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Jonathan Strange & Mr. Norrell

Jonathan Strange & Mr. Norrell

Titel: Jonathan Strange & Mr. Norrell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Clarke
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sosehr Sie und ich persönlich es auch bedauern mögen.«
    »Aber da irren Sie sich gewaltig«, sagte Mr. Segundus. »Ich kenne Sie nicht. Zumindest glaube ich nicht, dass ich Sie schon mal gesehen habe.«
    »Ich heiße John Childermass und bin Mr. Norrells Diener. Wir haben zuletzt vor neun Jahren miteinander gesprochen, vor der Kathedrale von York. Als Sie sich auf einige wenige Schüler beschränkten, Mr. Segundus, konnte ich noch ein Auge zudrücken. Ich habe nichts gesagt, und Mr. Norrell blieb in Unkenntnis Ihrer Taten. Doch eine regelrechte Schule für Zauberer, das ist etwas anderes. Sie waren zu ehrgeizig, Sir. Er weiß Bescheid, Mr. Segundus. Er weiß Bescheid, und es ist sein Wunsch, dass Sie die Unternehmung umgehend beenden.«
    »Aber was haben Mr. Norrell oder Mr. Norrells Wünsche mit mir zu tun? Ich habe den Vertrag nicht unterschrieben. Sie sollten wissen, dass ich mit diesem Vorhaben nicht allein dastehe. Ich habe jetzt Freunde.«
    »Das stimmt«, sagte Childermass ein wenig amüsiert. »Und Mrs. Lennox ist eine sehr reiche Frau und eine hervorragende Geschäftsfrau. Aber ist sie mit jedem Minister des Kabinetts befreundet, so wie Mr. Norrell? Verfügt sie über seinen Einfluss? Denken Sie an die Gelehrte Gilde der Zauberer, Mr. Segundus! Denken Sie daran, wie er sie zerstört hat.«
    Childermass wartete noch einen Augenblick und schlenderte schließlich, da die Unterhaltung augenscheinlich beendet war, in Richtung der Ställe davon.
    Fünf Minuten später erschien er wieder, diesmal auf einem großen braunen Pferd sitzend. Mr. Segundus stand, wie zuvor, mit verschränkten Armen da und starrte auf die Pflastersteine.
    Childermass blickte auf ihn herab. »Es tut mir Leid, dass es so endet, Sir. Dennoch ist sicherlich nicht alles verloren, oder? Das Haus ist für jede andere Art Schule genauso gut geeignet wie für eine Zauberschule. Wenn man mich so sieht, käme man nicht auf den Gedanken, aber ich unterhalte enge Verbindungen zu einer großen Anzahl wichtiger Leute. Lassen Sie sich eine andere Art von Schule einfallen, und wenn ich das nächste Mal höre, dass ein Lord oder eine Lady eine solche Einrichtung für den Nachwuchs sucht, werde ich sie zu Ihnen schicken.«
    »Ich möchte keine andere Art von Schule«, sagte Mr. Segundus verdrossen.
    Childermass lächelte sein schiefes Lächeln und ritt davon.
    Mr. Segundus reiste nach Bath und setzte seine Gönnerin von ihrer aussichtslosen Situation in Kenntnis. Sie war empört darüber, dass ein Herr, den sie nicht kannte, sich anmaßen wollte, ihr zu sagen, was sie zu tun und zu lassen hatte. Sie schrieb einen wütenden Brief an Mr. Norrell. Sie bekam keine Antwort, doch ihre Bankiers, Advokaten und Geschäftspartner empfingen plötzlich seltsame Briefe von wichtigen Leuten aus ihrem Bekanntenkreis, die sich indirekt über Mr. Segundus' Schule beschwerten. Einer der Bankiers – ein streitbarer und störrischer alter Mann – war so ungeschickt, in der Öffentlichkeit (in der Eingangshalle des Unterhauses) laut darüber nachzudenken, was eine Schule für Zauberer in Yorkshire mit ihm zu tun haben könnte. Das Ergebnis war, dass verschiedene Damen und Herren – Freunde Mr. Norrells – ihr Konto bei seiner Bank aufkündigten.
    Ein paar Tage später saß Mr. Segundus, den Kopf in die Hände gestützt, abends in Mrs. Honeyfoots Salon in York und klagte. »Es ist, als ob das Schicksal fest entschlossen ist, mich zu quälen. Es bietet mir wunderbare Aussichten, nur um sie dann wieder wegzuziehen.«
    Mrs. Honeyfoot umsorgte ihn voller Mitgefühl, tätschelte seine Schulter und überzog Mr. Norrell mit denselben Vorwürfen, mit denen sie sowohl Mr. Segundus als auch Mr. Honeyfoot in den letzten neun Jahren getröstet hatte: dass dieser Mr. Norrell nämlich ein ziemlich seltsamer Herr mit merkwürdigen Launen sei und sie ihn nie verstehen werde.
    »Warum schreiben Sie nicht Mr. Strange?«, sagte Mr. Honeyfoot plötzlich. »Er wird wissen, was zu tun ist.«
    Mr. Segundus blickte auf. »Oh! Ich weiß, dass Mr. Strange und Mr. Norrell sich getrennt haben, doch trotzdem wäre ich nicht gern der Anlass eines Streits zwischen den beiden.«
    »Unsinn!«, rief Mr. Honeyfoot. »Haben Sie nicht die letzten Ausgaben von Der Moderne Zauberer gelesen? Das ist genau das, was Strange braucht! Ein Prinzip der Norrel’schen Zauberei, das er offen angreifen und damit das ganze Gebäude zum Einsturz bringen kann. Glauben Sie mir, er wird Ihnen für die Chance dankbar sein.

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