John Corey 04 - Operation Wildfire
mitgemacht hat, versuchte einmal die Stimmung zu beschreiben, die nach Pearl Harbor im Lande herrschte. Er ist nicht allzu wortgewandt und tat sich etwas schwer, als er mir ein Bild von Amerika am ersten Weihnachtsfest nach dem 7. Dezember 1941 vermitteln wollte. Zu guter Letzt schaffte er es und sagte: »Wir hatten alle Bammel, daher haben wir viel getrunken und gevögelt, haben Leute besucht, die wir eine Zeitlang nicht gesehen hatten, und man hat sich jede Menge Karten und Briefe geschickt, und alle sind sich einander nähergekommen und haben sich gegenseitig geholfen, daher war es gar nicht so schlimm.« Dann fragte er mich: »Warum haben wir dazu einen Krieg gebraucht?«
Weil wir nun mal so sind, Papa. Und am 11. September letzten Jahres versuchten mich meine Eltern zwei Tage lang von Florida aus zu erreichen, und als sie endlich durchkamen, erklärten sie mir eine Viertelstunde lang, wie sehr sie mich seit jeher liebten. Es überraschte mich ein bisschen, aber ich bin davon überzeugt, dass sie es ehrlich meinten.
Und so sind wir jetzt, aber in ein, zwei Jahren werden wir, wenn kein weiterer Angriff auf das Land erfolgt, zur Normalität
zurückgekehrt sein, wieder so egozentrisch und distanziert sein wie eh und je. Und das ist auch gut so, weil ich es offen gestanden satt habe, dass mich Freunde und Verwandte von außerhalb ständig fragen, wie es mir geht. Wir alle hatten unseren kathartischen Moment und mussten unser Leben neu ausrichten, aber allmählich wird es Zeit, dass wir weitermachen wie zuvor und wieder so werden, wie wir waren.
Die Idee vom exzessiven Saufen und Vögeln allerdings gefiel mir, und meinetwegen könnte das ruhig noch eine Zeitlang so weitergehen. Meine alleinstehenden Freunde erzählen mir ... nun ja, das ist ein anderes Thema.
Unterdessen sagte ich zu Kate: »Ich liebe dich.«
Sie griff über den Tisch und nahm meine Hand. »Ich dich auch, John.«
Und das ist das Gute, das dieser Tag brachte. Ich war am 10. September nicht der aufmerksamste Ehemann, aber am nächsten Tag, als ich dachte, sie wäre tot, brach mit diesen Türmen auch meine Welt zusammen. Und als ich sie lebend vor mir sah, wurde mir klar, dass ich öfter »Ich liebe dich« zu ihr sagen musste, weil man in diesem Gewerbe und in diesem Leben nie weiß, was morgen passiert.
VIERTER TEIL
Samstag
ADIRONDACK MOUNTAINS, NEW YORK
Die Macht meint immer, sie habe ein gro ßes Herz und einen Weitblick, der sich dem Verständnis der
Schwachen entzieht, und dass sie Gottes Werk vollbringe, wenn sie gegen Seine Gebote verst ößt.
- John Adams
7
Harry Muller saß mit verbundenen Augen und Fußschellen aus einem bequemen Ledersessel, so jedenfalls schien es ihm. Es roch nach brennendem Holz und Zigarettenqualm.
Er hörte Leute, die sich leise unterhielten, und meinte Bain Mado Stimme zu erkennen.
Jemand zog ihm die Augenbinde bis zum Hals hinunter, und als sich seine Augen ans Licht gewöhnt hatten, stellte er fest, dass er am Ende eines langen Kiefernholztisches saß. Außerdem saßen fünf weitere Männer um den Tisch: zwei auf jeder Seite, dazu Bain Mado am Kopfende der Tafel, ihm gegenüber. Der Mann unterhielt sich mit den anderen, als wäre er nicht da.
Alle hatten Notizblöcke und Stifte vor sich liegen, daneben standen Wasserflaschen und Kaffeetassen. Harry bemerkte, dass Madox ein Keyboard vor sich hatte.
Er blickte sich in dem Raum um, der eine Art Bibliothek oder Herrenzimmer war. Links von ihm war der offene Kamin, flankiert von zwei Fenstern, deren Vorhänge zugezogen waren, sodass er nicht hinausschauen konnte. Er wusste aber trotz der Augenbinde, die auf dem Weg von der Zelle hierher getragen hatte, dass er sich im Erdgeschoss befand.
Carl und ein weiterer Wachmann standen bei der Tür. Sie hatte Pistolenholster umgeschnallt, aber keine Ochsentreiber dabei.
Dann bemerkte er einen sehr großen, schwarzen Lederkoffer, der aufrecht in der Mitte des Raums stand. Es war ein alter Koffer, der auf eine Karre geschnallt war. Bain Madox schien ihn erst jetzt zu bemerken. »Willkommen, Mr. Muller«, sagte er. »Kaffee? Tee?«
Harry schüttelte den Kopf.
Madox wandte sich an die anderen vier Männer. »Meine Herren, das ist der Mann, von dem ich Ihnen erzählt habe - Detective Harry Muller, ehemals NYPD, derzeit für die Antiterror-Task Force tätig. Bitte vermitteln Sie ihm das Gefühl, dass er willkommen ist.«
Die Anwesenden würdigten ihren Gast mit einem kurzen Kopfnicken.
Harry meinte zwei der Männer
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