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JoJo Und Ich

JoJo Und Ich

Titel: JoJo Und Ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Bernal
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was wir noch unternehmen konnten, aber da ließ der Delfin plötzlich von der Tauchschülerin ab und schwamm ins tiefere Wasser zurück. Endlich konnten wir der völlig verstörten Frau auf die Beine helfen. Zum Glück schien sie wenigstens nicht verletzt zu sein.
    »Für riesige Menschenfresserfische habe ich nicht bezahlt, ist das klar?«, sagte sie und drohte mit dem Finger, um allen am Strand Versammelten ihren Ärger deutlich zu machen, unter anderem auch ihrem Mann, der ebenfalls herbeigeeilt war. »Wem gehört dieser Killerdelfin überhaupt?« Sie war richtig wütend und deutete auf mich. »Sie. Sie werden von meinem Anwalt hören!«
    »Er ist ein wild lebendes Tier und gehört überhaupt niemandem«, konnte ich gerade noch einwenden, dann musste ich schnell los, um den anderen beiden Tauchanfängern zu helfen. Ich musste sie aus der Wellenzone holen, wo noch zwei weitere Trainingsgruppen beschäftigt waren. Der Delfin war jetzt bei ihnen, er tauchte auf und ab und umrundete sie so schnell, dass er mit der Schwanzflosse den Boden aufwühlte und das Wasser milchig-trüb machte. Man konnte kaum mehr etwas erkennen. Einer nach dem anderen tauchten Schüler und Lehrer auf und schwammen an Land. Eventuell würde ich jetzt Erste Hilfe leisten müssen. Jedenfalls untersuchte ich die Leute, die da an den Strand getaumelt kamen, sehr genau auf etwaige Bisswunden.
    Man kann bei solchen Begegnungen mit mehr oder weniger langen und tiefen Kratzern rechnen, allerdings gehen sie selten so tief, dass es blutet, und bei wild lebenden Delfinen hört man so etwas eigentlich so gut wie nie. Den Tieren steht einfach nicht der Sinn danach, nicht einmal, wenn sie sich angegriffen fühlen.
    Ich untersuchte also alle Tauchschüler auf Kratzspuren, fand aber keine. Ein »aggressiver« Delfin, der nicht beißt? Als schließlich auch der letzte der ziemlich erschütterten Tauchschüler am Strand war und alle erfuhren, dass sie eben einem wilden Delfin begegnet waren, ging ein Ruck durch die Menge. Plötzlich hoben sich die Finger, Hände wurden über die Augen gehalten, Körper beugten sich vor. Ein wilder Delfin! Ein aufgeregtes Murmeln erhob sich, und auf den eben noch angstverzerrten Gesichtern machte sich staunende Bewunderung breit.
    »Ein wilder Delfin, hier?«, sagte eine Frau wie zu sich selbst. »Wow.«
    »Den muss ich aus der Nähe sehen«, meinte ein junger Amerikaner. »Wie cool ist das denn?«
    Einige der Umstehenden, die geholfen hatten, die Taucher an Land zu holen, griffen jetzt selbst zu ihren Masken und Flossen, und auf einmal wollten alle mit dem Delfin schwimmen. Der aber war in den von ihm aufgewirbelten Sandschwaden verschwunden wie ein Zauberer in einer Rauchwolke.
    Mittags saßen wir wieder zusammen an unserem üblichen Tisch und sprachen über das verrückte Durcheinander dieses Vormittags.
    »Der jagt einem ja richtig Angst ein, dieser Delfin«, fand Lisa und fuhr sich mit den Händen durch das noch feuchte Haar.
    »Oui«, bestätigte François. »Nicht einmal unser Herkules-Daniel konnte es mit ihm aufnehmen.«
    »Jedenfalls kann jeder Tourist, der sich für einen ganz besonderen Tauchcrack hält, beim Zusammenstoß mit diesem Delfin herausfinden, was er wirklich drauf hat«, warf ich ein.
    »Ganz bestimmt hilft er einem, Männer von Mädchen zu unterscheiden«, ergänzte Daniel.
    »Hör mal!«, fauchte Lisa. »Ein Mädchen hat sich bei der Sache genauso gut geschlagen wie du. Kneifen gibt’s bei mir nicht.«
    Daniel beschwichtigte: »Wissen wir doch, Lisa, dass du Mumm hast.«
    So entstand unter munterem Gelächter unser delfingestütztes Tauchtauglichkeitserkennungssystem, kurz TTES. Die Abkürzung benutzten wir von da an für Taucher, die auf unerschütterliche Ruhe machten, bis sie auf den schwimmenden Übeltäter trafen. Zuzusehen, wie hastig diese aufgeblasenen Typen dann plötzlich wurden, war uns immer ein ganz besonderes Vergnügen. Wie die Herren der sieben Meere gingen sie zu Wasser, um dann wie die kleinen Strandläufer am Wellensaum den Rückzug anzutreten, sobald der Haidelfin sie zu umrunden begann.
    Ich ließ die Ereignisse noch einmal an mir vorüberziehen. In der ganzen Aufregung hatte ich es mir nicht nehmen lassen, den Delfin zu beobachten. In engen Kreisen umschwamm er die Tauchgruppen mit solchem Tempo, dass die Sicht unter Wasser praktisch null und Tauchunterricht unmöglich war. An irgendetwas anderes schien er, zumindest an diesem Tag, nicht interessiert zu sein. Niemand wurde von ihm

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