John Corey 01 - Goldkueste
auf die Idee kommt, sie könnten Drogenschmuggler sein.«
»Yeah?« Er kratzte sich am Ohr. »Vielleicht. Glaub's aber nicht. Offenes Wasser ist ihnen nicht geheuer gewesen. Haben sie vom Boot aus die Fähre gesehen, sind sie in Lee bis zum Hafen mitgelaufen. Sie haben immer versucht, Land in Sicht zu behalten. Klingt das für Sie nach Drogenschmugglern?«
»Eigentlich nicht. Okay, Pete, wer hat sie ermordet - und warum?«
Er zuckte mit den Schultern. »Weiß der Teufel.«
»Ich weiß, dass Sie darüber nachgedacht haben, Pete. Wer und warum? Was ist Ihr erster Gedanke gewesen? Was haben die Leute gesagt?«
»Nun, ich hab' gedacht, sie hätten was aus dem Labor gestohlen«, antwortete er zögernd. »Sie wissen, was ich meine? Irgendwas, um die ganze Welt auszurotten. Und sie wollten es ins Ausland verkaufen. Sie wissen, was ich meine? Und der Handel ist schiefgegangen, und sie sind umgelegt worden.«
»Und das denken Sie jetzt nicht mehr?«
»Naja, ich hab' was anderes gehört.«
»Was denn?«
»Sie sollen einen Impfstoff geklaut haben, der Millionen wert ist.« Er sah mich an. »Stimmt das?«
»Stimmt exakt.«
»Statt schnell reich zu werden, sind sie schnell tot geworden.«
»Der Lohn der Sünde ist der Tod.«
»Genau.« Er nickte mir zu und verschwand im Ruderhaus.
Interessant, dachte ich, dass die Nachricht von der Ermordung der Gordons bei praktisch allen Leuten die von Pete erwähnte erste Reaktion ausgelöst hatte. Bei näherer Überlegung war ich auf Drogenschmuggel gekommen. Jetzt waren wir bei einem Impfstoff angelangt. Aber manchmal ist die impulsive erste Reaktion die richtige. Jedenfalls hatten alle drei Theorien etwas gemeinsam: Geld.
Beth Penrose kam aufs Oberdeck. Sie lehnte sich an die Reling und hob ihr Gesicht der Sonne entgegen.
»Sie haben vorhergesagt, was Zollner sagen würde«, stellte ich fest.
Sie nickte. »Die Erklärung ist logisch, passt zu den Tatsachen und macht die Gordons wieder zu guten Menschen, die weder tödliche Mikroorganismen gestohlen noch Drogen geschmuggelt haben. Sie haben etwas Gutes, etwas Gewinn bringendes gestohlen. Geld ist ihr Tatmotiv gewesen. Gold, das Heilige in Versuchung führt, wie Shakespeare sagt.«
»Ich glaube, von Shakespeare habe ich für dieses Jahr genug.« Ich überlegte einen Augenblick, dann sagte ich: »Jetzt können wir also alle aufatmen. Keine Massenpanik, keine Hysterie, kein nationaler Notstand. Und ich hab' schon gedacht, an Halloween wären wir alle tot.«
»Das ist natürlich alles gelogen«, sagte Beth trocken.
»Yeah. Aber die Lüge ist echt gut. Sie bringt Plum Island und die Feds total aus der Schusslinie. Inzwischen können FBI und CIA ohne uns und ohne Medienspektakel unauffällig weiter ermitteln. Sie, Max und ich sind soeben von den Er mittlungen auf Plum Island ausgeschlossen worden.«
»Richtig. Trotzdem haben wir noch einen Doppelmord aufzuklären. Aus eigener Kraft.«
»Stimmt«, bestätigte ich, »und ich glaube, Ted Nash wird mir fehlen.«
Sie lächelte, sah mich dann aber ernst an und meinte: »Einen Mann wie ihn würde ich nicht zum Feind haben wollen.«
»Zum Teufel mit ihm!«
»Ah, Sie sind ein harter Bursche, was?«
»Hey, ich hab' zehn Kugeln abgekriegt und noch meinen Kaffee ausgetrunken, bevor ich ins Krankenhaus eingeliefert wurde.«
»Es sind drei gewesen, und Sie haben einen Monat im Krankenhaus gelegen und sind noch immer nicht ganz gesund.«
»Sie haben mit Max gesprochen. Wie süß!“
Beth gab keine Antwort. Sie biss überhaupt selten an, wenn ich versuchte, sie zu provozieren. Das musste ich mir merken.
»Was halten Sie von Stevens?« fragte sie.
»Der rechte Mann am rechten Platz.«
»Lügt er?« fragte sie weiter.
»Natürlich.«
»Was ist mit Zollner?«
»Den finde ich nett.«
»Lügt er?«
»Nicht von Natur aus wie Stevens. Aber er wurde präpariert. Seine Aussage war einstudiert.«
Beth nickte, dann fragte sie: »Hat er Angst?«
»Nein. Er braucht keine zu haben. Alles ist unter Kontrolle. Stevens und Zollner haben ihre Deals mit den zuständigen Stellen gemacht.«
»Das war auch mein Eindruck. Die Vertuschungsaktion ist über Nacht entworfen, ausgearbeitet und inszeniert worden. In Washington und auf Plum Island hat die ganze Nacht Licht gebrannt. Heute Vormittag haben wir die Aufführung erlebt.«
»Richtig«, stimmte ich zu. »Ich habe Sie davor gewarnt, diesen beiden Kerlen zu trauen.«
Beth nickte nochmals. »Ich habe noch nie erlebt, dass man Leuten, mit denen
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