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John Grisham

John Grisham

Titel: John Grisham Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Gesettz
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konnte. Als er nicht antwortete, packte Cranwell ihn am Kragen und riss ihn nach hinten, so dass er auf den Knien hockte. »Haben Sie noch was zu sagen?« Der Lauf der Waffe bohrte sich in Stanleys Ohr.
    »Tun Sie's nicht«, flehte Stanley, der kurz davor war, in Tränen auszubrechen.
    »Und warum nicht?«, zischte Cranwell über ihm.
    »Ich habe Familie. Bitte, tun Sie's nicht.«
    »Ich habe auch Kinder, Wade. Sie kennen die beiden. Doyle hat den Pick-up gefahren. Michael ist der Junge, den Sie beim Prozess kennengelernt haben, der kleine Junge mit dem Gehirnschaden, der nie Auto fahren, laufen, reden, essen oder alleine pissen wird. Und warum, Wade? Wegen Ihres angesehenen Mandanten Dr. Trane. Hoffentlich schmort er für immer in der Hölle.«
    »Es tut mir leid. Wirklich. Ich habe doch nur meine Arbeit gemacht. Bitte, tun Sie's nicht.«
    Die Pistole wurde noch ein Stück weitergeschoben, so dass Stanley den Kopf nach links neigen musste. Er schwitzte und rang nach Luft, während er fieberhaft nach Worten suchte, die ihn vielleicht retten würden.
    Cranwell packte eine Handvoll von Stanleys schütterem Haar und riss daran. »Ihre Arbeit stinkt, Wade, weil Sie dabei lügen und betrügen und kein bisschen Mitgefühl haben für die Leute, denen Unrecht geschieht. Ich hasse Ihre Arbeit, Wade, fast so sehr, wie ich Sie hasse.«
    »Es tut mir leid. Bitte.«
    Cranwell zog die Pistole aus Stanleys Ohr, zielte die dunkle Straße hinunter und drückte keine zwanzig Zentimeter von Stanleys Ohr entfernt ab. In der Stille der Nacht hätte eine Kanone weniger Lärm gemacht.
    Stanley, der noch nie angeschossen worden war, schrie vor Entsetzen und Schmerz laut auf und fiel auf den Asphalt. In seinen Ohren klingelte es, sein Körper zuckte unkontrolliert. Sekunden vergingen, in denen das Echo des Schusses von dem dichten Wald verschluckt wurde. Nach einigen weiteren Sekunden sagte Cranwell: »Stehen Sie auf, Sie elender Feigling.«
    Stanley, der noch immer unangeschossen, sich dessen aber nicht so sicher war, begriff nur langsam, was geschehen war. Heftig schwankend stand er auf. Er keuchte immer noch, konnte kein Wort sagen und hörte nichts. Dann wurde ihm bewusst, dass seine Hose nass war. Im Angesicht des Todes hatte er die Kontrolle über seine Blase verloren. Er berührte seine Hüfte, dann seine Beine.
    »Sie haben sich angepisst«, sagte Cranwell. Stanley hörte ihn, aber ganz leise. Seine Ohren taten weh, vor allem das rechte. »Armer Junge, überall Pisse. Michael nässt sich fünfmal am Tag ein. Manchmal können wir uns Windeln leisten, manchmal nicht. Und jetzt gehen Sie weiter.«
    Cranwell schubste ihn wieder, während er mit der Pistole auf die Straße deutete. Stanley stolperte und wäre um ein Haar hingefallen, doch er fing sich und taumelte einige Schritte weiter, bis er sein Gleichgewicht wiedergefunden hatte und sich endlich ganz sicher war, dass er nicht angeschossen worden war.
    »Es ist noch nicht so weit«, sagte Cranwell von hinten.
    Gott sei Dank, hätte Stanley fast gesagt, doch er biss sich auf die Zunge, weil es mit Sicherheit wieder als Klugscheißerkommentar aufgefasst worden wäre. Während er die Straße entlangtaumelte, schwor er sich, keine weiteren Klugscheißerkommentare mehr abzugeben und nichts mehr zu sagen, was man auch nur im Entferntesten dafür halten konnte. Er steckte sich einen Finger ins rechte Ohr, weil er hoffte, dass das Klingeln dann aufhörte. Im Schritt und an den Beinen wurde ihm kalt wegen der Feuchtigkeit.
    Zehn Minuten lang gingen sie weiter, doch Stanley kam es wie ein endloser Todesmarsch vor. Als sie um eine Kurve bogen, sah er Lichter vor sich, ein kleines Haus in einiger Entfernung. Er ging etwas schneller, weil er sicher war, dass Cranwell kein zweites Mal abdrücken würde, wenn jemand den Schuss hören konnte.
    Das kleine, ziegelrote Haus lag etwa einhundert Meter neben der Straße und hatte eine Kieseinfahrt und ordentliche Hecken unter den Fenstern auf der Vorderseite. In der Einfahrt und auf dem Rasen waren vier Fahrzeuge geparkt, so planlos, als wären die Nachbarn spontan zu einem schnellen Abendessen vorbeigekommen. Eines davon war der Pick-up, den Doyle gefahren hatte. Unter einem Baum standen zwei Männer und rauchten.
    »Da lang«, sagte Cranwell, während er mit der Pistole auf das Haus deutete und Stanley wieder einen Schubs gab. Sie gingen an den beiden Rauchern vorbei. »Seht mal, wen ich mitgebracht habe«, sagte Cranwell. Die beiden Männer bliesen

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