JoJo Und Ich
einen Flaschenhals blasen. Dann war auch die Mutter zu hören, und bald näherte sich noch ein großer männlicher Wal, der sich mit dem Kopf nach unten in Stellung brachte und zu singen begann. Der riesige Schwanz hielt ihn in dieser Lage, und dann brachte er einen tiefen, dröhnenden Laut hervor. JoJo und das Kalb blieben neben mir, während das Wasser weiterhin diese tief tönenden Schwingungen herantrug, die den ganzen Körper zu durchdringen schienen.
Die Mutter ließ einen gewaltigen Blasenring ab, der langsam aufstieg und bis zur Oberfläche zusammenhielt. JoJo antwortete mit einem kräftigen Pusten seiner eigenen Blasen. Und ich schwamm in all dem herum, das Walkalb immer neugierig hinter mir her.
Dann das Unglaublichste überhaupt. Die Mutter wandte zwei Meter unter uns den Bauch nach oben. Ich sah die helle Unterseite ihrer Brustflossen, während sie langsam aufstieg. Dann breitete sie die Flossen aus, um ihre Aufwärtsbewegung zu bremsen, und ich spürte ihren riesenhaften Leib direkt unter mir. Sie kam ganz an die Oberfläche, und das ablaufende Wasser spülte mich zur Seite, aber ich war ihr so nah, dass ich jede kleine Hautfalte sehen konnte. Ihre breiten Flossen bedeckten JoJo, den es nach rechts gespült hatte, und das Kalb, das jetzt auf ihrer anderen Körperseite war. Anscheinend fühlte sie sich doch wohler, wenn sie zwischen uns und ihrem Kleinen war.
Sie rollte sich auf den Bauch, um zu atmen, und tauchte dann unter uns, nur Zentimeter von JoJo, dem Kalb und mir entfernt. Bis auf die weichen, hallenden Melodien der Wale und JoJos charakteristische Antworten war alles ganz still. Zu viert schwebten wir reglos im Wasser, und unter uns sang der männliche Wal.
So ruhig blieb es eine ganze Weile. Ich suchte immer wieder Blickkontakt und saugte die Schönheit, die Herrlichkeit dieser so friedvollen Wesen förmlich in mich ein. Das Kleine ruhte sich neben JoJo und mir aus und wachte nur gelegentlich kurz auf, um Luft zu holen. Nach der Ruhepause tauchte die Mutter wieder auf und das Kalb stupste nach ihren Milchdrüsen.
»Stillzeit im trauten Familienkreis!«, sagte ich zu JoJo. »Du bist ja früh von deiner Mutter getrennt worden. Falls du es also vergessen haben solltest: Jetzt weißt du wieder, wie es geht.«
Erst nach und nach wurde mir klar, was ich da erlebt hatte. Es war ein seltener, kostbarer Augenblick in der Kinderstube der Wale, der mich mit geradezu überirdischer Freude erfüllte. Aber ich hatte den majestätischen Walen, den größten Lebewesen der Meere, nur begegnen können, weil ich von JoJo gelernt hatte, vollkommen ruhig und empfänglich zu sein.
* * *
Mein bislang intensivstes Erlebnis hatte ich an jenem Tag, an dem JoJo und ich in der Tiefe tauchten. Wenn ich tieftauchen wollte, schwammen JoJo und ich in der Regel zu meinem Freund Kapitän Nick raus, dessen Tauchboot meistens eineinhalb bis zwei Kilometer vor der Küste lag. War ich dann nach dem Tauchen zu müde für den weiten Heimweg, ließ ich mich von Nick zurückfahren und traf JoJo am Strand wieder. Dieses Boot war auch meine Lebensversicherung für den Fall, dass ablandige Strömungen oder Winde den Rückweg allzu anstrengend machten.
Es war der perfekte Tag für einen langen Schwimm-Rundkurs, kaum ein Windchen rührte sich, und die weißen Wolkenbäusche am Himmel verhießen nur Gutes. Auch das aquamarinblaue Wasser schien klarer als sonst, ich hatte wunderbare Sicht bis auf den Meeresboden dreißig Meter tiefer. Der Weg zur »Turquoise« hinaus war mühelos wie ein Strandspaziergang, und so kamen JoJo und ich auf die Idee, ein bisschen tauchen zu gehen und uns zu den anderen Sportsfreunden zu gesellen, die sich mit ihren Geräten schon in zehn bis fünfzehn Metern Tiefe tummelten.
Das Freitauchen liebt JoJo ganz besonders. Er weicht nie von meiner Seite, wenn ich abtauche, um mich bei den Korallen umzusehen. An diesem Morgen hatte JoJo ein paar Korallengebilde ins Auge gefasst, die er gern von Nahem betrachten wollte, und fing an zu glucksen. Das bedeutet eigentlich, dass er Kontakt aufnehmen möchte. So weit draußen war es allerdings ungewöhnlich, und ich streckte versuchsweise die Hand aus, um zu sehen, ob er das Abschleppsignal aufgreifen würde.
Er tat es sofort und ganz begierig, nahm mich bei der Hand und brachte mich zu einem besonders üppigen Korallengewächs. Mich begeistert diese Art zu reisen, weil ich die Luft viel länger anhalten kann, wenn ich nicht aktiv in die Tiefe schwimmen muss.
Als ich
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