen Teil des Schatzes als Finderlohn bekommen, während der größere Teil für soziale Einrichtungen auf Plum Island, eine Tagesstätte in Orient Point für Kinder von Angestellten, Sanierungsmaßnahmen auf der Insel und die Sicherheit historischer Bausubstanz verwendet werden sollte. Wir sollten legale Entdecker, Helden und Menschenfreunde sein.« Nach kurzer Pause fügte Tobin hinzu: »Ich habe natürlich mitgespielt. Aber ab diesem Augenblick waren sie so gut wie tot.«
Armer Tom, arme Judy. Einem eiskalten Verbrecher wie Fredric Tobin waren sie nie gewachsen gewesen. »Der Kinderhort Fredric Tobin hat Ihnen also nicht gefallen?«
»Kein bisschen.«
»Ach, Freddie, Sie spielen bloß den harten Burschen. Ich möchte wetten, dass Sie ein Herz für Kinder haben. Sie wollen es nur nicht so deutlich zeigen.«
Er lachte wieder halblaut. Es wurde Zeit, ein anderes Thema anzuschneiden, um sein Interesse an unserem Gespr äch wach zuhalten. »Übrigens hat der Sturm Ihr Weingut und Ihr Bootshaus vernichtet«, sagte ich. »Und ich habe Ihren Weinkeller und Ihr Apartment im Tobin Tower in Trümmer gelegt. Das wollte ich Ihnen nur erzählen.«
»Danke für diese Mitteilung. Sie sind nicht sehr diplomatisch, was?«
»Diplomatie ist die Kunst, braver Hund zu sagen, bis man einen Stein gefunden hat.«
Er lachte. »Für Sie gibt's keine Steine mehr, Mr. Corey, das wissen Sie. «
»Was wollen Sie von mir, Tobin?«
»Ich will wissen, wo der Schatz ist.«
Das überraschte mich doch ziemlich. »Ich dachte, er sei hier«, sagte ich.
»Das habe ich auch gedacht. Als die Gordons mich im August zu einem privaten archäologischen Rundgang auf die Insel mitnahmen, lag er hier - unter alten Munitionskisten versteckt. Aber da ist er nicht mehr. Stattdessen habe ich einen kurzen Brief gefunden.«
»Einen Brief? Von den Gordons?«
»Ja. Sie teilen mir mit, dass sie den Schatz anderswo versteckt haben und er für mich verloren ist, falls sie vorzeitig aus dem Leben scheiden sollten.«
»Dann haben Sie sich also selbst reingelegt. Gut.«
»Ich kann nicht glauben, dass sie dieses Geheimnis niemandem anvertraut haben«, fuhr er fort.
»Vielleicht haben sie's ja getan.«
»Zum Beispiel Ihnen«, sagte Tobin. »Haben Sie deshalb gewusst, dass ihre Ermordung nichts mit biologischer Kriegführung zu tun hatte? Sind Sie deshalb über Captain Kidds Schatz informiert gewesen? Haben Sie deshalb über meine Rolle Bescheid gewusst? Heraus mit der Sprache, Corey!«
»Das habe ich alles selbst rausgekriegt.«
»Sie haben also keine Ahnung, wo der Schatz jetzt liegt?«
»Keinen blassen Schimmer.«
»Schade.«
Die Pistole kam wieder in Schuss position nach oben.
»Nun«, sagte ich, »vielleicht habe ich verschiedene kleine Hinweise erhalten.«
»Das habe ich mir gedacht. Haben die Gordons Ihnen einen Brief geschrieben, den Sie nach ihrem Tod bekommen haben?«
Nein, aber ich wollte, sie h ätten's getan. »Sie haben bestimmte Andeutungen gemacht, die für mich rätselhaft sind - aber f ür Sie vielleicht nicht.«
»Zum Beispiel?«
»Nun... hey, wie viel ist er Ihrer Meinung nach wert?«
»Für Sie wert? Oder insgesamt wert?«
»Insgesamt. Ich will nur zehn Prozent, wenn ich Ihnen helfe, ihn zu finden.«
Er richtete seine Taschenlampe auf einen Punkt unterhalb meines Kinns und musterte mich prüfend. »Versuchen Sie etwa, ein Spielchen mit mir zu treiben, Mr. Corey?« fragte er mich.
»Ich doch nicht.«
Tobin schwieg eine Zeitlang. Er war hin- und hergerissen zwischen dem brennenden Wunsch, mich sofort zu durchlöchern, und der schwachen Hoffnung, ich könnte tatsächlich etwas über den Verbleib des Schatzes wissen. Er war sich darüber im klaren, dass er sich an Strohhalme klammerte, aber er wollte sich nicht eingestehen, dass sein grandioser Plan fehlgeschlagen war, dass er nicht nur pleite und als Geschäfts mann erledigt, sondern auch Captain Kidds Schatz verschwunden war, dass jahrelange Mühen vergebens gewesen waren und dass er sehr gute Chancen hatte, wegen mehrfachen Mordes vor Gericht gestellt, verurteilt und gegrillt zu werden.
»Er ist unglaublich gewesen, wirklich unglaublich«, sagte Tobin schließlich. »Nicht nur Gold, sondern auch Juwelen... Geschmeide des Großmoguls von Indien... Rubine, Saphire und Perlen in exquisiten Goldfassungen... dazu sackweise ungefasste Edelsteine... Allein die Juwelen müssen zehn bis zwanzig
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