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Jonathan Strange & Mr. Norrell

Jonathan Strange & Mr. Norrell

Titel: Jonathan Strange & Mr. Norrell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Clarke
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schockiert. »Zauberei ist der vornehmste Berufsstand der Welt – nun, vielleicht der zweitvornehmste, nach der Kirche. Man sollte sie nicht mit kommerziellen Praktiken beschmutzen. Nein, ich würde nur junge Männer aufnehmen, die auf private Empfehlung kommen.«
    »Dann muss man nur noch ein wenig Geld auftreiben und ein Haus finden. Nichts ist leichter. Doch Ihr Freund, Mr. Honeyfoot, über den Sie so wohlwollend sprechen, wird Ihnen, so vermute ich, das Geld leihen wollen. Er würde diese Ehre, so vermute ich, für sich beanspruchen.«
    »Oh nein! Mr. Honeyfoot hat drei Töchter – die entzückendsten Mädchen der Welt. Eine ist verheiratet, eine ist verlobt, und die dritte kann sich nicht entscheiden. Nein, Mr. Honeyfoot muss an seine Familie denken. Sein Geld ist festgelegt.«
    »Dann kann ich Ihnen meine Hoffnung ja guten Gewissens anvertrauen. Warum sollte ich Ihnen das Geld nicht leihen?«
    Mr. Segundus war völlig überrascht und einige Momente um eine Antwort verlegen. »Sie sind sehr freundlich, Madam!«, stammelte er schließlich.
    Mrs. Lennox lächelte. »Nein, Sir, das bin ich nicht. Wenn Zauberei so beliebt ist, wie Sie sagen – und ich werde in diesem Punkt natürlich die Meinung anderer Leute einholen –, dann, glaube ich, werden die Einkünfte recht ansehnlich sein.«
    »Aber meine Geschäftserfahrung ist kummervoll gering«, sagte Mr. Segundus. »Ich muss fürchten, einen Fehler zu machen und Ihr Geld zu verlieren. Nein, Sie sind sehr freundlich und ich danke Ihnen von ganzem Herzen, aber ich muss ablehnen.«
    »Nun, wenn Ihnen die Vorstellung, Geld zu leihen, nicht gefällt -ich weiß, das ist nicht jedermanns Sache –, dann lässt sich das leicht lösen. Die Schule wird mir gehören – nur mir. Ich werde die Kosten und das Risiko tragen. Sie werden der Direktor der Schule sein, und unsere Namen werden gemeinsam auf dem Prospekt erscheinen. Und kann man sich eine bessere Nutzung für dieses Haus vorstellen als eine Schule für Zauberer? Für ein Wohnhaus hat es zu viele Mängel, doch seine Vorteile für eine Schule sind beachtlich. Es liegt sehr isoliert. In der näheren Umgebung finden nur selten Jagden statt. Für die jungen Männer gäbe es kaum Möglichkeiten, sich dem Glücksspiel hinzugeben. Ihre Vergnügungen werden sehr beschränkt sein, also werden sie ganz in ihrem Studium aufgehen.«
    »Ich würde keine jungen Männer auswählen, die spielen!«, sagte Mr. Segundus einigermaßen entsetzt.
    Sie lächelte erneut. »Ich glaube, sie haben Ihren Freunden bisher nicht den geringsten Kummer bereitet – außer der Sorge, dass diese böse Welt jemanden, der so aufrichtig ist, jederzeit ausnutzen würde.«
    Nach dem Essen kehrte Mr. Segundus pflichtbewusst in die Bibliothek zurück, und am frühen Abend verabschiedete er sich von den beiden Damen. Sie trennten sich aufs Freundlichste, und Mrs. Lennox versprach, dass sie ihn bald nach Bath einladen werde.
    Auf dem Heimweg ermahnte er sich streng, sich in keiner Weise auf die wunderbaren Pläne für zukünftige Aufgaben und zukünftiges Glück zu verlassen, aber er konnte es sich nicht verkneifen, sich die Bilder in schönsten Farben auszumalen: den Unterricht und den außerordentlichen Erfolg der jungen Männer; Jonathan Stranges Besuch in der Schule; die Freude seiner Schüler, wenn sie erfuhren, dass ihr Direktor Freund und Vertrauter des berühmtesten Zauberers unserer Zeit war; Strange, der zu ihm sagte: »Alles ganz hervorragend, Segundus. Ich könnte nicht zufriedener sein. Gutgemacht!«
    Mitternacht war vorbei, als er nach Hause kam, und er musste sich stark beherrschen, um nicht sofort zu Mr. Honeyfoot zu laufen und ihm von den Neuigkeiten zu berichten. Doch seine und Mrs. Honeyfoots Begeisterungsstürme, als er am nächsten Morgen zu früher Stunde bei ihnen eintraf, sind kaum zu beschreiben. Sie waren so von Glück erfüllt, wie er es sich selbst kaum zugestanden hatte. Mrs. Honeyfoot, die noch immer etwas Schulmädchenhaftes an sich hatte, nahm ihren Mann bei den Händen und tanzte mit ihm um den Frühstückstisch; dies war ihre Art, ihre Gefühle auszudrücken. Dann nahm sie Mr. Segundus' Hände und tanzte mit ihm um den Tisch, und als beide Zauberer sich gegen weiteres Tanzen wehrten, tanzte sie allein weiter. Zu Mr. Segundus' (klitzekleinem) Bedauern waren Mr. und Mrs. Honeyfoot von der ganzen Angelegenheit nicht so überrascht , wie er es gern gehabt hätte; sie hatten eine solch hohe Meinung von ihm, dass sie nichts

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