Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jonathan Strange & Mr. Norrell

Jonathan Strange & Mr. Norrell

Titel: Jonathan Strange & Mr. Norrell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Clarke
Vom Netzwerk:
Haus seit Sonntag nicht mehr verlassen.«
    »Ihr Diener sagte mir, dass Sie sehr stark mit Ihren Forschungen beschäftigt sind. Ich bitte Sie für diese Unterbrechung um Verzeihung, aber ich habe Ihnen etwas Dringendes zu erzählen.«
    »Oh! Eine Erklärung ist nicht nötig. Und wie geht es Ihren...« Strange hielt inne und versuchte, sich zu entsinnen, ob Mr. Hyde eine Frau, Kinder, Brüder, Schwestern oder Freunde hatte. Er stellte fest, dass er nichts zu diesem Thema wusste. »... Geschäften?«, endete er. »Wenn ich mich recht erinnere, liegt Ihr Hof bei Aston.«
    »Er ist näher an Clunbury.«
    »Clunbury. Ja.«
    »Bei mir ist alles in Ordnung, Mr. Strange, außer einer etwas... beunruhigenden Begebenheit, die mir vor drei Tagen zugestoßen ist. Ich habe seither ständig mit mir gerungen, ob ich zu Ihnen gehen und darüber reden soll. Ich habe den Rat meiner Freunde und meiner Frau eingeholt, und sie alle stimmten darin überein, dass ich Ihnen erzählen sollte, was ich gesehen habe. Vor drei Tagen hatte ich Geschäftliches auf der walisischen Seite der Grenze zu erledigen – mit David Evans, den Sie vermutlich kennen?«
    »Ich kenne ihn vom Sehen. Ich habe noch nie mit ihm gesprochen. Ich glaube, Ford kennt ihn.« (Ford war der Verwalter, dem sämtliche Geschäfte, die mit Stranges Anwesen zu tun hatten, oblagen.)
    »Nun, Sir, David Evans und ich waren mit unseren Geschäften um zwei Uhr fertig, und ich hatte es eilig, nach Hause zu kommen. Überall lag tiefer Schnee, und die Straßen zwischen hier und Lianfair Waterdine waren in sehr schlechtem Zustand. David Evans' Haus, das Sie vermutlich nicht kennen, liegt hoch oben auf einem Hügel und bietet eine weite Aussicht nach Westen. In dem Moment, in dem wir nach draußen gingen, sahen wir große graue Schneewolken auf uns zukommen. Mrs. Evans, Davids Mutter, drängte mich, bei ihnen zu bleiben und erst am nächsten Tag heimzukehren, doch Evans und ich besprachen es und waren uns dann einig, dass es keine Schwierigkeiten geben sollte, vorausgesetzt, ich brach sofort auf und nahm den kürzesten Weg – mit anderen Worten: Ich sollte zum Dyke reiten und ihn nach England überqueren, bevor ich in das Unwetter geriet.« 104
    »Der Dyke?«, sagte Strange und runzelte die Stirn. »Es ist ein beschwerlicher Anstieg zum Dyke hinauf – auch im Sommer –, und es ist ein ziemlich einsamer Ort, falls Ihnen etwas zustoßen sollte. Ich glaube nicht, dass ich es versucht hätte. Aber vermutlich kennen Sie diese Hügel und ihr Temperament besser als ich.«
    »Vielleicht sind Sie klüger, als ich es war, Sir. Während ich zum Wall hinaufritt, begann ein starker, pfeifender Wind zu wehen. Er blies den bereits gefallenen Schnee auf und trug ihn hoch in die Luft. Schnee legte sich auf das Fell meines Pferdes und auf meinen Mantel, und als ich an uns hinunterblickte, waren wir so weiß wie der Abhang, so weiß wie die Luft. So weiß wie alles. Der Wind formte aus dem Schnee Furcht erregende Gestalten, so dass ich das Gefühl hatte, ich sei von tanzenden Geistern und anderen Arten übler Gespenster und böser Engel umgeben, die man in den Geschichten der arabischen Dame findet. Mein armes Pferd – normalerweise kein nervöses Tier – schien alle möglichen Dinge zu sehen, die es erschreckten. Wie Sie sich vorstellen können, begann ich mir sehnlichst zu wünschen, ich hätte Mrs. Evans' Gastfreundschaft angenommen, als ich eine Glocke schlagen hörte.«
    »Eine Glocke?«, sagte Strange.
    »Ja, Sir.«
    »Aber was für eine Glocke könnte es dort geben?«
    »Nun, Sir, überhaupt keine, an so einem verlassenen Ort. Um ehrlich zu sein, ist es mir bis heute ein Rätsel, dass ich überhaupt etwas hören konnte, auf dem schnaubenden Pferd und in dem heulenden Wind.«
    Strange nahm an, Mr. Hyde war gekommen, um sich diese merkwürdige Glocke erklären zu lassen, und begann über die magische Bedeutung von Glocken zu sprechen: dass Glocken zum Schutz gegen Elfen und andere böse Geister benutzt wurden und wie ein böser Elf bisweilen vom Klang einer Kirchenglocke eingeschüchtert werden kann. Andererseits liebten Elfen Glocken; Elfenzauber wurde häufig von Glockengeläut begleitet; und Glocken waren oft zu hören, wenn Elfen auftauchten. »Ich kann diesen seltsamen Widerspruch nicht erklären«, sagte er. »Theoretische Zauberer haben jahrhundertelang darüber gerätselt.«
    Mr. Hyde hörte sich diesen Vortrag höflich und aufmerksam an. Als Strange fertig war, sagte Mr. Hyde: »Aber

Weitere Kostenlose Bücher