John Lennon - across the universe - die spirituelle Biografie
flapsigen Anspielung auf »Cold Turkey«, die Lennon eingeflochten hatte, um dem Ganzen einen heiter unbeschwerten Anstrich zu geben. Viele Leute empfanden diese Bemerkung freilich als eine Frechheit, zugleich aber auch als einen ziemlich plumpen Versuch, Werbung in eigener Sache zu betreiben.
Nichtsdestoweniger erreichte Lennon mit diesem Schritt sein Ziel, die Aufmerksamkeit vieler Menschen auf die Friedensbewegung und ihre Anliegen zu lenken. Der Philosoph Bertrand Russell beispielsweise schrieb Lennon einige anerkennende Worte und dankte ihm für den Hinweis auf Großbritanniens unrühmliche Rolle in Biafra und Vietnam: »Was immer auch die Presse mit ihrer negativen Reaktion darauf angerichtet haben mag – ich bin sicher, dass damit viele Menschen wieder über die Kriege nachgedacht haben.« 190
Am 16. Dezember stellte Lennon eine weitere originelle Aktion vor, die in den Medien sofort gewaltige Resonanz fand: Um die Menschen einmal mehr mit der Nase auf die Tatsache zu stoßen, dass sie es selbst in der Hand haben, auf den Lauf der Dinge Einfluss zu nehmen, sofern sie nur die Initiative ergreifen, ließ er in großen Lettern eine einfache Botschaft verkünden.
Welche Botschaft? »DER KRIEG IST AUS!« Gleich darunter stand, in weitaus kleinerer Schrift, der einschränkende Zusatz: »WENN DU ES WILLST«. Und, noch ein wenig kleiner: »John und Yoko Lennon wünschen Ihnen fröhliche Weihnachten.«
Um die Botschaft der »WAR IS OVER!«-Kampagne gebührend zu verbreiten, mieteten sie an den interessantesten Knotenpunkten in zwölf weltweit ausgewählten Großstädten – unter anderem in Paris, Rom, Berlin, Tokio, Athen, Los Angeles, New York, Toronto, Montreal und Port-of-Spain (Trinidad) – große Werbeflächen und ließen in den Vororten Tausende Poster verteilen. 191
In den allerletzten Tagen der stürmischen Sechzigerjahre gelang es ihnen zum ersten Mal, mit ihren Friedensaktivitäten bis zu höchster Regierungsebene vorzudringen. Um ein Musikfestival im Namen des Friedens anzukündigen und dafür zu werben – für ein Festival von solchen Dimensionen, dass es das viel beschworene Woodstock-Festival in den Schatten stellen würde –, statteten sie Kanada einen weiteren Besuch ab. Und im Rahmen dieses Kanada-Aufenthalts wurden hinter den Kulissen Verhandlungen über ein Treffen mit Kanadas erstem Mann geführt, Premierminister Pierre Elliot Trudeau.
Aufgrund des Bildes, das man sich in weiten Kreisen der Öffentlichkeit von Lennon machte – als einem verurteilten Drogenkonsumenten, der ein skandalöses Privatleben führte, in seinem gesamten Verhalten unkalkulierbar war und bei dem man jederzeit darauf gefasst sein musste, dass er in irgendeiner Weise aus der Rolle fiel –, wollte kein imagebewusster Spitzenpolitiker das Wagnis eingehen, ihn offiziell zu einem Treffen einzuladen. Nicht einmal wenn es um das hehre Ziel des Friedens ging! Pierre Trudeau indes war selbst ein Freigeist, der sich gern als toleranter, vielseitig interessierter Mensch zeigte und ein unkonventionelles Verhalten an den Tag legte. So konnte es vorkommen, dass er in der Öffentlichkeit Pirouetten drehte oder bei einer Jazzband musikalisch mit einstieg. Bei derlei Dingen legte er aber stets großen Wert darauf, sich innerhalb der Grenzen des guten Geschmacks zu bewegen. Er pflegte das Image eines ungewöhnlich aufgeschlossenen Politikers, der für neue Ideen immer ein offenes Ohr hatte. Ein Treffen mit Beatle John Lennon zwecks Gedankenaustausch über das Thema Weltfrieden würde diesem Image noch weiteren Glanz verleihen und sich, selbstverständlich, durch zusätzliche Unterstützung in den jüngeren Wählerschichten bezahlt machen. Also zeigte er sich zu einem Treffen mit Lennon und Ono bereit, allerdings nur unter einer Bedingung: Vorab durften darüber keinerlei Informationen an die Öffentlichkeit oder die Medien gelangen.
Zwei Tage vor Heiligabend wurde das Paar in Trudeaus Arbeitszimmer geführt. Fünfzehn Minuten waren ihnen zugestanden worden. Letztlich dauerte das Gespräch jedoch über fünfzig Minuten. Das Themenspektrum reichte von Lennons Büchern und Gedichten, über die Musik, den Generationskonflikt bis hin zum aktuellen Stand der Friedenskampagne. Als Lennon ihm berichtete, was er für das außerhalb von Toronto geplante Friedensfestival im Sinn habe, war Trudeau davon sehr angetan und sicherte ihm die Unterstützung seiner Regierung zu.
In der Pressekonferenz, die Lennon im Anschluss an das Treffen gab,
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