JoJo Und Ich
hatten das Gefühl, dass JoJo uns etwas zeigen wollte, denn er blickte ständig zum tiefen Wasser hin und sah dann wieder uns an. JoJo wird langsamer, damit wir herankommen können, dann taucht er ab. Wir folgen ihm bis auf eine Tiefe von zehn Metern, dann erkennen wir den weißen Fleck auf der Flosse des Wals. JoJo nähert sich ihm von unten, dann steigen sie beide zusammen auf. Der Wal war jetzt still und stieg mit dem Bauch nach oben immer höher, bis er die Oberfläche erreichte und mächtig ausblies. Uns beeindruckte vor allem die unglaubliche Ruhe, mit der das alles geschah.
Während eines unserer gemeinsamen Schwimmausflüge war JoJo plötzlich verschwunden. Zunächst fürchtete ich, dass sich in der Tiefe womöglich ein Hai anzuschleichen versuchte, doch als ich dann Wallaute aus der Ferne hörte, beruhigte ich mich wieder.
Und dann tauchte JoJo mit einem kleinen Buckelwalkalb auf, das er gemächlich auf mich zu trieb. Das Tier war noch sehr jung, nicht einmal ein Jahr alt, und für einen ausgewachsenen Delfin wie JoJo leicht zu dirigieren. Mich überraschte nur, dass die Mutter nicht dabei war. Das würde sicher eine denkwürdige Begegnung werden, jedenfalls war ich noch nie mit einem Walkalb geschwommen.
Es kam, wie es kommen musste. Gleich hinter JoJo tauchte Mama Wal auf, fast zwanzig Meter lang. Da hatte ich nun JoJo, das Walkalb und die Mutter vor mir, an Ausweichen war nicht zu denken.
Wieder einmal hatte mich JoJo ganz schön in die Bredouille gebracht.
Er schien es darauf anzulegen, mir das Walkalb zu bringen, wie er es auch mit Schildkröten und Haien tat. Ich konnte nicht weg, und die Sache kam mir sehr bedenklich vor. Gegen die Mutter kam ich mir wie ein Staubkörnchen vor.
Ich konnte nur hoffen, dass sie mich auch als solches betrachten und einfach an mir vorbeischwimmen würde. Aber nun hielten sie alle gemeinsam auf mich zu, und das wirkte irgendwie verdächtig gezielt.
JoJo begann Kreise um mich und das Walkalb zu ziehen, die immer enger wurden, bis das Jungtier schließlich nur noch Zentimeter von mir entfernt war. Wann immer das Kleine abzutau chen versuchte, hielt JoJo von unten dagegen und versperrte ihm den Weg. Die Mutter kam so nah heran, dass sie mit jeder Bewegung ihrer gigantischen Flossen einen für ihre Bedürfnisse ausreichend engen Kreis um ihr Kind ziehen konnte.
Es entstand ein regelrechter Strudel. Der gewaltige Leib der Mutter glitt kaum eine Armlänge entfernt an mir vorbei, und JoJo drängte den kleinen Wal immer wieder nach oben, wenn er mehr als drei bis fünf Meter unter die Oberfläche abzutauchen versuchte. Er mochte ihn einfach noch nicht in die Tiefe entlassen.
Die großen Flossen der Buckelwale sind oben grau und an der Unterseite weiß, ich sah das Weiß bei jeder Flossenbewegung der Mutter aufblitzen, wenn sie dicht unter mir vorbeizog. Bei Grau wusste ich, dass sie tiefer ging, Weiß war ein Zeichen dafür, dass sie aufstieg. Ihr tonnenschwerer Körper spannte sich zu einem Bogen, und dann kam sie von unten direkt auf mich zu.
Die von ihren Bewegungen gebildeten Wasserwirbel warfen mich nur so hin und her. Wenn sie kehrtmachte und diese unglaublich große Schwanzflosse bewegte, entstand ein Strudel, der mich drei und mehr Meter unter Wasser zog. Und sobald sie steil abtauchte, wohl in der Hoffnung, das Kalb werde ihr folgen, zog mich der Sog schier endlos in die Tiefe.
Dabei musste ich lange den Atem anhalten. Wollte sie nur meine Wassertauglichkeit prüfen oder ging es ihr darum, sich zu vergewissern, dass ich mich nicht an ihrem Kalb vergreifen würde? Wieder krümmte sich ihr riesiger Leib. Sie beschrieb einen Bogen und kam auf mich zu, betrachtete mich sehr genau – aus wenigen Metern Entfernung.
Dann hielt sie an, wie um ihr Einverständnis zu geben, und das Kalb hielt ebenfalls still. Das Einverständnis erstreckte sich offenbar auch auf JoJo, denn plötzlich waren alle drei ganz ruhig. Dann ging die Mutter langsam ein Stück tiefer und ließ ihr Kind bei JoJo und mir. Ich hätte mit der Hand nach ihm greifen können.
Hohe Pfeiftöne und andere Laute gingen hin und her. Die Mutter fand es offenbar unbedenklich, das Kalb bei JoJo und mir zu lassen. Sie wartete unter uns und sah uns zu.
Ich konnte es kaum glauben. Normalerweise überlassen Mütter ihre Kinder doch keinen wildfremden Leuten!
JoJo und das Walkalb begannen, Pfiffe und hohl tönende Laute auszutauschen. Bei dem kleinen Wal klang es dumpf und tief, als würde jemand Luft über
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