John Workmann - Vom Zeitungsjungen zum Millionär
Leinwand. Die Stangen und die Seile ächzten. Immer schneller ging die Fahrt. In dieser fast endlosen Ebene war es schwer möglich, die Geschwindigkeit zu schätzen. Sie sahen nur das weite Feld, dessen dürres Gras halbmannshoch wie in Wellen um sie auf und nieder wogte, und freuten sich, wie schnell ihr eigenartiger Segler vorwärts kam.
Für eine Stunde Fahrt hörten sie nichts weiter als das knarrende, metallisch klingende Rollen der Räder auf dem Schienenstrang und das stoßweise Einsetzen des Windes, der sich jetzt zum Sturme steigerte. Besorgt blickte Fred Harryson zum Himmel empor, dessen Farbe sich geändert hatte.
Sollte es ein Gewitter geben? – Irgendwelche Wolken waren nicht zu sehen. Aber der bis jetzt stahlblaue Augusthimmel zeigte eine graue Färbung und vor ihnen am Horizont merkwürdige schwarze Flecken. Die flogen bald niedriger, bald höher, und John Workmann verglich sie mit zerfetzten Rauchgebilden, die, aus Fabrikschornsteinen kommend, vom Sturm zerrissen werden. Fred Harryson sah gespannt auf die seltsame Fleckenbildung, drehte sich jetzt zu John Workmann und rief:
»He, Jonny, was hältst du von dem Aussehen des Himmels da vor uns. Die Sache gefällt mir nicht.«
»Ich beobachte es auch. Was mögen das für seltsame Wolken sein?«
»Ich weiß nicht, Jonny. Es sieht aus wie ein Präriebrand. Da der Sturm uns darauf zutreibt, können wir nichts von irgend einem Brandgeruch merken. Es würde mir erklären, warum die Telefonleitung unterbrochen war.«
»Meinst du wirklich, Fred, daß die Prärie vor uns brennt?«
Der erwiderte nichts, sondern blickte fieberhaft gespannt dorthin, wo der Schienenstrang den Horizont berührte. Einmal drehte er sich um:
»Jonny, wir hätten bei Mr. Arndt sitzenbleiben sollen. Erstens waren die Stühle auf jeden Fall weicher als dies Eichenbrett, und zweitens ist mir die Prärie vor uns nicht mehr geheuer.«
Wieder vergingen schweigsame Viertelstunden, während der Sturm immer mehr und mehr anwuchs. Endlich sagte John Workmann:
»Wenn da vorne Feuer ist, was kann uns geschehen?« »Der Sturm wird uns in die Flammen jagen.«
»Wait a bit! Da hat der Sturm vor allen Dingen erst bei uns anzufragen. Ich brauche nur die Leinwand hinter uns fortzuschneiden, und unser Wagen kommt zum Stillstand. Aber was dann?«
Fred Harryson sah sehr nachdenklich aus:
»Ja was dann – wenn wir stehenbleiben, sind wir nicht aus der Gefahr. Wenn da wirklich Feuer in der Prärie ist, dann breitet es sich nach zwei Seiten aus.«
»Inwiefern nach zwei Seiten, Fred?«
»Du kennst keinen Präriebrand – auf der einen Seite läuft der Brand im Grasfeld rasend schnell vor dem Winde. Auf der anderen Seite arbeitet er sich langsam gegen den Wind vor. Aber wir würden trotzdem nicht so schnell aus der Prärie herauskommen, um dem Brande zu entgehen!« Wieder folgten Minuten des Schweigens.
John Workmann sann hin und her. Plötzlich fiel ihm etwas ein.
»Ich denke, Fred, wir fahren weiter!«
»Das ist eine Tollheit, Jonny.«
»Ich glaube nicht, Fred.«
»Aber wir fahren ja direkt in die Flammen hinein. Schneide die Leinwand herunter!«
Fred Harryson erhob sich halb von seinem Sitz, um John Workmann bei einem Einreißen des Segels zu helfen.
Auf den Flügeln des Sturmes jagte die bergab gehende Fahrt. Das Maschinenöl und Petroleum, das John Workmann in die trockenen Lager der vier leichten Räder gespritzt hatte, tat seine Schuldigkeit. Die Segelfläche von etwa vier Quadratmetern hatte das Fahrzeug von kaum zwei Zentnern im Gewicht vorwärts zu treiben. Längst hatte das Fahrzeug mäßige Eisenbahngeschwindigkeit erreicht. Mit mindestens 50 km Stundengeschwindigkeit jagte es vorwärts und jetzt, als sich Fred Harryson erhob, verdichtete sich der Himmel vor ihnen zu dunkler Farbe.
Deutlich konnte John Workmann schwere Rauchwolken sehen, die vom Sturm gepackt in wilder Jagd dahinstoben. Wohl nur noch eine Viertelmeile waren sie entfernt. Mit angstvoll aufgerissenen Augen blickte Fred Harryson auf den roten Saum, der wie ein blutiges Band sich über den Horizont legte, ein schauerliches Band von zwei Meter hohen Flammen. Und jetzt, in der Angst um sein Leben, aus Furcht vor dem Feuerstrudel des Todes, schrie Fred Harryson noch einmal mit gellender Stimme:
»Reiß das Segel ein, Jonny!«
Aber John Workmann saß mit kaltblütigem Gesicht, in den Augen Energie. Er schrie:
»Nein, Fred! Duck dich nieder! Zieh die Jacke über den Kopf! Wir werden hindurchjagen.«
Mit rasendem
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