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Jonathan Strange & Mr. Norrell

Jonathan Strange & Mr. Norrell

Titel: Jonathan Strange & Mr. Norrell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Clarke
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Childermass gekränkt. »Das ist nicht wenig, oder? Norrell ist ein schlauer Mann – und Strange ebenfalls. Sie haben ihre Fehler wie andere Menschen auch, aber ihre Errungenschaften sind dennoch bemerkenswert. Täusch dich nicht, ich bin John Uskglass' Mann. Oder wäre es, wenn er hier wäre. Aber du musst zugeben, dass das Wiederaufleben der englischen Zauberei ihr Werk ist, nicht seines.«
    »Ihr Werk!«, sagte Vinculus verächtlich. »Ihrs? Verstehst du denn immer noch nicht. Sie sind die Zauberei, die John Uskglass betreibt. Mehr sind sie nie gewesen. Und er zaubert jetzt!«
KAPITEL 68
»Ja.«
Februar 1817
    In der Silberschale mit Wasser flackerte der Lichtfleck auf und erlosch.
    »Was?«, rief Strange. »Was ist passiert? Schnell, Mr. Norrell.«
    Norrell tippte auf die Wasserfläche, unterteilte sie mit Lichtlinien und flüsterte ein paar Worte, aber das Wasser in der Schale blieb dunkel und still. »Er ist verschwunden«, sagte er.
    Strange schloss die Augen.
    »Das ist sehr seltsam«, fuhr Mr. Norrell verwundert fort. »Was, glauben Sie, hat er in Yorkshire getan?«
    »Oh!«, rief Strange. »Ich nehme an, dass er gekommen ist, um mich in den Wahnsinn zu treiben.« Er stieß einen halb zornigen, halb selbstmitleidigen Schrei aus. »Warum will er mich nicht anhören? Nach allem, was ich getan habe, warum will er mich nicht einmal sehen? Mit mir sprechen?«
    »Er ist ein alter Zauberer und ein alter König«, sagte Mr. Norrell. »Beide sind nicht leicht zu beeindrucken.«
    »Alle Zauberer wollen ihre Lehrer in Staunen versetzen. Ich habe Sie in Staunen versetzt. Und ich wollte ihn in Staunen versetzen.«
    »Aber Ihr eigentliches Ziel ist es, Mrs. Strange von der Verzauberung zu befreien«, erinnerte ihn Norrell.
    »Ja, ja. Das stimmt«, sagte Strange gereizt. »Natürlich. Nur...« Er beendete den Satz nicht.
    Es herrschte Schweigen, und dann sagte Norrell, der nachdenklich dreingeblickt hatte: »Sie sprachen davon, dass Zauberer stets wünschen, ihre Lehrer zu beeindrucken. Das erinnert mich an etwas, was 1156 passiert ist...«
    Strange seufzte.
    »In jenem Jahr litt John Uskglass unter einer seltsamen Krankheit – wie er es von Zeit zu Zeit tat. Nachdem er genesen war, wurde in seinem Haus in Newcastle ein Fest abgehalten. Die Könige und Königinnen brachten ihm Geschenke von immensem Wert und Prunk – Gold, Rubine, Elfenbein, seltene Gewürze. Die Zauberer brachten zauberische Dinge – Wolken der Offenbarung, singende Bäume, Schlüssel zu mystischen Türen und so weiter –, jeder versuchte, den anderen zu übertreffen. Der König dankte allen auf dieselbe ernste Art. Als letzter Zauberer trat Thomas Godbless vor ihn. Seine Hände waren leer. Er brachte kein Geschenk. Er hob den Kopf und sagte: ›Herr, ich bringe Euch die Bäume und Berge. Ich bringe Euch den Wind und den Regen.‹ Die Könige und Königinnen, die großen Herren und Damen und die anderen Zauberer staunten über seine Unverfrorenheit. Ihnen schien, als hätte er überhaupt nichts gebracht. Aber zum ersten Mal seit seiner Krankheit lächelte der König.«
    Strange dachte darüber nach. »Tja«, sagte er. »Ich fürchte, ich zähle zu den Königen und Königinnen. Ich werde nicht schlau daraus. Woher haben Sie die Geschichte?«
    »Sie steht in Belasis' Instruktionen . In meiner Jugend studierte ich die Instruktionen mit leidenschaftlicher Hingabe und fand diese Passage besonders faszinierend. Ich kam zu dem Schluss, dass Godbless die Bäume und Berge und so weiter irgendwie dazu gebracht hatte, John Uskglass auf mystische Weise zu grüßen, sich vor ihm zu verneigen. Ich schmeichelte mir, etwas verstanden zu haben, was Belasis nicht verstanden hatte, aber dann habe ich nicht mehr darüber nachgedacht – ich hatte keine Verwendung für diese Art Zauberei. Jahre später fand ich in Lanchesters Sprache der Vögel einen Zauberspruch. Lanchester hatte ihn aus einem älteren, verloren gegangenen Buch. Er gab zu, nicht zu wissen, wozu er diente, aber ich glaube, es ist der Spruch, den Godbless benutzte – oder ein sehr ähnlicher. Wenn Sie wirklich mit John Uskglass sprechen wollen, könnten wir ihn jetzt anwenden. Wir könnten England bitten, ihn zu grüßen.«
    »Was wird das nützen?«, fragte Strange.
    »Nützen? Nichts. Zumindest nicht direkt. Aber es wird John Uskglass an die Bande zwischen ihm und England erinnern. Und es wird ihm unseren Respekt beweisen, was gewiss dem Verhalten entspricht, das ein König von seinen Untertanen

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