JoJo Und Ich
als JoJos Geschichte.
Im Rahmen ihres Klassenprojekts hatten die Schüler eine Pinnwand aufgehängt, an der sich auch meine Berichte und die Fotos von JoJo befanden. Das empfand ich als große Ehre. Und genau wie daheim auf der Insel hatten auch diese Kinder JoJo bereits zu ihrem Maskottchen erkoren.
Meine Präsentation fand großen Anklang, und im Anschluss erkundigten sich die Schüler sehr engagiert nach JoJos Lebensraum und seinen Verhaltensweisen. Die Themen, die sie ansprachen, waren zum Teil grundlegender Natur, es gab aber auch recht anspruchsvolle darunter. Da den Kindern keine Kenntnisse über antrainiertes Delfinverhalten im Weg standen, stellten sie in ungebremster Wissbegier sehr kreative Fragen – Fragen, die wohl so mancher Delfintrainer auch stellen würde, hätte er es nicht sein Leben lang mit gefangenen Delfinen zu tun gehabt.
Die Kinder erkundigten sich etwa: »Was tut JoJo den ganzen Tag? Wo schläft er? Wie schläft er? Was isst er? Spielt er mit anderen Delfinen?« Das waren alles sehr naheliegende Fragen, die aber von den Profis nicht gestellt werden.
Manche davon konnte sogar ich nicht oder nicht erschöpfend beantworten. »Wie weit schwimmt er an einem Tag? Wohin geht er, wenn er krank ist? Wie kann er Beute machen, ohne dass ihm andere Delfine dabei helfen?«
Ich war so beeindruckt von diesem Forschergeist, dass ich die Fragen der Kinder zum Ausgangspunkt für meine Stoffsammlung zum Delfinverhalten machte.
Ah, Kindermund , dachte ich, als ich all die Ideen in meinem Notizbuch festhielt und über die Weisheit der Unschuld nachdachte.
Während meiner Informationsreise für das JoJo-Projekt bin ich nicht nur den Fachleuten des Delfingeschäfts begegnet, sondern auch Kämpfern für die Rechte der Tiere, die sich für die Freilassung aller gefangenen Delfine einsetzen. Und beide Seiten bekundeten Interesse am JoJo-Projekt, einfach weil JoJo als wilder Delfin etwas so Einmaliges war.
Ich habe auch Ric kennengelernt, den Trainer der Titelfigur aus der Fernsehserie »Flipper«. Er ist inzwischen Tierrechtsaktivist und bekämpft »das milliardenschwere Geschäft mit gefangenen Delfinen«, wie er selbst es nennt. Sein Ziel ist es, alle Delfine wieder auszuwildern. Sollte sich zeigen, so seine Überlegung, dass sich Delfine auch nach Jahren in Gefangenschaft wieder in der freien Wildbahn zurechtfinden, dann sollten sie dort wieder freigelassen werden, wo sie eingefangen wurden. Ric bezeichnete JoJo als den einzigen ihm bekannten Fall, in dem sich ein wilder Delfin aus freien Stücken auf Menschen einlässt. Die Beziehung zwischen JoJo und mir betrachtete er als »perfektes Studienobjekt«, nur müsse ich JoJo unbedingt vom Kommerz der Delfinindustrie fernhalten.
Wie richtig er damit lag, sollte die Zukunft zeigen.
Als ich wieder nach Hause kam, zeichneten sich gerade neue Entwicklungen ab, gegen die ich dringend etwas unternehmen musste. Jemand steckte mir die Kopie eines vertraulichen Schreibens zu, in dem sich ein Regierungsvertreter an eine Privatfirma wandte und darum ersuchte, alles in die Wege zu leiten, damit JoJo eingefangen und einem Delfintraining unterzogen werden konnte. Sie wollten JoJo aus seinem angestammten Lebensraum nehmen und zum Schmusedelfin umschulen! Es hieß, JoJo werde womöglich auf die Bahamas verschickt oder sogar in Florida landen.
Wie konnte so ein Brief überhaupt zustande kommen und wer stand hinter dem Plan, JoJo aus dem Weg zu räumen? Was für Gründe gab es dafür? Wir mussten augenblicklich reagieren, bevor der in dem Brief erteilte Auftrag ausgeführt werden konnte. Ich wusste nicht im Einzelnen, für wann das Unternehmen geplant war und was womöglich schon alles in Bewegung gesetzt worden war. Ich wusste nicht einmal, in welcher Einrichtung JoJos Training stattfinden sollte, hatte also keinen konkreten Gegner. Wieder einmal blieb mir nichts anderes übrig, als möglichst viele Leute zu informieren und zu mobilisieren, um die Ausführung des Plans zu unterbinden.
Ich musste die öffentliche Meinung so beeinflussen, dass genügend Gegendruck entstand. Dabei musste ich jedoch äußerst vorsichtig vorgehen, denn solche Bemühungen wurden schnell als politisches Taktieren hingestellt, und damit wäre mir sicher nicht gedient. Im Übrigen schien mir aber, dass JoJo nicht gerade politischer Sprengstoff war und ich einfach möglichst viele hohe Entscheidungsträger informieren und ihnen klarmachen musste, wie wichtig es war, JoJo sein Leben in Freiheit zu
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