John Wells Bd. 2 - Netzwerk des Todes
seiner Eltern, oder eine Stiftung errichten.«
»Egal, welchen Namen er verwendet, sobald er es ausgibt, können wir es sehen. Er wird irgendetwas besitzen. Ein Ferienhaus am Chesapeake.«
»Wenn Sie es sagen.« Shafer seufzte, wie er es immer tat, wenn er glaubte, dass Exley eine offensichtliche Sache übersehen hatte. Exley hasste diesen Seufzer. »Angenommen, er hat im letzten Jahrzehnt eine Million Dollar bekommen. Das wäre eine gewaltige Beute, so viel wie Ames hatte. Aber auf zehn Jahre verteilt, sind es bloß hundert Riesen pro Jahr.«
»Vielleicht sind Sie anderer Meinung, aber hundert Riesen pro Jahr sind eine Menge Geld, Ellis. Vor allem steuerfrei.«
»Wenn die Ehefrau zum Beispiel eine Lobbyistin ist, verdient sie mehr als das. Eine ganze Menge mehr. Und er hätte trotzdem den netten Wagen und das Haus am Chesapeake.«
»Was, wenn seine Frau nicht arbeitet?«
»Dann wäre es offensichtlicher. Das steht fest.«
»Sie arbeitet nicht, Ellis. Davon bin ich überzeugt. Entweder er ist geschieden, oder seine Frau arbeitet nicht.«
»Vielleicht arbeitet sie aber auch achtzig Stunden pro Woche, die Ehe ist im Eimer, und er verjubelt das Geld mit Nutten. Er fühlt sich seiner Männlichkeit beraubt und gewinnt sie auf diese Weise zurück.«
»Das glaube ich nicht. Die Ehe ist im Eimer, aber sie sind nicht geschieden.«
»Eine vollkommen unbegründete, wilde Vermutung.«
»Im Gegensatz zu allem, was Sie bisher gesagt haben?« Exley sah auf ihre Liste. »In Ordnung. Wir suchen nach einem
Mann zwischen vierzig und fünfundvierzig, vielleicht geschieden, vielleicht unglücklich verheiratet. Er könnte eine Eintragung wegen Alkoholmissbrauchs am Steuer oder in der Öffentlichkeit haben, aber nicht notwendigerweise. Und er könnte Geld haben, das sich nicht als Sonderzahlung erklären lässt.«
»Er hat auch einen hohen IQ, aber zumindest eine miese persönliche Bewertung. Das ist das Muster. Vielleicht stimmt es nicht in diesem Fall, aber in der Vergangenheit hat es funktioniert. Und setzen Sie auch die beiden Kerle dazu, die beim Lügendetektortest durchgefallen sind. Das ist eine automatische rote Flagge.«
»Geringfügige Täuschung bedeutet nicht, dass sie durchgefallen sind.«
»Für mich schon.«
Exley prüfte die Namen. »Ich werde das Urinieren in der Öffentlichkeit als Alkoholmissbrauch werten …«
»Gute Idee.«
»Sieht aus, als würden zumindest zehn Männer die Kriterien erfüllen. Edmund Cerys, Laurence Condon …«
»Ich kenne Condon«, sagte Shafer. »Er ist es nicht.«
»Wir halten uns also nicht einmal an unsere selbst aufgestellten Regeln?«
»In Ordnung. Lassen Sie Condon auf der Liste. Aber er ist es nicht.«
»Edmund Cerys. Laurence Condon. Tobias Eyen. Robert Ford. Joe Leonhardt. Danny Minaya. Keith Robinson. James Russo. Phil Waterton. Brad Zonick. Gibt es, abgesehen von Condon, irgendjemanden, bei dem bei Ihnen eine Glocke läutet?«
Shafer schüttelte den Kopf.
»Ich nehme an …« Exley brach ab. »Was jetzt? Lassen Sie
mich raten. Wir führen diesen hochwissenschaftlichen Prozess fort und spielen nun mit dieser Liste Darts, um zu entscheiden, welcher unserer Verdächtigen es getan hat.«
»Versuchen Sie es noch einmal.«
»Grundbuchabfragen, Offenlegungsformulare, Scheidungseintragungen. Wir fragen herum, versuchen herauszufinden, wer eine schlechte Ehe führt, wer ein heimlicher Trinker ist. Wir ersuchen Tyson die geheimen Übermittlungsanordnungen für sie und alle anderen auf der Liste zu bewilligen.«
»Richtig. Tschü-üs!« Shafer griff nach seiner Akte und spazierte für Exleys Geschmack etwas zu selbstzufrieden aus ihrem Büro.
»Vertschüssen Sie sich doch.«
»Und grüßen Sie John von mir«, rief Shafer aus dem Korridor. »Wissen Sie, es geht ihm gut.«
Sie beschloss, nicht nach dem Köder zu schnappen. Auf seine kindische Art und Weise versuchte Shafer, sie aufzumuntern. Wieder sah sie sich die Namen auf der Liste durch. Sie war nicht sicher, ob Shafers Theorie einen Sinn ergab. Vielleicht war der Maulwurf überaus erfolgreich, ein wahres Genie, das nur des Nervenkitzels wegen spionierte. Aber zumindest hatten sie sich in Bewegung gesetzt. Und mit einiger Sicherheit näherten sie sich der Suche aus einem anderen Winkel als Tysons Leute.
Sie griff zum Telefon und wählte Tysons Büro.
»George? Hier ist Jennifer Exley. Ich benötige Hilfe bei einigen Namen. … Ja. Insgesamt zehn.«
15
Der Eingang zur Höhle war eine schwarze Öffnung am Berghang
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