JoJo Und Ich
essen brauche ich was.«
David nickte und schlug Sandwichs im Café weiter vorn an der Straße vor. Ich setzte eine muntere Miene auf, und wir zogen los. Dann hockten wir in den Bambussesseln und sprachen die jüngsten Ereignisse durch, ein-, zweimal lachten wir sogar verhalten. Aber eigentlich war mir gar nicht zum Lachen zumute.
»JoJo muss ständig überwacht und behandelt werden, bis die Wunden geheilt sind«, sagte ich.
»Wir tun alles, was getan werden muss«, versuchte mich David zu beruhigen. »Ich bin da, das weißt du. Wir behalten ihn vom Strand aus im Auge und schwimmen jeden Tag mit ihm.«
Ich hoffte, dass die Bootsleute uns nicht im Stich lassen würden und weiterhin nach JoJo schauten, schließlich begleitete er sie oft ein Stück des Weges, wenn sie weiter hinausfuh ren. »Wir müssen dafür sorgen, dass möglichst viele Leute von JoJos Verletzungen wissen«, sagte ich.
Wenn alle an einem Strang zogen, konnte JoJo eigentlich rund um die Uhr beobachtet werden. Vielleicht waren weitere Verletzungen auf diese Art zu verhindern.
JoJo wurden die Behandlungen offenbar immer unangeneh mer. Besonders empfindlich war sein Auge, und wir mussten unbedingt verhindern, dass es sich infizierte. Nach ein paar Tagen bildete sich um den Schnitt weißliches Granulationsgewebe, das unter dem Lid hervortrat und später, als sich die Wunde geschlossen hatte, abfiel. Das ist der natürliche Verlauf des Heilungsprozesses, unterstützt durch die aufgetragenen Salben. JoJo rieb sich den Wundschorf immer wieder an Sandwällen oder anderen geeigneten Stellen ab. Das hatte er bei der Stachelinfektion auch so getan. Ich stelle mir dieses Abreiben offener oder heilender Wunden ziemlich schmerzhaft vor, aber es ist wohl ein Instinktverhalten, das die Heilung unterstützt.
Beim ersten Mal trugen Peggy und ich das Antibiotikum gemeinsam auf. Ich brachte JoJo in Position, veranlasste ihn, sich etwas auf die Seite zu legen, und hielt ihn in dieser Lage. Beim zweiten Mal, als Peggy wieder dabei war, wurde er leider zappelig und schwamm weg. Ich musste ihn also allein behandeln. Gegen das Auftragen der Salbe auf die Schürfwunde und die Einschnitte durch die Bootsschraube wehrte er sich nicht. Als es aber an sein Auge ging, zuckte er und riss den Kopf zur Seite. Danach hielt er sich ein paar Minuten abseits, bevor er zaghaft zurückkam.
Das Problem in dieser Lage bestand darin, dass JoJo überhaupt nur aufgrund seines Vertrauens zu mir behandelt werden konnte. So nahe wie mich hätte er andere nie an sich herangelassen. Sollte ich also einmal nicht mehr allein mit ihm zurechtkommen, würde man ihn irgendwie festhalten müssen – wie könnte ich ihn sonst behandeln? Oberflächliche Verletzungen überließ ich der Natur. Sollte JoJo jedoch einmal so krank oder verwundet sein, dass nur eine medizinische Behandlung sein Leben retten konnte, musste ich bei ihm sein oder sofort zurückfliegen, falls ich gerade auf Reisen war.
Der Gedanke, rund um die Uhr für ein Tier verfügbar zu sein, ist bestimmt nicht für jeden verlockend, für mich aber war es immer so, dass mir jeder erzwungene Kurswechsel neue Möglichkeiten erschloss. Ich stellte mein Ego hintan und fragte: »Welche Richtung soll mein Weg jetzt nehmen?«
Und die Antwort, die dann kam, hatte immer die gleiche vertraute Gestalt: die eines aufsteigenden Blasenrings, in dem sich ein kampfmüder Delfin spiegelt, der Gefährte in meiner Obhut.
Nicht dass es immer einfach gewesen wäre. Emily und ich hatten gehofft, dass unsere Fernbeziehung irgendwie funktionieren würde. Wir waren verliebt. Aber Monate vergingen ohne einen Besuch und dann Jahre, und unsere Beziehung verblasste wie eine Muschelschale, die zu lange in der Sonne gelegen hat.
Danach gab es wieder nur noch JoJo und mich.
David und ich hätten es bestimmt geschafft, seine Verletzungen so lange zu behandeln, bis sie abgeheilt waren, aber JoJos Vertrauen bekam doch wieder einen Knacks und die Beziehung musste neu aufgebaut werden. Leslie hielt sich bei den Behandlungen immer im Hintergrund, zu ihr blieb JoJos Verhältnis daher ungestört, David und ich aber mussten richtig hart am Wiederaufbau seines Vertrauens arbeiten. Diese Phase war schwierig und zog sich viel länger hin als bei früheren Verletzungen.
* * *
Der Briefverkehr mit dem britischen Königshaus und verschiedenen Ministerien führte schließlich dazu, dass JoJo in aller Form unter Schutz gestellt wurde. Ich wurde zu seinem persönlichen Wärter
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