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Jonathan Strange & Mr. Norrell

Jonathan Strange & Mr. Norrell

Titel: Jonathan Strange & Mr. Norrell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Clarke
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konnte ich Ihren Namen enträtseln – den ich, Ihr bester Freund und edelster Wohltäter, Ihnen nun ... Oh, aber hier kommt unser Feind! Sobald wir ihn getötet haben, werde ich Ihnen Ihren Namen verleihen. Seien Sie auf der Hut, Stephen. Es wird wahrscheinlich zu einem zauberischen Kampf irgendeiner Art kommen. Ich nehme an, dass ich verschiedene Gestalten werde annehmen müssen – Basilisken, enthäutete Köpfe und blutige Knochen, Feuerregen etc., etc. Vielleicht wollen Sie etwas zurücktreten.«
    Die unbekannte Person kam näher. Der Mann war so mager wie ein Banbury Käse mit einem habichtartigen anrüchigen Gesicht. Sein Rock und sein Hemd waren zerlumpt, seine Stiefel aufgebrochen und voller Löcher.
    »Nun!«, sagte der Herr nach einer Weile. »Ich könnte nicht erstaunter sein. Haben Sie diese Person schon einmal gesehen, Stephen?«
    »Ja, Sir. Ich muss zugeben, dass ich ihm schon einmal begegnet bin. Er ist der Mann mit der merkwürdigen Entstellung, der mir die Weissagung vorgetragen hat. Sein Name ist Vinculus.«
    »Ich wünsche Ihnen einen guten Tag, König!«, sagte Vinculus zu Stephen. »Habe ich Ihnen nicht gesagt, dass die Stunde nah ist? Und jetzt ist sie da! Der Regen wird ein Tor für Sie bilden, und Sie werden hindurchgehen. Die Steine werden einen Thron für Sie bilden, und Sie werden sich darauf setzen.« Er musterte Stephen mit geheimnisvoller Befriedigung, als seien die Krone, das Zepter und der Reichsapfel von ihm persönlich erschaffen.
    Stephen sagte zum Herrn: »Vielleicht haben sich die Ehrwürdigen Wesen, an die Sie sich wandten, getäuscht, Sir. Vielleicht haben sie uns die falsche Person geschickt.«
    »Nichts ist wahrscheinlicher«, pflichtete der Herr ihm bei. »Dieser Landstreicher stellt wohl kaum eine Bedrohung dar. Aber da der Nordwind und die Morgendämmerung sich die Mühe gemacht und ihn bestimmt haben, wäre es ihnen gegenüber höchst rücksichtslos, ihn nicht zu töten.«
    Vinculus blieb seltsam ungerührt von dieser Ankündigung. Er lachte kurz auf. »Versuch es doch, Elf! Du wirst feststellen, dass ich sehr schwer umzubringen bin.«
    »Wirklich?«, sagte der Herr. »Ich gestehe, mir scheint, nichts ist einfacher. Denn ich bin ein Meister im Töten aller möglichen Wesen. Ich habe Drachen erschlagen, Heere ertränkt und Erdbeben und Gewitter davon überzeugt, ganze Städte zu verschlingen. Du bist ein Mensch. Du bist ganz allein – wie es alle Menschen sind. Ich bin umgeben von alten Freunden und Verbündeten. Schurke, was kannst du dagegen ins Feld führen?«
    Vinculus reckte dem Herrn in einer Geste größter Verachtung das schmutzige Kinn entgegen. »Ein Buch!«, sagte er.
    Das war merkwürdig. Stephen dachte unwillkürlich, dass Vinculus, hätte er tatsächlich ein Buch besessen, gut beraten gewesen wäre, es zu verkaufen und sich einen besseren Rock zuzulegen.
    Der Herr blickte sich plötzlich um und schaute konzentriert auf die ferne Linie der weißen Hügel. »Oh!«, rief er so vehement, als hätte man ihn geschlagen. »Oh! Sie haben sie mir gestohlen. Diebe! Diebe! Englische Diebe!«
    »Wen, Sir?«
    »Lady Pole. Jemand hat den Zauber gebrochen.«
    »Die Zauberkunst der Engländer, Elf!«, rief Vinculus. »Die Zauberkunst der Engländer kehrt zurück.«
    »Jetzt sehen Sie ihren Hochmut, Stephen«, rief der Herr und wirbelte herum, um Vinculus mit einem wutentbrannten Blick zu bedenken. »Jetzt sehen Sie die Niedertracht unserer Feinde. Bringen Sie mir ein Seil, Stephen.«
    »Ein Seil, Sir? Hier gibt es gewiss weit und breit kein Seil. Lassen Sie uns...«
    »Kein Seil, Elf!«, höhnte Vinculus.
    Aber in der Luft über ihren Köpfen geschah etwas. Die Schnüre aus Graupel und Schnee wanden sich umeinander. Sie schlängelten sich über den Himmel zu Stephen, und plötzlich fiel ein dickes Seil in seine Hände.
    »Da!«, rief der Herr triumphierend. »Stephen, sehen Sie! Dort steht ein Baum. Ein einziger Baum in dieser trostlosen Ödnis, genau, wo wir ihn brauchen. Aber England war schon immer meine Freundin. Sie hat mir stets gut gedient. Werfen Sie das Seil über einen Ast, und dann hängen wir den Schurken.«
    Stephen zögerte, unsicher, wie er diese neue Katastrophe verhindern sollte. Das Seil in seiner Hand schien die Geduld mit ihm zu verlieren; es sprang davon und teilte sich der Länge nach in zwei Seile. Eins schlängelte sich über den Boden zu Vinculus und fesselte ihn, das andere bildete eine ordentliche Schlinge und hängte sich über einen Ast.
    Der

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