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John Corey 03 - Nachtflug

John Corey 03 - Nachtflug

Titel: John Corey 03 - Nachtflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelson DeMille
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nicht die Affäre. Ich meine vielmehr, dass ich schon vor fünf Jahren den Mut hätte aufbringen und damit rausrücken sollen. Wenn ich das getan hätte, hätte ich zwar etlichen Menschen das Leben ruiniert, aber weit mehr Menschen, mich eingeschlossen, wäre es besser ergangen.«
    Kate schaute Jill eine Weile an, und ich sah, dass sie von Mrs. Winslow genauso beeindruckt war wie ich, als wir uns am Sonntagmorgen kennengelernt hatten. »Manchmal fällt es uns schwer, eine Entscheidung dann zu treffen, wenn sie fällig wäre«, sagte Kate zu ihr. »Manchmal können wir sie erst treffen, wenn wir tief in uns gegangen sind.«
    »Als Ihr Mann vor meiner Tür stand, war das für mich ein Zeichen, dass der Zeitpunkt gekommen war«, erwiderte Jill. Sie warf mir einen kurzen Blick zu, lächelte und sagte: »Außerdem ist er sehr überzeugend. Trotzdem habe ich nach wie vor das Gefühl, dass ich von mir aus hätte reinen Tisch machen sollen.«
    »Sie hätten mir auch die Tür weisen können«, sagte ich. »Aber das haben Sie nicht getan. Und ich will Ihnen mal was anderes sagen - hätten Sie das Video vor fünf Jahren rausgerückt, dann wäre es wahrscheinlich vernichtet worden. In gewisser Weise, sei es durch Schicksal oder pures Glück, ist doch alles bestens gelaufen.«
    Wir saßen eine Weile da und plauderten miteinander. Den Zeugen hüten, nennt man das - ihn beruhigen, sein Vertrauen gewinnen und ihn davon überzeugen, dass er richtig handelt.
    Außerdem hoffte ich, dass Jill und Kate sich verstanden, was sie allem Anschein nach auch taten. Ich konnte mir Kate gut als Jills »Händchenhalterin« vorstellen. Die Nachwehen dieser ganzen Sache würden noch lange anhalten, und ich war froh, dass die beiden gut miteinander auskamen.
    Irgendwann fragte Kate Jill: »Haben Sie das Hemd für John ausgesucht?«
    »Ja. Er konnte das Hotelzimmer nicht verlassen, aber ich hatte Ausgang, also habe ich ein Hemd für ihn besorgt.«
    »Koralle steht ihm gut«, sagte Kate zu Jill. »Es bringt seine Bräune zur Geltung. Er trägt normalerweise nie irgendwas Buntes oder Modisches. Wo haben Sie das gefunden?«
    »Bei Barney's. Die haben wunderbare Männersachen.«
    Ich hatte das Gefühl, dass ich aus dem Gespräch ausgeschlossen war, daher stand ich auf und sagte: »Ich rede mal ein paar Takte mit dem Polizisten beim Fahrstuhl. Ich bin in etwa einer Stunde zurück. Wenn ihr wollt, könnt ihr euch unterdessen ja das Video ansehen. Es steckt unter meiner Matratze.«
    Ich verließ die Suite und ging den Flur entlang zu den Aufzügen.
    Der Cop in Uniform saß auf einem der ungepolsterten Stühle in dem kleinen Foyer vor den Fahrstühlen und las die Daily News. Ich stellte mich vor und zeigte ihm meinen FBI-Ausweis und die Karte vom NYPD, die mich als Detective im Ruhestand auswies.
    Ich setzte mich auf den freien Stuhl und fragte ihn: »Ab wann haben Sie dienstfrei?«
    Der junge Polizist, der dem Namensschild zufolge Alvarez hieß, erwiderte: »Seit drei Stunden. Hey, wer ist dieser Fanelli? Der hat ja mehr Vitamin B als der Polizeipräsident.«
    »Er handelt mit Gefälligkeiten. Das ist die harte Währung bei der Polizei. Geld darf man nicht nehmen, folglich tut man jemand einen Gefallen und kann seinerseits einen Gefallen einfordern. So wird das geregelt, so kommt man weiter, und nur so verbrennt man sich auch nicht den Arsch.«
    »Aha?«
    »Ich will Ihnen noch was dazu sagen.«
    Ich saß neben dem Streifenpolizisten Alvarez und erklärte ihm, wie es wirklich zuging auf der Welt.
    Zuerst schien er sich bloß zu langweilen, aber dann wurde er zusehends aufmerksamer, als ihm klar wurde, dass ihn ein Meister beehrte. Nach etwa einer halben Stunde kamen seine Fragen schneller, als ich sie beantworten konnte. Ich dachte, er würde jeden Moment neben meiner rechten Hand niederknien, aber stattdessen zog er seinen Stuhl herum, so dass er mir gegenübersaß und ich den Aufzug im Auge behalten musste.
    Er holte allerhand aus seinen Überstunden heraus, aber ich hatte, ehrlich gesagt, noch mehr davon.
    Nach einer Stunde stand ich auf und fragte ihn: »Wann werden Sie abgelöst?«
    »Um Mitternacht.«
    »Okay, ich möchte, dass Sie mir einen Gefallen tun und morgen früh um halb acht wieder hier sind.«
    »Da ist ein anderer -«
    »Ich möchte Sie haben.«
    Ich gab ihm meine Karte und sagte: »Seien Sie wachsam und vorsichtig. Die Typen, die möglicherweise aus diesen Aufzügen kommen, sind kein gewöhnliches Gesindel. Das sind bestens ausgebildete

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