John Wells Bd. 2 - Netzwerk des Todes
vierten Juli ein Feuerwerk abgeschossen hatte. Keine der beiden Ordnungsstrafen schrie nach einem Doppelagenten.
Shafer zog aus seinem Aktenordner eine eigene Kopie der Liste hervor. Die Namen waren mit Kritzeleien versehen. Ein Hinweis auf seinen unordentlichen Geist. »Springt Ihnen irgendetwas ins Auge?«
»Viel zu viele Personen kannten seinen Namen. Vor allem in der Nachrichtenbeschaffung.« Die Operationsleitung war die Basis der Führungsoffiziere, die Kontakt zu Spionen wie dem Verfasser hielten. In der Abteilung für Nachrichtenbeschaffung saßen die Analytiker, die sich mit allen Berichten herumschlagen mussten, die die Agency an das Weiße Haus schickte. »Dafür gibt es keine Entschuldigung. All diese Kerle sollten lediglich Codeworte bekommen.«
»Vergessen Sie nicht, dass nicht alle seinen Namen kannten. Sie könnten auch auf der Liste stehen, weil Tyson glaubt, dass Sie genug Informationen besaßen, um erraten zu können, wer er war«, sagte Shafer. »Aber Sie haben recht. Wenn Sie so lange Informant sind, sickert Ihr Name durch. Das ist
unvermeidlich. Beide Seiten des Hauses, sowohl die Analytiker als auch die Führungsoffiziere, sind der Meinung, dass sie es verdienten, alle Einzelheiten über eine Informationsquelle zu erfahren. Sie behaupten, es sei von entscheidender Bedeutung, um die Informationen beurteilen zu können.«
»In Wirklichkeit wollen sie nur beweisen, was für tolle Hechte sie sind.«
»Warum sagen Sie denn so etwas?«
»Egal. Auf der Liste gibt es fünf Personen, die nicht planmäßig zu ihrem Lügendetektortest erschienen sind. Zwei weitere weisen Anzeichen von ›geringfügigen Täuschungen‹ in ihrem letzten Test auf, wurden aber nicht erneut geprüft. Noch nicht. Für alle sieben wurden nun Tests innerhalb des nächsten Monats angesetzt.«
Als Routinemaßnahme wurden alle CIA-Mitarbeiter, die Zugang zu sensiblen Informationen hatten, in Abständen von fünf Jahren einem Lügendetektortest unterzogen. In der Praxis hatte die Agency zu wenige Fachleute, die diese Tests abnehmen konnten. So konnte es geschehen, dass einige Mitarbeiter der mittleren Ebene nur in Abständen von zehn Jahren getestet wurden.
»Im nächsten Monat. Ich freue mich, dass sie die Sache so ernst nehmen«, sagte Shafer. »Ich werde Tyson anrufen und ihn ersuchen, die Termine vorzuverlegen.« Er legte das Papier mit den Namen auf ihren Schreibtisch, erhob sich, und begann, auf und ab zu gehen. Exley erkannte die Vorzeichen. Er stand kurz vor einem »Shafer-Moment«. In einer halben Stunde würden sie mit einer neuen Methode nach dem Maulwurf suchen. Vielleicht ergab sie einen Sinn, vielleicht auch nicht. Zumindest hätten sie neue Anhaltspunkte, denen sie folgen könnten.
»Vergessen Sie die Liste für einen Augenblick«, sagte Shafer.
»Nach wem halten wir Ausschau? Wer ist der Kerl? Welche Art von Mensch verrät sein Land?«
»Verrät sein Land? Ist das nicht ein wenig theatralisch, Ellis?«
»Wie würden Sie es bezeichnen?«
»In Ordnung. Wir bleiben bei Landesverrat.«
»Aber in gewisser Weise haben Sie recht. Er verrät nicht sein Land. Er verrät uns. Die Agency. Er wurde bei einer Beförderung übersehen. Seine Karriere ist nicht so verlaufen, wie er es wollte.«
»Das trifft auf halb Langley zu«, gab Exley zurück.
»Er ist zum zweiten oder dritten Mal verheiratet.«
»Hanssen war nur einmal verheiratet.« Robert Hanssen, der Doppelagent des FBI.
»Das ist eine Ausnahme, aber in Ordnung. Vergessen Sie die zweite Ehe. Auf jeden Fall ist er ein Eigenbrötler. Er hat nicht viele Freunde in der Agency. Er ist mittleren Alters, vierzig bis fünfundvierzig. Er schneidet bei Tests gut ab, aber seine sozialen Fähigkeiten sind miserabel. Dabei hält er sich immer für den klügsten Kopf im Raum.«
»Ich wusste gar nicht, dass Sie für Nordkorea spionieren, Ellis.«
»Ich darf Sie daran erinnern, dass ich in erster Ehe verheiratet bin.«
»Wie Hanssen. Warum sind Sie so sicher, dass es sich um einen Mann handelt?«
»Es ist ein Mann, Jennifer. Frauen sind keine Doppelagenten.«
»Weil wir so fürsorgliche Seelen sind. Wie Paris Hilton.«
»Weil Frauen nicht den Mumm haben für diese Art von Risiko.«
»Das ist Unsinn, und Sie sind ein MCS.«
»Ein was?«
»Ein männliches Chauvinistenschwein.«
»Wow. Das habe ich nicht mehr gehört, seit Gloria Steinem aufgehört hat, BHs zu verbrennen. Auf jeden Fall habe ich recht.«
»Was ist mit Mata Hari?«
»Die war eine
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