Jonathan Strange & Mr. Norrell
aus Gras und Moos mit einem Werkzeug abtrug, wie man den Torf mit einem zweiten Werkzeug stach und wie man die Stücke mit einem dritten Werkzeug herausholte.
Stephen war harte körperliche Arbeit nicht gewohnt, daher geriet er bald außer Atem und spürte Schmerzen in jedem Körperteil. Zum Glück hatte er noch nicht weit gegraben, als er auf etwas stieß, was sehr viel härter war als der Torf.
»Ah!«, rief der Herr hochzufrieden. »Das ist die Mooreiche. Hervorragend! Nun stechen Sie um sie herum, Stephen.«
Das war leichter gesagt als getan. Selbst als Stephen genug Torf weggestochen hatte, um die Mooreiche freizulegen, war es immer noch sehr schwierig, festzustellen, was Eiche war und was Torf -beides war schwarz, nass und voller Schlick. Er grub weiter, und obwohl der Herr sagte, es sei ein Scheit, begann er langsam zu vermuten, dass es sich um einen ganzen Baum handelte.
»Können Sie sie nicht mit Zauberkraft herausholen, Sir?«, fragte er.
»Oh nein! Auf gar keinen Fall! Ich werde von diesem Holz eine große Menge benötigen, daher ist es unsere Pflicht, den Übergang aus dem Sumpf in die große Welt so einfach wie möglich zu gestalten. Also nehmen Sie diese Axt, Stephen, und schlagen Sie mir ein Stück heraus, das so lang ist, das es an mein Schlüsselbein reicht. Dann werden wir es mit dem Spieß und dem Oplegger herausstemmen!«
Sie brauchten weitere drei Stunden, um die Aufgabe zu erfüllen. Stephen hackte das Holz auf die von dem Herrn erwünschte Länge, doch ein Mann allein würde es nicht schaffen, das Teil aus dem Sumpf herauszumanövrieren, also war der Herr gezwungen, mit ihm in das stinkende Schlammloch hinabzusteigen; dann pressten, zogen und hievten sie es zusammen nach oben.
Als sie endlich fertig waren, ließ Stephen sich völlig erschöpft auf den Boden fallen, während der Herr dastand und voller Entzücken sein Stück Holz betrachtete.
»Nun«, sagte er, »das war sehr viel einfacher, als ich es mir vorgestellt hatte.«
Stephen befand sich plötzlich wieder im ersten Stock des Kaffeehauses Jerusalem. Er blickte an sich herunter und auf den Herrn. Ihre gute Kleidung war zerfetzt, und sie waren von Kopf bis Fuß mit Schlamm bespritzt.
Zum ersten Mal hatte er Gelegenheit, sich das Stück Mooreiche genau anzusehen. Es war schwarz wie die Sünde, extrem fein gemasert, und schwarzes Wasser sickerte aus ihm heraus.
»Wir müssen es trocknen, bevor man damit etwas anfangen kann«, sagte er.
»Oh nein!«, sagte der Herr mit einem strahlenden Lächeln. »Für meinen Zweck ist es so, wie es ist, sehr gut geeignet.«
KAPITEL 43
Das ausgefallene Abenteuer des Mr. Hyde
Dezember 1815
Eines Morgens in der ersten Dezemberwoche klopfte Jeremy an die Tür von Stranges Bibliothek in Ashfair House und sagte, Mr. Hyde bitte darum, sich ein paar Minuten mit ihm unterhalten zu dürfen.
Strange war von der Unterbrechung nicht sonderlich angetan. Seit er auf dem Lande war, hatte er Ruhe und Einsamkeit fast so sehr schätzen gelernt wie Mr. Norrell. »Nun gut«, murmelte er.
Nach der kleinen Weile, die er brauchte, um einen weiteren Absatz zu schreiben, drei oder vier Dinge in der Biographie über Valentine Greatrakes nachzuschlagen, das Papier abzulöschen, ein paar Schreibweisen zu korrigieren und erneut das Papier abzulöschen, begab er sich umgehend in den Salon.
Am Kamin saß ein Mann und starrte nachdenklich in die Flammen. Er war etwa fünfzig Jahre alt, machte einen lebhaften und tatkräftigen Eindruck und trug die schwere Kleidung und Stiefel eines Gutsbesitzers. Auf dem Tisch zu seiner Seite stand ein kleines Glas Wein und ein Teller mit Keksen. Jeremy hatte offensichtlich beschlossen, dass der Besucher lang genug allein dagesessen hatte und eine Erfrischung verdiente.
Mr. Hyde und Jonathan Strange waren ihr ganzes Leben lang Nachbarn gewesen, aber die deutlichen Unterschiede in Vermögen und Geschmack hatten dazu geführt, dass sie nie mehr als Bekannte wurden. Ja, dies war überhaupt das erste Treffen, seit Strange Zauberer geworden war.
Sie gaben einander die Hand.
»Ich vermute, Sir«, hob Mr. Hyde an, »Sie fragen sich, was mich bei einem solchen Wetter zu Ihnen bringt.«
»Wetter?«
»Ja, Sir. Es ist ziemlich scheußlich.«
Strange sah aus dem Fenster. Die hohen Berge, die Ashfair umgaben, lagen unter einer Schneedecke. Jeder Ast, jeder Zweig war schneebeladen. Selbst die Luft schien vor Frost und Nebel weiß zu sein.
»Tatsächlich. Das hatte ich nicht bemerkt. Ich habe das
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