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John Grisham

John Grisham

Titel: John Grisham Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Gesettz
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das so beiläufig, als wüssten alle in Clanton Bescheid, als würde man morgens in den Coffeeshops der Stadt und mittags im Golfclub darüber tratschen. Dabei war der Niedergang von Dr. Trane doch sehr diskret von Stanleys Kanzlei abgewickelt und unter den Teppich gekehrt worden. Das hatte er jedenfalls angenommen. Die Erkenntnis, dass Jim Cranwell nach dem Prozess Erkundigungen über alle Beteiligten eingezogen hatte, führte dazu, dass Stanley sich den Schweiß von der Stirn wischte, nervös hin- und herrutschte und erneut das dringende Bedürfnis verspürte, sich zu übergeben.
    »Das dürfte in etwa hinkommen«, sagte Stanley.
    »Reden Sie manchmal mit Dr. Trane?«
    »Nein. Das letzte Mal ist schon Jahre her.«
    »Angeblich ist er schon wieder verschwunden. Haben Sie davon gehört?«
    »Nein.« Das war gelogen. Stanley und seine Partner in der Kanzlei hatten zahlreiche Gerüchte über das geheimnisvolle Verschwinden von Dr. Trane gehört. Er war in seine Heimatstadt Peoria geflüchtet, wo er seine Zulassung wiederbekommen und eine neue Praxis aufgemacht, aber erneut Ärger bekommen hatte. Vor etwa zwei Jahren hatte seine damalige Frau alte Freunde und Bekannte in Clanton angerufen und sie gefragt, ob sie ihn gesehen hätten.
    Der Junge bog wieder ab, dieses Mal auf eine Straße ohne Beschilderung, eine Straße, von der Stanley glaubte, irgendwann einmal daran vorbeigefahren zu sein, sie aber nicht bemerkt zu haben. Auch sie war asphaltiert, aber so schmal, dass zwei Fahrzeuge nicht aneinander vorbeifahren konnten. Bis jetzt hatte der Teenager noch kein Wort gesagt.
    »Sie werden ihn nie finden«, sagte Jim Cranwell wie zu sich selbst, aber mit einer grausamen Gewissheit.
    Stanley drehte sich der Kopf. Er konnte nur noch verschwommen sehen. Er blinzelte, rieb sich die Augen, rang mit offenem Mund nach Luft und spürte, wie er die Schultern hängen ließ, als ihm klarwurde, was der Mann mit der Pistole gerade gesagt hatte. Sollte er, Stanley, etwa glauben, dass es diesen beiden Einfaltspinseln vom Land gelungen war, Dr. Trane aufzuspüren und zu beseitigen, ohne dabei erwischt zu werden?
    Ja.
    »Halt an Bakers Tor an«, sagte Cranwell zu seinem Sohn. Etwa einhundert Meter weiter blieb der Pick-up stehen. Cranwell stieß die Tür auf, fuchtelte mit der Pistole herum und sagte: »Aussteigen.« Er packte Stanley am Handgelenk und zerrte ihn vor den Pick-up, wo er ihn gegen die Motorhaube schubste und befahl: »Sie rühren sich nicht vom Fleck.« Dann flüsterte er seinem Sohn einige Anweisungen zu, der sich daraufhin wieder ans Steuer des Wagens setzte. Cranwell packte Stanley, zerrte ihn an den Straßenrand und von dort in einen flachen Graben, wo sie stehen blieben und dem Pick-up hinterhersahen, bis dessen Rücklichter hinter einer Kurve verschwanden.
    Cranwell deutete mit der Pistole auf die Straße. »Laufen Sie los.«
    »Damit werden Sie nicht durchkommen«, sagte Stanley.
    »Halten Sie die Klappe und laufen Sie los.« Sie gingen die mit Schlaglöchern übersäte Straße hinunter, Stanley voraus, Cranwell keine zwei Meter hinter ihm. Die Nacht war klar, und der Halbmond gab gerade so viel Licht, dass die beiden Männer die Mitte der Straße erkennen konnten. Stanleys Blick wanderte nach rechts und links, dann wieder zurück, in dem vergeblichen Versuch, irgendwo die Lichter einer kleinen Farm zu sehen. Nichts.
    »Wenn Sie abhauen, sind Sie ein toter Mann«, sagte Cranwell. »Und nehmen Sie die Hände aus den Taschen.«
    »Warum? Glauben Sie, ich habe eine Waffe? «
    » Klappe halten und laufen.«
    »Wo sollte ich denn hin?«, fragte Stanley, ohne stehen zu bleiben. Ohne Vorwarnung machte Cranwell einen Satz nach vorn und versetzte ihm einen Faustschlag gegen den schmalen Nacken, der ihn auf den Asphalt stürzen ließ. Dann richtete Cranwell die Waffe auf ihn und blieb über ihm stehen.
    »Wade, Sie sind ein kleiner Klugscheißer. Sie waren schon bei dem Prozess ein Klugscheißer. Und jetzt sind Sie immer noch ein Klugscheißer. Ich wette, Sie sind schon als Klugscheißer geboren worden. Und ich bin sicher, Ihre Mama war auch eine Klugscheißerin, und Ihre beiden Kinder sind mit Sicherheit auch Klugscheißer. Sie können einfach nicht anders, stimmt's? Aber jetzt hören Sie mir mal zu, Sie kleiner Klugscheißer, ab jetzt werden Sie eine Stunde lang kein Klugscheißer mehr sein. Haben Sie das verstanden, Wade?«
    Stanley war benommen und hatte Schmerzen. Er wusste nicht, ob er seinen Mageninhalt bei sich behalten

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