John Corey 04 - Operation Wildfire
Apartmenthaus an der East 72 nd Street, und Alfred, unser Portier, hielt ein Taxi für uns an.
In Manhattan herrschte nur leichter Feiertagsverkehr, sodass wir auf dem Weg zur Federal Plaza 26 gut vorankamen.
Es war ein herrlicher Herbsttag, frisch und klar, und ich summte ein paar Takte von »Autumn in New York«.
»Weißt du, ob Tom Walsh heute da ist?«
»Nein, aber wenn du ein paar Töne summst, erkenne ich es vielleicht . «
»Du bist ein Wichser.«
»Ich glaube, das ist mittlerweile bekannt.«
Der Taxifahrer, ein gewisser Ziad Al-Shehi, sprach auf Arabisch in sein Handy.
Ich legte den Finger an die Lippen und beugte mich vor. »Er redet mit dem Boss seiner Qaida-Zelle ... Er sagt irgendwas von wegen, dass am Kolumbustag bei Bergdorfs Schlussverkauf ist.«
Sie seufzte.
Mr. Al-Shehi beendete sein Gespräch, worauf ich ihn fragte: »Wissen Sie, wer Christoph Kolumbus ist?«
Er warf einen Blick in den Rückspiegel und erwiderte: »Columbus Circle? Columbus Avenue? Wohin Sie wollen? Sie sagen Federal Plaza.«
»Haben Sie noch nie was von der Nina, der Pinta und der Santa Maria gehört?«
»Sir?«
»Von Königin Isabella, um Gottes willen? Machen Sie beim Umzug zum Kolumbustag mit?«
»Sir?«
»John. Hör auf.«
»Ich will ihm doch bloß bei der Staatsbürgerschaftsprüfung helfen.«
»Hör auf.«
Ich lehnte mich zurück und summte »Autumn in New York«.
Da heute ein bundesweiter Feiertag war, lief bei der Antiterror-Task Force nur Schmalspurbetrieb, aber Kate hatte beschlossen, trotzdem zur Arbeit zu gehen, um mir Gesellschaft zu leisten und Papierkram aufzuarbeiten. Wir wollten gemeinsam zu Mittag essen, bevor sie zum Schlussverkauf anlässlich des Columbus Day aufbrach.
Auch wenn wir zur gleichen Zeit Dienst haben, fahren wir nicht immer gemeinsam zur Arbeit. Manchmal braucht die eine zu lange zum Schminken, worauf der andere ungeduldig wird und aufbricht.
Kate hatte die Times in ihrem Aktenkoffer, und ich bat sie um den Sportteil, aber sie gab mir stattdessen Teil A.
Die Schlagzeile lautete: RUMSFELD WILL MIT SCHLAGKRÄFTIGEN EINSÄTZEN ANGRIFF VERHINDERN. In dem Artikel hieß es, dass die USA zu Beginn der »kritischen Phase« handeln müssten, um einen Angriff auf die Nation zu verhindern. Ich hatte den Eindruck, dass Saddam vermutlich sofort seinen Buchmacher anrief, wenn er die Times las, und auf eine Invasion Ende Januar wettete.
In dem anderen großen Artikel ging es um einen Bombenanschlag auf einen Nachtclub auf der indonesischen Ferieninsel Bali, in dem hauptsächlich Touristen aus dem Westen verkehrten. Allem Anschein nach war das eine neue Front im Kampf gegen den globalen Terrorismus. Dem Bericht zufolge gab es 184 Todesopfer und 300 Verletzte, der höchste Blutzoll seit dem 11. September 2001.
Die Times räumte ein, dass der Angriff vermutlich das Werk islamischer »Extremisten« war. Gut geraten. Und auch eine gute Wortwahl von Seiten der New York Times. Warum sollte man sie als Terroristen oder Mörder bezeichnen? Das wäre ja wertend. Adolf Hitler war ein Extremist.
Wir würden den Krieg gegen den Terror nicht gewinnen, wenn wir den Krieg der Worte nicht gewannen.
Ich wandte mich dem Kreuzworträtsel der Times zu und fragte Kate: »Was ist die Umschreibung für einen gemäßigten Araber?«
»Weiß ich nicht.«
»Ein Typ, dem die Munition ausgegangen ist.«
Sie schüttelte den Kopf, aber Ziad lachte.
Mit Humor lässt sich die Kluft zwischen unterschiedlichen Kulturen wahrhaft überwinden.
»Das wird ein langer Tag«, bemerkte Kate.
Wie sich herausstellen sollte, hatte sie recht.
17
Harry war nicht an seinem Schreibtisch, als wir um fünf nach neun in der Federal Plaza 26 einliefen, und er war auch um Viertel nach neun und um halb zehn noch nicht da. Unserem letzten Gespräch zufolge sollte er sich heute bei Walsh melden. Walsh war da, Harry nicht.
Im Büro war es zur Abwechslung mal ruhig, und ich zählte drei Jungs vom NYPD sowie eine FBI-Agentin - Kate. Außerdem war vermutlich die Kommandozentrale, die sich irgendwo im 26. Stock befand, mit mindestens einem diensttuenden Agenten bemannt, der die Telefone, die Funkgeräte und das Internet überwachte. Hoffentlich waren die Terroristen übers verlängerte Wochenende in New England und bestaunten das Herbstlaub.
Um Viertel vor zehn wählte ich Harry Mullers Handy an und hinterließ eine Nachricht, dann rief ich in seinem Haus in Queens an und hinterließ eine Nachricht auf seinem Anrufbeantworter. Danach piepte
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