Jonathan Strange & Mr. Norrell
Besonderes daran fanden, wenn vornehme Damen Schulen einzurichten wünschten, allein um ihm zu helfen.
»Sie kann sich glücklich schätzen, auf Sie gestoßen zu sein«, stellte Mr. Honeyfoot fest. »Denn wer ist besser geeignet, eine Schule für Zauberer zu führen? Niemand!«
»Und außerdem«, meinte Mrs. Honeyfoot, »was kann sie sonst mit alldem Geld anstellen? So kinderlos, die Ärmste!«
Mr. Honeyfoot war überzeugt, dass Mr. Segundus' Glück nun gemacht war. Sein hoffnungsvolles Gemüt gestattete ihm nicht, sich mit weniger zufrieden zu geben. Doch er hatte lange genug auf dieser Welt gelebt, um sich ein nüchternes Geschäftsgebaren anzugewöhnen, weshalb er zu Mr. Segundus sagte, dass sie Erkundigungen über Mrs. Lennox einholen würden, um herauszufinden, wer sie war und ob sie tatsächlich so reich war, wie sie wirkte.
Sie schrieben an einen Freund von Mr. Honeyfoot, der in Bath lebte. Zum Glück war Mrs. Lennox wohlbekannt als vornehme Dame, sogar in Bath, einer Stadt, die unter den Reichen und Wohlhabenden sehr beliebt ist. Sie stammte aus begüterten Verhältnissen und fand einen noch reicheren Ehemann. Dieser Ehemann starb jung, sie betrauerte seinen Tod nur flüchtig, denn er ließ sie mit der Freiheit zurück, ihren Tatendrang und ihre klugen Ideen voll und ganz zu verwirklichen. Sie hatte ihr Vermögen mittels vernünftiger Investitionen und umsichtiger Verwaltung ihrer Ländereien und Besitztümer vermehrt. Sie war berühmt für ihr klares, entschiedenes Wesen, ihre zahlreichen wohltätigen Aktivitäten und ihre warmherzige Freundschaft. Sie besaß in jedem Teil des Königreichs Häuser, lebte jedoch hauptsächlich mit Mrs. Blake in Bath.
Unterdessen hatte Mrs. Lennox ähnliche Nachforschungen über Mr. Segundus angestellt, und sie musste mit den erhaltenen Antworten zufrieden gewesen sein, denn sie lud ihn bald darauf nach Bath ein, wo man sich über jedes Detail der geplanten Schule einigte.
Die nächsten Monate vergingen mit Reparaturen und Umbauten in Starecross Hall. Das Dach war undicht, zwei Kamine waren verstopft und ein Teil der Küche war eingestürzt. Mr. Segundus stellte mit Schrecken fest, wie viel all das kosten würde. Er rechnete aus, dass er, falls er den zweiten Kamin nicht reinigen ließe, sich statt mit neuen Möbeln mit alten Bänken und Holzstühlen begnügte und die Anzahl der Dienstboten auf drei beschränkte, etwa sechzig Pfund sparen könnte. Nachdem er ihr diese Einsicht brieflich mitgeteilt hatte, erhielt er von Mrs. Lennox umgehend eine Antwort; sie teilte ihm mit, dass er nicht genügend Geld ausgebe. Seine Schüler würden aus vornehmen Familien stammen; sie würden warmes Feuer und Behaglichkeit erwarten. Sie riet ihm, einen Butler und einen französischen Koch einzustellen, und dazu neun Dienstboten. Er solle das Haus vollständig neu möblieren und den Keller mit guten französischen Weinen füllen. Das Besteck, so meinte sie, müsse aus Silber sein und das Geschirr von Wedgwood.
Anfang Dezember erhielt Mr. Segundus einen Gratulationsbrief von Jonathan Strange, der versprach, die Schule im kommenden Frühjahr zu besuchen. Doch trotz der guten Wünsche und Bemühungen allerseits konnte sich Mr. Segundus nicht des Gefühls erwehren, die Schule werde ihren Betrieb nie aufnehmen; irgendetwas würde geschehen und es verhindern. Er konnte machen, was er wollte, um diese Vorstellung zu unterdrücken, aber sie ging ihm ständig im Kopf herum.
Eines Morgens Mitte Dezember kam er nach Starecross Hall und traf dort einen Mann, der sich entspannt auf die Stufen gesetzt hatte. Obwohl er sicher war, dass er diesen Mann noch nie gesehen hatte, erkannte er ihn sofort: Er war das personifizierte Unglück, er war der Untergang von Mr. Segundus' Hoffnungen und Träumen. Der Mann trug einen schwarzen, altmodisch geschnittenen Rock, der so abgetragen und schäbig war wie der von Mr. Segundus, und an seinen Stiefeln hing Dreck. Mit seinen langen, verfilzten Haaren sah er aus wie der Vorbote des Untergangs in einem schlechten Theaterstück.
»Mr. Segundus, das können Sie nicht machen«, sagte er in breitem Yorkshire-Akzent.
»Verzeihung?«, sagte Mr. Segundus.
»Die Schule, Sir. Sie müssen die Idee mit der Schule aufgeben.«
»Was?«, rief Mr. Segundus aus und tat tapfer so, als wüsste er nicht, dass der Mann die unvermeidliche Wahrheit sprach.
»Sir«, setzte der dunkle Mann fort, »Sie kennen mich und Sie wissen, dass die Dinge sich so verhalten, wie ich behaupte,
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