JoJo Und Ich
schon zu spät. Da ich aber derjenige war, der am meisten mit JoJo zu tun hatte und immer mit den Leuten sprach, die ihn regelmäßig sahen, war ich dann an den Tagen, an denen wieder einmal eine Filmcrew eintraf, zur Stelle und konnte noch versuchen, den Eingriff in JoJos Privatsphäre zu unterbinden.
Ich arbeitete am Entwurf einer Filmerlaubnis-Richtlinie, die dem Schutz wild lebender Tiere dienen sollte, und bat das Ministerium in diesem Zusammenhang, mich bei der Abwehr der ständigen kommerziellen Übergriffe auf JoJo zu unterstützen.
Ich war erleichtert, als der Minister versprach, unangekün digte Filmteams künftig zurückzuweisen. Um dem Verantwor tungsgefühl für meinen Freund ein wenig auf die Sprünge zu helfen, verfasste ich eine Ankündigung, die in der Lokalzeitung erschien und außerdem verteilt wurde. Die Lizenzbehörde, die Handelskammer, der Hotelverband, der Touristenverband und das Naturschutzministerium erhielten ein handgezeich netes Exemplar des Schreibens. Es enthielt unter anderem folgenden wichtigen Absatz:
Das Ministerium für Naturschutz beabsichtigt, dafür zu sor gen, dass JoJo vor allen für ihn nachteiligen Vermarktungs absichten bewahrt bleibt und auch vor den Folgen des zunehmenden Tourismus geschützt wird, sofern sein ungestörtes Leben, sein Wohlergehen und seine Sicherheit als wilder Delfin dadurch gefährdet werden. JoJo wird weiterhin die Symbolfigur des Tier- und Naturschutzes in unserem Land bleiben. Die Regierung bemüht sich derzeit, JoJos Schutz gesetzlich zu verankern und Richtlinien zu erarbeiten, nach denen seine Unantastbarkeit als nationales Kulturgut der Turks- und Caicosinseln immer gewahrt bleibt.
Alle Filmleute mussten jetzt erst einmal Genehmigungen einholen und sich den Vorgaben des Ministeriums beugen. Konnten sie keine Dreherlaubnis vorweisen, wurden sie sofort unterbrochen. Ich war 1989 zum Nationalparkwärter ernannt worden, insbesondere für JoJos Schutz, und jetzt wurde es Zeit, die mir verliehene Autorität noch besser zu nutzen.
Die Dreherlaubnis setzte voraus, dass ich die Teams begleitete, um sicherzustellen, dass niemand JoJo belästigte oder ihm auf irgendeine Art schadete. Seine Futterplätze und Ruhezonen durften während JoJos Jagd- und Ruhezeiten nicht befahren werden, und wenn er krank oder unwohl war oder kein Interesse hatte, durfte niemand ihn bedrängen. Schwamm er aus eigenem Entschluss weg, während er gefilmt wurde, durfte man ihm nicht nachspüren oder nachjagen und auch nicht versuchen, ihn irgendwie anzulocken. Jegliche Interaktion musste von ihm ausgehen. Außerdem schrieb die Genehmigung vor, dass das Filmvorhaben ein legitimes sein musste, das JoJo in keiner Weise beschädigte oder falsch darstellte. Alle Versuche dieser Art würden als Ausbeutung betrachtet und waren untersagt.
Alle Teams mussten sich darüber hinaus verpflichten, das Filmmaterial anschließend so aufzubereiten, dass die Abmachungen nicht nachträglich noch verletzt wurden. Das ließ sich natürlich schwer überprüfen, und letztlich konnten die Produzenten des Films doch machen, was sie wollten. Sie waren im Grunde nur durch ein Versprechen gebunden, und man musste auf ihren Anstand hoffen. Es erschien mir aber ausreichend. JoJo wusste natürlich nichts von dem Ganzen, aber ich versprach mir von diesen Leitlinien, dass er wenigstens nicht wie ein Zirkustier oder eine dressierte Touristenattraktion vorgeführt wurde.
Es war ein weiterer kleiner Sieg im langen Feldzug zum Schutz des Delfins.
Natürlich hatten Filme auch ihr Gutes. JoJo wurde immer bekannter und in aller Welt beliebter, und ich suchte den Austausch darüber, wie die Ziele des Projekts noch deutlicher herauszuarbeiten waren und wie man unsere Regierung gezielt über Planungen in anderen Ländern informieren konnte. Also beschloss ich, die Einladung zu einer Konferenz anzunehmen, die in Australien stattfinden sollte.
Kurz vor meinem Abflug aus Providenciales entzündete sich eine von JoJos neueren Verletzungen wieder, und ich über legte, ob ich nicht lieber dableiben sollte. Aber meine Freude unter den Bootsleuten und natürlich David und Leslie versicherten mir, sie würden JoJo im Auge behalten. Sollten ernstere Probleme auftreten, müsste ich eben zurückfliegen.
David rief mich dann tatsächlich in Australien an und sagte, JoJo habe seine regelmäßigen Besuche eingestellt und sei nicht mehr zu sehen.
Hatte er sich irgendwo auf ein »Krankenlager« zurückgezogen? Ich machte mir
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