John Lennon - across the universe - die spirituelle Biografie
Leben richtete sich nach den Mahlzeiten. Geht es ihm wohl gut? Hat er sich die Zähne geputzt? Hat er genügend Gemüse gegessen? Oder isst er womöglich zu viel? Schränke ich ihn vielleicht in seiner Ernährung zu sehr ein? In welcher Verfassung befindet sich mein Sohn? Und wie ist
sie
drauf, wenn sie aus dem Firmenbüro nach Hause kommt? Wird sie sich mit mir unterhalten oder bloß über geschäftliche Dinge reden?« 238
In derartige Situationen konnte er sich jetzt also prima hineinversetzen. Zugleich war er sich allerdings darüber im Klaren, dass die meisten Frauen schlechter dran waren. Wie groß mochte wohl der Anteil derjenigen Frauen sein, die wie er den Luxus genossen, von einem Kindermädchen, einer Haushaltshilfe und einer Reinigungskraft unterstützt zu werden? Und wenn er das Kochen übernahm, tat er es aus freier Entscheidung. Denn ihm verschaffte diese Tätigkeit Zufriedenheit und Erfüllung. Die meisten Frauen hingegen, die einen Haushalt führten und sich um ihre Familie kümmerten,
mussten
drei Mahlzeiten am Tag zubereiten.
Keine Ehe verläuft vollkommen harmonisch. Auch seine wieder aufgenommene Beziehung zu Yoko Ono blieb nicht frei von Spannungen. Gemessen an der Situation vor der vorübergehenden Trennung war er indes reifer geworden. Mittlerweile betrachtete er die Dinge aus einer etwas umfassenderen Warte. Jede Beziehung, das begann er nun zu begreifen, durchläuft ihre Höhen und Tiefen, ihre Zyklen. Diese kritischen Phasen zu bewältigen, darauf kommt es an. Einer Auseinandersetzung mit den jeweiligen Problemen aus dem Weg zu gehen, indem man sich von dem Partner verabschiedet, sobald die Beziehung in eine Krise gerät, das mag dem Anschein nach vielleicht die einfachste Lösung sein. Wer so verfährt, diese ernüchternde Wahrheit verbirgt sich hinter solch einer »Lösung«, wird sich in der nächsten Beziehung wieder vor die gleichen schmerzlichen Entscheidungen gestellt sehen. Und dies in Verbindung mit der wahrhaft traurigen Aussicht, dass die nächste Beziehung, die sich für den Betreffenden ergibt, womöglich einem Vergleich mit der vorherigen nicht standhalten wird. »Als ich von Yoko den Laufpass erhielt, erst da hab ich kapiert, wo ich mich eigentlich befand. Ich fühlte mich wie jemand, der auf einem Floß mitten im Universum ausgesetzt worden war. Mal angenommen, ich hätte eine neue Beziehung anknüpfen können: Was auch immer dann geschehen wäre, am Ende wäre ich wieder an der gleichen Stelle gelandet –
wenn ich Glück gehabt hätte
. Und das ist ein großes
Wenn
.« 239
Um seine Gedanken über das Auf und Ab zwischenmenschlicher Beziehungen besser in Worte fassen zu können, griff Lennon auf den hinduistischen Begriff »Karma« zurück.
»Es ist so was wie das, was über Karma gesagt wird. Kriegst du’s nicht in diesem Leben geregelt, dann musst du zurückkehren und es erneut durchlaufen. Nun, solche Gesetzmäßigkeiten, über die man, egal ob man sie anerkennt oder nicht, im Grunde in universellen Zusammenhängen zu reden hat, behalten bis in die allerwinzigsten Kleinigkeiten des Lebens hinein Gültigkeit. Es ist wie ›Instant Karma‹, so drücke ich es aus. Das ist also nicht einfach nur so eine riesenkosmische Sache, obwohl es auch das ist, sondern betrifft gleichermaßen die kleinen Dinge – wie zum Beispiel dein Leben hier und deine Beziehung zu dem Menschen, mit dem du zusammen sein willst.« 240
Mit anderen Worten: Menschen sind in ihrem Alltag den gleichen Gesetzmäßigkeiten unterworfen wie das gesamte Universum. Wer sich in einer Beziehung mit Schwierigkeiten konfrontiert sieht, hat daher grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Sie/er kann sich entweder der Herausforderung stellen und, auf dieser Erfahrung aufbauend, persönlich wachsen und sich weiterentwickeln; oder die Lektion auf ein andermal verschieben und sich mit ihr in einer künftigen Beziehung auseinandersetzen. Wie auch immer, gelernt werden muss die Lektion.
Von 1976 an bis Mitte der Achtzigerjahre standen Lennon und Ono vor der Herausforderung, die entsprechenden Lektionen im Rahmen einer Beziehung zu lernen, in der die traditionelle Rollenverteilung – der Mann als Geldverdiener, die Frau hingegen als für das häusliche Glück zuständige Partnerin – auf den Kopf gestellt war. Während er sich auf Seans Erziehung konzentrierte, vertrat sie ihn bei Geschäftstreffen und offiziellen Anlässen. Ono investierte das Familieneinkommen – in erster Linie die für seine Musik anfallenden
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