Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes

John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes

Titel: John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berenson
Vom Netzwerk:
können.«
    »Immerhin besitzt du die richtige Hautfarbe«, erklärte Khadri mit einem hässlichen kleinen Lachen, das Wells unter die Haut ging. Er würde mich wohl allzu gern sterben sehen, dachte er.
    »Und dann, Mudschahid? «, fragte er Sawahiri.
    Daraufhin zog Sawahiri einen mit einem ausgefransten Gummiband zusammengehaltenen Stapel von Einhundertdollarscheinen und eine halbe, durchgerissene Spielkarte aus dem Kaftan und gab Wells das Geld. »Hier sind fünftausend Dollar. Damit solltest du nach New York kommen.« Dann hielt er die durchgerissene Spielkarte hoch: die Hälfte eines Pik-Königs.
    »In Queens gibt es einen Feinkostladen«, erklärte Khadri. »Wenn du dort die Karte abgibst, wird man dir 35 000 Dollar aushändigen.«
    Das Hawala-System, dachte Wells. Die Grenze der amerikanischen Bemühungen, die Finanzströme der Al-Quaida zu unterbinden. Mit diesem informellen Banksystem transferierten Händler im Fernen Osten schon seit Jahrhunderten ihr Geld. Die andere Hälfte der Karte hatte man per Post oder Kurier von Pakistan nach Queens geschickt. Die beiden Hälften funktionierten als einmaliger Code, durch den eine Summe von 35 000 Dollar zur Abhebung bereit stand. In weiterer Folge würde man die Konten wieder ausgleichen;
Sawahiri würde fünfunddreißig Riesen in Goldbarren – zuzüglich einer bestimmten Provision – zum Bruder des Eigentümers des Feinkostladens in Islamabad schleusen oder in Diamanten zu einem Cousin in Abu Dhabi. Der Ladenbesitzer war vielleicht selbst ein Dschihadi, vielleicht war er aber auch nur ein Mann, der wusste, wie man Geld rund um den Globus verschob, ohne Spuren zu hinterlassen.
    Als Sawahiri Wells die Karte übergab, sah er sie einen Augenblick lang an – es war eine gewöhnliche Spielkarte mit roter Rückseite – und steckte sie dann in den Stapel Geldscheine. »Ich werde mich bemühen, sie nicht zu verlieren«, sagte er. »Wie erfahre ich die Adresse des Ladens?«
    »Wir haben für dich ein E-mail-Konto eingerichtet – [email protected]«, antwortete Omar. »Alles ein einziges Wort.«
    »Smooth Johnny? Da bin ich nicht sicher, Omar«, gab Wells lachend zurück, wobei er sich bemühte, so natürlich wie möglich zu klingen. Vermutlich war es günstig, sich mit dem Mann auf guten Fuß zu stellen. »Und dann?«
    »Dann fährst du nach Atlanta«, erklärte Sawahiri.
    »Dort wartest du. Es kann auch ein paar Monate dauern«, fuhr Khadri fort. »Übe deine Treffsicherheit, such dir einen Job und halte dich von den Moscheen fern. Pass dich einfach an. Das sollte dir nicht allzu schwerfallen.«
    »Könnte ich nicht etwas mehr erfahren?«
    Khadri schüttelte ablehnend den Kopf. »Wenn die Zeit gekommen ist, Jalal.«
    »Viel Glück«, sagte Sawahiri.
    Wells hoffte, dass sein Gesicht nicht verriet, wie wütend er war. Sie hatten ihn an den Rand einer dreihundert Meter tiefen Schlucht gedrängt und ihn gezwungen, dem Tod ins Auge zu sehen. Diesen Test hatte er bestanden. Er war immer
noch am Leben, hatte fünf Riesen in der Tasche und war auf dem Weg nach Hongkong. Trotzdem vertrauten sie ihm nicht genug, um ihn in ihre Pläne einzuweihen.
    In Ordnung, dachte Wells. Wenn die Zeit gekommen ist. »Ich werde euch nicht enttäuschen, Mudschahid «, sagte er, während er die Hand zum Gruß an die Brust legte. »Salam aleikum.«
    »Aleikum salam.«
    Bei diesen Worten erhoben sich Sawahiri und Khadri, um zu gehen. An der Tür drehte sich Khadri nochmals um und sah Wells durchdringend an. »Aleikum salam, John. Was ist das für ein Gefühl, nach Hause zu fliegen?«
    »Nach Hause?«, fragte Wells. »Ich wünschte, ich wüsste es.«

2
    United Airlines-Flug 919, über dem Atlantischen Ozean
    Das kleine Mädchen auf Platz 35A sah sie zuerst. Angela Smart aus Reston in Virginia flog nach den Frühlingsferien bei ihren Großeltern in London mit ihrer Familie nach Hause. Sie war froh, dass die Reise schon beinahe vorüber war, denn sie vermisste ihre Freunde Josie und Richard. Ihre Großeltern waren ja recht nett, aber sie rochen so seltsam. Während sie wieder aus dem Fenster blickte, überlegte sie, wann sie zu Hause ankommen würden. Als sie ihren Vater fragte, der eine Reihe hinter ihr saß, antwortete er nur: »Es dauert nicht mehr lang, Smurfette.« Dabei schnaubte er vor Lachen, als hätte er etwas Komisches gesagt. Dabei wusste sie nicht einmal, wer Smurfette war. Ihr Vater war manchmal ziemlich albern.
    Zumindest hatte sie einen Platz am Fenster. Der blaue Himmel war

Weitere Kostenlose Bücher