John Workmann - Vom Zeitungsjungen zum Millionär
kann, zu erfahren. Ein Journalist, Mutter, wie mir Mister Bennett es erklärte, muß stets für das Beste und für das Recht in der Welt kämpfen. Und um zu verstehen, was das Beste und Richtige ist, muß er reisen. Nur dort in der Ferne, in fremden Ländern, unter Menschen, vermag er das zu lernen, was er für seinen Beruf nötig hat.«
»Das ist mir alles zu hoch«, erwiderte seine Mutter. »Ich erkenne nur aus deinen Worten, daß du nicht mehr bei mir bleiben, sondern fortwillst. – Denkst du denn auch daran, daß du, wenn du nicht mehr bei mir bist, niemand hast, der dir deine Strümpfe und Hemden wäscht und deine Anzüge in Ordnung hält?«
»Ja, ja, Mutter, das habe ich schon bedacht. Aber da muß ich eben lernen, mir selbst zu helfen. Oder glaubst du, ich könnte nicht meine Strümpfe auswaschen?«
»John, aber – aber – es will mir gar nicht in den Kopf, daß wir uns trennen. Sieh mal, John, dann habe ich niemand mehr in der Welt.«
»Aber Muttchen!« John Workmann streichelte wieder die schmale Hand seiner Mutter. »Du siehst wirklich zu schwarz! Du kannst mir ja Briefe senden und ich werde auch viel an dich schreiben und, falls ich gut verdiene, werde ich dir Geld schicken. Und sollte dir irgend etwas geschehen, so komme ich mit dem nächsten Zug oder mit dem nächsten Dampfer zu dir.«
»Und was soll ich in der ganzen Zeit machen, bis du einmal wiederkommst?«
John Workmanns Augen leuchteten.
»Wenn ich wiederkomme, Mutter, dann komme ich mit einem Auto, und alle Leute werden zusammenlaufen, wenn ich vor deinem Hause anhalte. – – Und auf den Banken wird viel Geld von mir liegen, und alle Menschen werden wissen, daß ich John Workmann bin.«
»Junge, Junge!«
»Ja, Mutter, paß auf. Ich habe das Gefühl, daß ich das kann.
Meine größte Sorge war nur, wo ich dich unterbringe. Und das, glaube ich, wird durch meinen neuen Plan so gelingen, wie ich es mir nur wünschen kann.
Mit den fünfzig Dollar, die ich von Mister Bennett erhielt, werde ich mir eine Wohnung mieten und in der Wohnung wirst du dein behagliches Zimmer und deine Küche haben und du hast dich nur darum zu kümmern, daß Ordnung und Ruhe in der Wohnung herrscht.«
Die Frau schüttelte ihren Kopf, sie verstand ihren Sohn nicht mehr.
»Was soll ich denn mit einer großen Wohnung! Und warum soll ich darin nur ein Zimmer bewohnen? Und wer soll denn die Miete für den zweiten Monat bezahlen? Die fünfzig Dollar von Mister Bennett reichen nicht weit.«
Da lachte John Workmann wieder sein zuversichtliches Lachen.
»Mutti, fünfzig Dollar für eine geschickte Sache angelegt, können ein Vermögen bedeuten. Und, glaube mir, was ich vorhabe mit den fünfzig Dollar, das wird für dich eine Existenz für das ganze Leben. Und für Hunderte meiner Kameraden ein großer Segen.«
Immer verwunderter wurde die Mutter. »Für deine Kameraden? – – Ja, was haben denn die Zeitungsjungen, deine Kameraden, mit den fünfzig Dollar und der Wohnung und meiner Existenz zu tun?«
»Das wirst du schon sehen, Mutter. Morgen abend bereits werde ich dir alles mitteilen können, was ich unternommen habe. Und du wirst sehen, daß ich mich nicht getäuscht habe, daß mir mein inneres Gefühl den richtigen Weg gezeigt hat. Der Plan ist gut, den ich vorhabe.«
Vergebens bemühte sich die Mutter, mit John an diesem Abend noch ein weiteres Gespräch über seinen seltsamen Plan zu führen. – –
Er hatte Papier, Tinte und Feder vorgenommen, und seine Mutter sah nur, daß er allerlei Berechnungen aufstellte. Als sie zu Bett ging, saß er noch immer da und rechnete.
Sie wagte es nicht, wie es sonst ihre Art war, ihm gute Nacht zu sagen. Und er achtete auch nicht darauf, daß seine Mutter kopfschüttelnd und mit traurigem Gesicht das Zimmer verließ.
Am nächsten Morgen beeilte sich John Workmann, seine Zeitungen möglichst schnell loszuwerden. Danach begab er sich auf die East-Seite von New York und blieb vor jedem Hause stehen, an dem ein Mietzettel zu sehen war.
Ab und zu betrat er ein Haus und sah die Wohnungen an, aber immer wieder hatte er diese oder jene Bedenken. Endlich, es war bereits gegen Mittag, fand er ein kleines einstöckiges Haus mit sechs Zimmern, das in der Nähe des Hafens lag und dessen Besitzer vor kurzem gestorben war. Es gelang ihm, mit dem Verwalter des Hauses über den Mietpreis einig zu werden. Und da nach amerikanischem Gesetz der Dollar der bindende Mietvertrag ist, so bezahlte er dem Verwalter für einen Monat die Miete
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