John Wells Bd. 2 - Netzwerk des Todes
Ausnahme.«
Exley machte sich nicht die Mühe, ihm zu widersprechen. »Hat er Kinder?«
»Möglicherweise. Ames hatte keine Kinder, Hanssen schon.«
»Weiter. Was noch?«
»Ich weiß nicht, aber da ist noch etwas. Irgendein sexueller Tick vielleicht.«
»Er hat sich noch nicht geoutet, treibt sich aber am Dupont herum.« Der Dupont Circle lag nur wenige Blöcke westlich von Exleys Apartment und bildete das Zentrum der Washingtoner Gay-Szene. »Könnten Sie nicht noch ein wenig vorhersehbarer sein, Ellis?« Exley genoss dieses Hin und Her inzwischen. »Vielleicht ist er nur ein glücklicher Vater aus den Vororten, der es einmal pro Woche in der Missionarsstellung mag.«
»So etwas tut man nicht, wenn man glücklich ist.«
»Damit haben Sie recht. Nimmt er Drogen?«
»Die Wahrscheinlichkeit ist größer, dass er seinen Kick ganz legal bekommt. Vielleicht Glücksspiel oder Alkohol.«
»Das können wir nachprüfen«, meinte Exely. »Vielleicht wurde er wegen Alkoholmissbrauchs am Steuer geschnappt.«
»Mit einem guten Anwalt wird aus einem Alkoholmissbrauch am Steuer eine unbedeutende Geschwindigkeitsüberschreitung. Und die Aufzeichnungen über Verkehrsdelikte
sind ein wahrer Albtraum. Selbst wenn wir uns nur auf Maryland und Virginia konzentrieren, bräuchten wir Wochen. Aber wir können es versuchen.«
»Und wir können eine geheime Übermittlungsanordnung nach Vegas schicken und in den Kasinos nachfragen, ob eine Person auf der Liste als Spieler im großen Stil bekannt ist.« Eine geheime Übermittlungsanordnung schickte die Agency an Unternehmen, wenn sie im Zusammenhang mit Spionage- oder Terrorismusuntersuchungen nach Informationen suchte.
»Ich dachte, Sie glauben an die Freiheitsurkunde«, sagte Shafer.
»Sie sind freiwillig. Niemand muss sie beantworten.«
»Natürlich«, stimmte Shafer zu. Mit einigen wenigen Ausnahmen durfte die CIA nicht auf amerikanischem Boden tätig werden, deshalb war die Beantwortung dieser Briefe freiwillig. Es handelte sich dabei um Anfragen, nicht um Ermächtigungen. Aber in der Zeit nach dem elften September wollte es sich kein großes Unternehmen mit Langley verscherzen, und so erhielt die Agency üblicherweise die Informationen, um die sie ersucht hatte.
»Außerdem wird die Anordnung in diesem Fall vollkommen legal eingesetzt«, erklärte Exley. Shafers Kommentar hatte sie getroffen. Üblicherweise hielt sie sich nicht für jemanden, der den Vierten Zusatzartikel zur Verfassung beiseiteschob.
»Wir fischen bloß, Jennifer. Wir haben keinerlei Beweise gegen einen dieser Leute. Kein Richter auf Erden würde uns einen Haftbefehl ausstellen.« Shafer deutete auf die Liste. »Selbst wenn es sich herausstellt, dass dieser Jerry Bright, wer auch immer das sein mag, jede Woche zehn Riesen in Vegas verliert, beweist dies noch gar nichts.«
»Sie glauben also nicht, dass wir diese Briefe schicken sollten?«
»Das habe ich nicht gesagt. Wenn Jerry Bright jede Woche zehn Riesen verliert, will ich wissen, woher das Geld kommt. Wenn du keine Hinweise hast, musst du fischen.«
»Aber vielleicht haben Sie unrecht. Vielleicht ist unser Maulwurf weder ein Spieler, noch ein Alkoholiker oder sonst etwas. Vielleicht ist er ein wahrer Gläubiger.«
»Des Kultes von Kim Jong Il? Er will mithelfen, Nordkorea in eine glorreiche Zukunft zu führen?«
»Genau das«, sagte Exley. »Er tut es nicht aus Liebe. Aber was, wenn er in Seoul sitzt? In diesem Fall wird uns all dies hier nirgendwohin führen.«
»Wissen Sie was, Jennifer? Sie haben recht. Vielleicht sollten wir die ganze Sache vergessen und uns den Nachmittag freinehmen.«
»Das habe ich nicht gemeint …«
»Seoul war lange Zeit eine gut geführte Station. Ich glaube, dass er hier ist, nicht dort. Und ich glaube, John hatte recht in jener Nacht, als wir Tyson trafen. Ich glaube, unser Maulwurf arbeitet für einen anderen Auftraggeber und nicht für Nordkorea.«
Exley zuckte zusammen, als Shafer Wells erwähnte. Einige Minuten lang hatte sie es sich gestattet, den Angriff zu vergessen. Jetzt dachte sie wieder an ihn, wie er die kugelsichere Weste trug, statt der Panzerweste aus Kevlarplatten, die zu schwer sei, wie er sagte.
»Das heißt, der Maulwurf tut es um des Geldes wegen? Sie glauben, er braucht Geld, Ellis?«
»Nicht ganz. Das Geld ist nur dafür da, den Spielstand auszugleichen.«
»Wenn er es ausgibt, hinterlässt es eine Spur.«
»Er kann es verbergen. Er kann es auf den Namen seiner Frau anlegen, auf den
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