John Grisham
der Drittbeste seines Jahrgangs beim Jurastudium gewesen.
Es war schlicht und einfach Gewaltanwendung. Und wenn nicht das, dann zumindest eine Berührung im Zorn durch einen anderen. Aber es gab keine Zeugen, und Stanley beschloss klugerweise, das Ganze zu vergessen oder es wenigstens zu versuchen. Angesichts des Missverhältnisses in Größe und Körperbau hätte es mit Sicherheit um einiges schlimmer ausgehen können.
Aber es war noch nicht zu Ende.
In den nächsten zehn Minuten versuchte Stanley, sich zu beruhigen, während er vorsichtig durch den Supermarkt schlich, um die Ecken spähte, Etiketten las, Fleischpakete inspizierte und unter den anderen Kunden nach seinem Angreifer oder einem Komplizen von ihm suchte. Als er einigermaßen sicher sein konnte, dass der Mann weg war, eilte er zu der einzigen offenen Kasse, zahlte schnell seine Pizza und verließ das Geschäft. Während er zu seinem Wagen ging, suchte sein Blick die Umgebung ab. Erst als er mit abgeschlossenen Türen in seinem Auto saß und den Motor angelassen hatte, wurde ihm klar, dass er schon wieder ein Problem hatte.
Hinter Stanleys Volvo blieb ein Pick-up stehen, der den Parkplatz blockierte. Vor dem Volvo parkte ein Van, was eine Flucht nach vorn unmöglich machte. Stanley wurde wütend. Er stellte den Motor ab, riss die Fahrertür auf und schickte sich an, aus dem Wagen zu steigen, als er den Mann sah, der vom Pick-up aus auf ihn zukam. Und dann sah er die Waffe - eine große schwarze Pistole.
Stanley murmelte ein leises »Was zum Teufel ...«, bevor er von einer Hand ohne Waffe ins Gesicht geschlagen und gegen die Fahrertür geschleudert wurde. Ihm wurde schwarz vor Augen, doch er spürte, dass er gepackt, zum Pick-up geschleift und auf den Vordersitz aus Kunstleder geworfen wurde. Die Hand in seinem Genick war groß, stark und sehr grob. Stanleys Hals war dünn und schwach, und zu seinem Entsetzen wurde ihm schlagartig klar, dass ihm der Mann mit einer einzigen Bewegung das Genick brechen konnte.
Am Steuer saß ein zweiter Mann, ein sehr junger Mann, vermutlich ein Teenager. Die Tür fiel zu. Stanleys Kopf wurde nach unten in den Fußraum gedrückt, kalter Stahl presste sich ihm ins Genick. »Fahr los«, sagte der Mann. Mit einem Ruck setzte sich der Pick-up in Bewegung.
»Wenn Sie sich bewegen oder etwas sagen, blase ich Ihnen das Gehirn raus«, sagte der Mann, dessen schrille Stimme aufgeregt klang.
»Okay, okay«, stieß Stanley hervor. Sein linker Arm war auf dem Rücken verdreht, und der Mann zerrte daran, bis Stanley vor Schmerz zusammenzuckte. Der Schmerz hielt etwa eine Minute lang an, dann ließ der Mann plötzlich los. Die Pistole entfernte sich von Stanleys Kopf. »Setzen Sie sich hin«, sagte der Mann. Stanley richtete sich auf, schüttelte den Kopf, rückte seine Brille zurecht und versuchte, etwas von seiner Umgebung zu erkennen. Sie hatten den Stadtrand erreicht und fuhren nach Westen. Einige Sekunden vergingen, in denen niemand etwas sagte. Links von Stanley saß der Junge, der den Pick-up fuhr und noch keine siebzehn war, ein schmaler Junge mit Ponyfrisur, Pickeln und Augen, die genauso überrascht und verwirrt wirkten wie die Stanleys. Dass er so jung und unschuldig war, tröstete Stanley irgendwie - dieser Gauner würde ihn doch sicher nicht in Gegenwart des Jungen erschießen! Rechts von ihm, so dicht neben ihm, dass ihre Beine sich berührten, saß der Mann mit der Pistole, die auf seinem massigen rechten Knie lag und nicht mehr auf Stanley zielte.
Sie ließen Clanton hinter sich, und noch immer herrschte Schweigen. Stanley Wade atmete langsam ein und aus und beruhigte sich ein wenig, während er versuchte, seine Gedanken zu ordnen und sich mit der Situation vertraut zu machen, die darin bestand, dass er gerade entführt wurde. Also los, Stanley. Was hast du in den dreiundzwanzig Jahren deiner beruflichen Laufbahn als Anwalt getan, um so etwas verdient zu haben? Wen hast du verklagt? Wer ist in einem Testament nicht bedacht worden? Geht es um eine schmutzige Scheidung? Wer hat bei einem Prozess verloren?
Als der Junge den Highway verließ und auf eine asphaltierte Nebenstraße abbog, fragte Stanley schließlich: »Würden Sie mir sagen, wo wir hinfahren?«
Der Mann ignorierte die Frage und sagte: »Ich heiße Cranwell. Jim Cranwell. Das ist mein Sohn Doyle.«
Aha. Dieser Prozess. Stanley musste schlucken. Erst jetzt fiel ihm auf, dass sein Nacken und sein Hemdkragen nass vor Schweiß waren. Er trug immer noch
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