John Workmann - Vom Zeitungsjungen zum Millionär
Zimmer, in dessen Mitte ein großer runder Tisch mit zwölf Eichenstühlen stand, allerlei Bilder an die Wände zu nageln. Es waren Farbdrucke, die er aus der Sonntagszeitung des »New York Herald« geschnitten und gesammelt hatte. In der Mitte aber befestigte er das geerbte Bild von Charly Beckers und schrieb darunter:
»Zur Erinnerung an unseren Charly Beckers!«
Dann begab er sich zu einem Blumenhändler, wo er trotz des Winters einen großen Strauß frischer Blumen erstand. Diese Blumen fanden ihren Platz in der Vase auf dem großen runden Tisch.
Nun ging John Workmann in die Küche, ließ Tee, Zucker, Brot und Butter holen, und als alles fertig war, sagte er vergnügt: »Jetzt können meine Gäste kommen.« Mit vor Freude gerötetem Antlitz blickte er auf sein Tagewerk.
Es war kurz vor 6 Uhr, als er zur Abendausgabe des »New York Herald« noch in letzter Minute eintraf. Seine Kameraden begrüßten ihn mit lautem Hallo, und als er sie um sich versammelt hatte, sagte er:
»Jungs, ich habe eine große Überraschung für euch. Ihr habt mir einmal, als ich durch die Kugel von Bill Smith verwundet war, eine große Freude gemacht, daß ihr mit mir euern Verdienst geteilt habt. Ich will mich dafür erkenntlich zeigen. Hört einmal zu:
Ich habe die Absicht, mit euch zusammen einen Klub der Zeitungsjungen vom Broadway zu gründen. Genau so einen Klub, wie ihn die Kaufleute und die Reichen in der Stadt besitzen.
Ich habe deshalb eine Wohnung gemietet, und jeder von euch, der einen kleinen Beitrag für die Wohnung zahlt, kann dort wohnen, essen und trinken, soweit es der Platz erlaubt. Was haltet ihr von meinem Plan?«
Zuerst waren die Jungen verblüfft, dann aber brachen sie in ein lautes Hallo- und Bravogeschrei aus.
Nachdem sich der Jubel gelegt hatte, sagte John Workmann:
»Ich mache euch einen Vorschlag. Wir wollen heute abend unsere erste Sitzung in unserem Klub abhalten und alles weitere beraten. Versammelt euch um 8 Uhr in der 14. Straße Nr. 216, dort werde ich euch erwarten.«
Wo sich an dem Abend nur zwei Zeitungsjungen zusammenfanden, unterhielten sie sich lebhaft über den von John Workmann geplanten Klub. Das war doch eine tolle Sache!
10. Kapitel
Das war das große Geheimnis, der große Plan, den John Workmann sich ausgedacht und den er nun verwirklicht hatte. Er wollte für die armen Zeitungsjungen der Riesenstadt, die sich eltern- und heimatlos durch das Leben schlugen, ein Heim gründen. Er kannte ihre erbärmlichen Unterkünfte, für die sie teures Geld bezahlen mußten. Wenn sie das nicht wollten, mußten sie unter Hochbahnbögen oder auf Hausfluren hausen.
Er wußte aus eigener Anschauung, welch ein erbärmliches Leben die kleinen Burschen in der Riesenstadt führen mußten. – Und es waren durchweg anständige Jungen! Keiner von ihnen konnte faul oder schlecht genannt werden. Die meisten kannten weder Vater noch Mutter und waren irgendwo bei fremden Leuten in furchtbarem Elend aufgewachsen.
In allen steckte die Sehnsucht nach besseren Zeiten und der eiserne Wille, möglichst viel und schnell Geld zu verdienen. Für diese Jungen wollte John Workmann ein gutes Werk tun.
Am Abend machte die Wohnung einen festlichen Eindruck. Das Licht war angezündet, zwei Tische weiß gedeckt, in der Küche brodelte Wasser für den Tee, und Brot und Butter standen auf dem Küchentisch. Zaghaft kamen die ersten Jungen in die Wohnung. Mit ehrfürchtiger Scheu blickten sie auf John Workmann, der in seinem Sonntagsanzug mitten im Versammlungszimmer stand, und endlich, als etwa vierzig Jungen anwesend waren, folgendes sagte:
»Ich habe euch hierher eingeladen, damit ihr von eurem Eigentum Besitz ergreift. Keiner von euch braucht mehr auf der Straße zu liegen, sondern kann für wenig Geld hier in der Wohnung schlafen, essen und trinken. Wir wollen uns jetzt hinsetzen und alles genau besprechen und festlegen, wie wir unseren Zufluchtsort halten und womöglich fördern können.«
Alle Jungen setzten sich.
»Es ist doch ein erbärmliches Leben, daß die meisten von uns auf der Straße führen müssen. Die ohne Eltern können für 10 Cent nur ein unsauberes Nachtquartier bei allerlei Gesindel bekommen, oder sind gezwungen, auf der Straße zu hausen. Und mehr vermag keiner von uns auszugeben. Mit dem Essen ist es gleichfalls schlecht bestellt. Viele von uns haben selten ein warmes Essen. Das alles kann sich ändern, wenn wir zusammenhalten. Ich habe ein Geheimnis der Millionäre entdeckt. – Es lautet: Viel
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