John Lennon - across the universe - die spirituelle Biografie
Welt des sogenannten New Age ein. In einem Interview, das er Ende 1970 dem
Rolling Stone
gab, erklärte er, es sei ohne Weiteres möglich, dass er »so an die tausend Trips« genommen habe. 92
LSD beflügelte seine Kreativität, fand Lennon. Eine erste Bestätigung dieser Einschätzung lieferte das im April 1966 aufgenommene »Tomorrow Never Knows«, ein Song von atemberaubender Originalität. Das Stück glich dem Sprung über einen Abgrund: hinein in einen musikalischen Realitätsbereich, in dem sämtliche Instrumente von Salvador Dali gestaltet worden waren. Ganz und gar Lennons Intuition folgend, tauchten in spiralförmigen Bewegungen um seine scheinbar körperlos gewordene Stimme gespenstisch klingende Geräusche und Rhythmen auf, um gleich darauf wieder zu verstummen. Den Text zu »Tomorrow Never Knows« hatte er tatsächlich in Anlehnung an
Psychedelische Erfahrungen
und das
Tibetische Totenbuch
geschrieben. Mehr noch: Ursprünglich hatte er beabsichtigt, den Songtext mit den Gebetsrezitationen eines aus Tausenden Mönchen sich zusammensetzenden Chors zu unterlegen.
Als Nächstes folgte »Rain«. Dieser Song, gerade mal eine Woche nach »Tomorrow Never Knows« aufgenommen, vertrat den Standpunkt, die Realität sei lediglich ein Bewusstseinszustand. Beim Abmischen von »Rain« wurden die Tonspuren mehrerer Instrumente rückwärts abgespielt. Doch damit gab Lennon sich noch keineswegs zufrieden: Selbst die Gesangsspur sollte bei einigen Worten rückwärtslaufen. Und die Inspiration zu »She Said, She Said« ging geradewegs auf einen LSD-Trip zurück, den er ein Jahr zuvor zusammen mit Peter Fonda in Los Angeles erlebt hatte.
»Strawberry Fields Forever«, das er ursprünglich einmal als lyrisch sanfte musikalische Innenschau konzipiert hatte, wurde unter dem Einfluss von LSD zu einem hintergründigen Song von gewaltigen Klangdimensionen. In der endgültigen Studiofassung vermittelt »Strawberry Fields Forever« den Eindruck, als durchschreite ein John Lennon, der Einflüsterungen aus den Tiefen des Unbewussten artikuliert, im Zeitlupentempo eine gigantische Klangkulisse, die von Lewis Carroll inspiriert sein könnte. Dieses Stück hat er immer als eines seiner besten – und persönlichsten – eingestuft.
Die beiden eindrucksvollsten durch LSD-Erfahrungen inspirierten Songs, die er je geschrieben hat, sind auf dem großen Beatles-Klassiker
Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band
zu finden. Der eine führt, als Initialen der drei Schlüsselwörter, die Buchstaben LSD sogar im Titel. Lennon hat stets erklärt, dies sei reiner »Zufall«: Sein Sohn Julian habe eines Tages ein Bild aus der Schule mit nach Hause gebracht. Darauf zu sehen war eine Frau, die inmitten eines wahren Feuerwerks von Sternen auf einem Pferd über den Himmel reitet. Auf die Frage, welchen Namen er dem Bild gegeben habe, antwortete Julian: »Lucy in the sky with diamonds«.
Lennon gefiel die Formulierung derart gut, dass er sie sich als Titel für einen Song vormerkte, zu dem er sich durch Julians Einfall inspirieren lassen wollte. Bei der Arbeit an dem Stück tauchte sein Geist in eine Welt aus traumgleichen Erfahrungsbildern ein, die aus
Alice im Wunderland
hätten stammen können, aber ebenso den Gedanken an einen LSD-Trip nahelegten. Erst als ihn anschließend jemand darauf hinwies, bemerkte er offenbar, dass die Initialen des Songtitels mit denjenigen der psychoaktiven Rauschdroge übereinstimmten.
Pete Shotton hat später bestätigt, dass es sich hierbei in der Tat um eine unbeabsichtigte Übereinstimmung handelte. Denn wie es sich so traf, war Shotton gerade zugegen, als Julian seinem Vater das Bild zeigte. 93 Allerdings lässt sich unschwer erklären, wie es zu diesem »Zufall« kommen konnte. Da Lennon regelmäßig LSD nahm, hat er ganz bestimmt mal, vielleicht auch bei mehr als nur einer einzigen Gelegenheit, in Julians Hörweite darauf Bezug genommen. Der aufgeweckte vierjährige Junge hat sich daraufhin wahrscheinlich gefragt, wofür die drei Buchstaben wohl stehen mögen, im Geist allerlei Möglichkeiten durchgespielt, sich eine fantasievolle Lösung einfallen lassen und anschließend ein dazu passendes Bild gemalt.
Das zweite besonders stark durch LSD-Erfahrungen beeinflusste Stück war derart kreativ und beeindruckend, dass es für jenes Album, das vom Publikum wie von der Kritik so sehr gepriesen worden ist wie keine andere Beatles-LP, zu einem echten Schmuckstück wurde. »A Day in the Life« hält die Absurdität der
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