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John Grisham

John Grisham

Titel: John Grisham Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Gesettz
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seinen dunkelgrauen Anzug, dazu ein weißes Baumwollhemd und eine langweilige kastanienbraune Krawatte, und mit einem Mal war ihm das alles viel zu warm. Er schwitzte, und sein Herz hämmerte wie ein Pressluftbohrer. Cranwell gegen Trane, vor acht oder neun Jahren. Stanley hatte Dr. Trane verteidigt, in einem hässlichen, emotionalen und letztendlich erfolgreichen Prozess. Es war eine bittere Niederlage für die Familie Cranwell gewesen. Und ein großer Sieg für Dr. Trane und dessen Anwalt. Doch Stanley kam sich jetzt nicht unbedingt wie ein Sieger vor.
    Die Tatsache, dass Mr. Cranwell so bereitwillig seinen und den Namen seines Sohnes preisgab, konnte nur eines bedeuten, zumindest für Stanley. Mr. Cranwell hatte keine Angst davor, identifiziert zu werden, da sein Opfer dazu nicht mehr in der Lage sein würde. Irgendwann würde die schwarze Pistole neben Stanley benutzt werden. Eine Welle der Übelkeit erfasste ihn, und eine Sekunde lang überlegte er, wo er mit seinem Mageninhalt hinsollte. Nicht nach rechts, nicht nach links. Nur nach unten, zwischen seine Füße. Er biss die Zähne zusammen und schluckte alles hinunter.
    »Ich hatte Sie gefragt, wo wir hinfahren«, sagte er in dem schwachen Versuch, zumindest ein bisschen Widerstand zu leisten. Doch seine Stimme klang dumpf und krächzend. Sein Mund fühlte sich trocken an.
    »Am besten halten Sie einfach die Klappe«, erwiderte Jim Cranwell. Da Stanley in seiner momentanen Lage schlecht diskutieren oder noch einmal nachfragen konnte, beschloss er, der Aufforderung Folge zu leisten. Die Minuten vergingen, während sie weiter aufs Land hinausfuhren, auf der Route 32, einer Straße, die tagsüber stark befahren war, nachts jedoch verlassen dalag. Stanley kannte die Gegend gut. Er lebte seit fünfundzwanzig Jahren in Ford County, das nicht sehr groß war. Atmung und Herzfrequenz verlangsamten sich weiter, und er konzentrierte sich auf seine Umgebung. Der Pick-up war ein Ford aus den späten Achtzigern, das kleine Modell, außen metallicgrau - jedenfalls glaubte er das -, innen irgendwie dunkelblau. Das Armaturenbrett war Standard, es gab nichts, was ihm daran auffiel. An der Sonnenschutzblende auf der Fahrerseite war ein dickes Gummiband befestigt, mit dem die Wagenpapiere und ein paar Quittungen festgeklemmt waren. Dreihundertzehntausend Kilometer auf dem Tacho, was für diese Ecke des Landes nicht ungewöhnlich war. Der Junge fuhr konstant achtzig Stundenkilometer. Jetzt bog er von der Route 32 auf die Wiser Lane ab, eine kleine, asphaltierte Straße, die sich durch den westlichen Teil des County schlängelte und an der Grenze zu Polk County über den Tallahatchie führte. Die Straßen wurden schmaler, die Wälder dichter, Stanleys Chancen immer geringer.
    Er starrte die Pistole an und musste an seine kurze Karriere als stellvertretender Staatsanwalt vor vielen Jahren denken. Während der Verhandlungen hatte er manchmal die mit einem großen Etikett versehene Mordwaffe genommen, sie den Geschworenen gezeigt und damit im Gerichtssaal herumgefuchtelt, um auf diese Weise Dramatik, Angst und die Lust auf Rache zu erzeugen.
    Würde man seinen Mörder vor Gericht stellen? Würde diese ziemlich große Pistole - er vermutete, dass es eine .44er Magnum war, mit der man sein Gehirn problemlos über ein ganzes Feld verteilen konnte - eines Tages in einem Gerichtssaal herumgeschwenkt werden, wenn sich das Rechtssystem mit diesem grauenhaften Mord beschäftigte?
    »Warum sagen Sie denn nichts?«, fragte Stanley, ohne Jim Cranwell anzusehen. Alles war besser als diese Stille. Wenn er eine Chance hatte, dann nur mit Reden, mit seiner Fähigkeit, logisch zu argumentieren. Oder mit Betteln.
    »Ihr Mandant, dieser Dr. Trane, ist weggezogen, stimmt's?«, fragte Cranwell.
    Wenigstens hatte Stanley an den richtigen Prozess gedacht, was aber überhaupt kein Trost für ihn war. »Ja. Schon vor ein paar Jahren.«
    »Wo ist er hin?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Er hat Ärger bekommen, nicht wahr?«
    »Ja, das könnte man so sagen.«
    »Was für Ärger?«
    »Daran erinnere ich mich nicht.«
    »Lügen wird Ihnen auch nicht helfen, Wade. Sie wissen ganz genau, was mit Dr. Trane passiert ist. Er war ein Suffkopf und hat Tabletten gefressen, und von dem Medikamentenschrank in seiner Praxis konnte er auch nicht die Finger lassen. Er war süchtig nach Schmerzmitteln, hat seine Zulassung verloren, die Stadt verlassen und versucht, sich zu Hause in Illinois zu verstecken.«
    Cranwell erzählte

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