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John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes

John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes

Titel: John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berenson
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Zentrum von Albany. Da. Auf der Veranda vor einem leeren Bürogebäude saß ein Schwarzer mit tief in die Stirn gezogener Baseballmütze. Halb versteckt zwischen seinen Beinen stand eine in eine Papiertüte gewickelte Flasche. Als Khadri auf ihn zuging, sah ihm der Schwarze mit feindseligem Blick entgegen. »Hallo«, grüßte Khadri.
    Als Antwort erhielt er nur einen stummen ablehnenden Blick. Offenbar hatte der Schwarze selbst Sorgen.

    »Verzeihen Sie, wenn ich Sie störe, Sir«, begann Khadri.
    »Kann ich Ihnen irgendwie helfen?« Die Worte des Mannes waren höflich, sein Tonfall hingegen nicht.
    »Es klingt vielleicht seltsam, aber ich würde Sie gern um einen Gefallen bitten.«
    »Um einen Gefallen?«, wiederholte der Mann mit spöttischem Grinsen, wobei er die Worte in die Länge zog, um seinen Unglauben zu verdeutlichen. Wie frech diese Menschen doch waren, dachte Khadri, der sich sofort mahnte, ruhig zu bleiben.
    »Ich zahle auch dafür.« Einen Augenblick lang flackerte Interesse im Gesicht des Schwarzen auf, was Khadri nicht überraschte. »Ich brauche jemanden, der für mich ein Paket abholt.«
    Sofort schwand das Interesse und wurde von Wut abgelöst. »Haben Sie nichts Besseres zu tun, als mich zu belästigen? «, fuhr ihn der Schwarze an, der im Stehen um einiges größer war als Khadri. »Ich bin gerade erst rausgekommen, und Sie wollen mich schon wieder reinschicken …?«
    Plötzlich begriff Khadri, dass ihn der Mann für einen Beamten hielt. »Nein, ich bin kein Constable … kein Cop«, wehrte er ab. »Hören Sie mir einen Augenblick zu.«
    »Mir ist egal, wer Sie sind«, knurrte der Mann. »Bleiben Sie mir vom Leib.«
    Khadri hielt es für das Klügste, diesem Wunsch Folge zu leisten. Während er wegging, hörte er noch, wie der Schwarze vor sich hin murmelte: »Verdammter Turbanträger.«
    Wie er dieses Land hasste.
     
    Als Khadri abends in seinem Motelzimmer in Kingston saß, fühlte er sich geschlagen. Er hatte nicht erwartet, dass es so schwierig sein würde, einen Helfer zu finden. Aber er war
dreimal höhnisch abgewiesen worden. Diese Menschen waren keine Narren. Sie sahen, dass er nicht dazugehörte.
    Morgen würde er dieses Problem lösen müssen. Denn er wollte nicht in ganz Albany als der arabische Fremde bekannt werden, der andere um einen Gefallen bat. Deshalb hatte er sich für dieses heruntergekommene Motel 75 Kilometer von der Stadt entfernt entschlossen. Selbstverständlich hätte er auch einen seiner eigenen Männer damit beauftragen können, das Paket zu holen, aber damit hätte er nicht nur einen Agenten aufs Spiel gesetzt, sondern auch die Sicherheit einer ganzen Zelle. Dabei hatte er so wenige vertrauenswürdige Männer in den USA. Außerdem betrachtete er es mittlerweile als persönliche Herausforderung. Es musste ihm doch gelingen, einen Amerikaner so hinters Licht zu führen, dass er seiner Bitte Folge leistete.
    Seufzend schaltete Khadri den altersschwachen Fernsehapparat im Zimmer ein. Seine Stimmung hob sich ein wenig, als eine Wiederholung von The Apprentice den Bildschirm füllte. Khadri liebte diese so genannten Realityshows, in denen sich die Amerikaner vor ihren falschen Göttern von Geld und Ruhm prostituierten.
    Als die Show vorüber war, sah Khadri auf die Uhr. Es war Zeit für das Abendgebet. Sobald er mit dem Kompass die Himmelsrichtung geprüft hatte, breitete er seinen Teppich in Richtung Mekka aus und betete schweigend, wobei er vor Allah in die Knie ging und mit dem Kopf den Boden berührte. Sobald er das Ritual abgeschlossen hatte, fühlte er sich ruhig und besonnen und bereit für den nächtlichen Schlaf und die Aufgaben des nächsten Tages. Plötzlich kam ihm ein Gedanke, der ihm sicher vom Allmächtigen selbst eingepflanzt worden war. Oder – Khadri konnte sich das Lächeln nicht verkneifen – von Mr Donald Trump.

    Wenn diese Amerikaner ohnehin wussten, dass er nicht dazugehörte, dann sollte er es auch nicht versuchen.
     
    Nachdem er einige Nachforschungen angestellt und bei einem Copyshop von Kinko’s eine Zwischenstation eingelegt hatte, kehrte Khadri am Nachmittag des nächsten Tages auf die Straßen von Albany zurück. Langsam fuhr er durch das abgewohnte Viertel im Norden der Stadt. Auf einem ungepflegten Parkplatz saß ein dicklicher Mann mit der obligatorischen Papiertüte in der Hand auf einem schäbigen grauen Ford Focus. Die Ärmel seines T-Shirts waren aufgerollt, damit man seine umfangreichen weißen Bizepse sehen konnte.

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