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Jonathan Strange & Mr. Norrell

Jonathan Strange & Mr. Norrell

Titel: Jonathan Strange & Mr. Norrell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Clarke
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war froh, dass Sir Walter nie von ihm verlangte, Livree oder eine gepuderte Perücke zu tragen, die ihn sofort als Dienstboten kenntlich gemacht hätten.
    Alle waren nach dem letzten Schrei gekleidet. Die Damen trugen Gewänder in den exquisitesten Farben (obschon Stephen sich nicht erinnerte, die meisten dieser Farben je zuvor gesehen zu haben). Die Herren trugen Kniebundhosen und weiße Strümpfe, braune, grüne, blaue und schwarze Röcke, die Hemden waren von strahlendem Weiß und ihre Glacehandschuhe waren absolut fleckenlos.
    Aber trotz der schönen Kleider und dem Frohsinn der Gäste gab es Anzeichen, dass das Haus nicht mehr so wohlhabend war wie einst. Der Raum war kümmerlich erleuchtet von einer unzureichenden Anzahl Talgkerzen, und für die Musik sorgten nur eine Violine und eine Flöte.
    Das muss die Musik sein, von der Geoffrey und Alfred gesprochen haben, dachte Stephen. Wie sonderbar, dass ich sie nicht früher gehört habe. Sie ist in der Tat so melancholisch, wie sie gesagt haben.
    Er ging zu einem schmalen unverglasten Fenster und blickte hinaus auf einen dunklen verwilderten Wald im Sternenlicht. »Und das muss der Wald sein, von dem Robert spricht. Wie bösartig er wirkt. Und läutet da nicht eine Glocke?«
    »O ja«, sagte eine Dame, die in seiner Nähe stand. Sie trug ein Gewand in der Farbe von Stürmen, Schatten und Regen und ein Halsband aus gebrochenen Versprechen und Bedauern. Er war überrascht, dass sie das Wort an ihn richtete, da er ganz sicher war, seine Gedanken nicht laut ausgesprochen zu haben.
    »Es läutet in der Tat eine Glocke«, fuhr sie fort. »Sie hängt ganz oben in einem Turm.«
    Sie lächelte und sah ihn mit so unverhohlener Bewunderung an, dass Stephen es für höflich hielt, etwas darauf zu entgegnen.
    »Dies ist gewiss eine überaus elegante Versammlung, Madam. Ich weiß nicht, wann ich zum letzten Mal so viele schöne Gesichter und anmutige Gestalten an einem Ort gesehen habe. Und alle in der Blüte ihrer Jugend. Ich gestehe meine Überraschung, keine älteren Menschen hier zu sehen. Haben diese Damen und Herren keine Mütter und Väter? Keine Tanten und Onkel?«
    »Was für eine komische Bemerkung«, erwiderte sie und lachte. »Warum sollte der Herr von Verlorene Hoffnung alte und unansehnliche Personen zu einem Ball laden? Wer wollte sie schon anschauen? Außerdem sind wir nicht mehr so jung, wie Sie glauben. Als wir zum letzten Mal unsere Erzeuger gesehen haben, war England nichts weiter als trostloser Wald und unfruchtbares Moor. Aber warten Sie! Dort. Da ist Lady Pole.«
    Zwischen den Tänzern sah Stephen kurz Ihre Ladyschaft. Sie trug ein blaues Samtkleid, und der Herr mit dem Haar wie Distelwolle führte sie über die Tanzfläche.
    Dann fragte die Dame in dem Kleid in der Farbe von Stürmen, Schatten und Regen, ob er mit ihr tanzen wolle.
    »Mit Vergnügen«, sagte Stephen.
    Als die anderen Damen sahen, wie gut Stephen tanzte, konnte er sich seine Partnerinnen nach Wunsch und Laune aussuchen. Nach der Dame mit dem Kleid in der Farbe von Stürmen, Schatten und Regen tanzte er mit einer jungen Frau, die keine Haare hatte, sondern eine Perücke aus zahllosen glänzenden Käfern trug, die auf ihrem Kopf herumkrabbelten. Seine dritte Partnerin beschwerte sich bitter, wann immer Stephens Hand ihr Gewand streifte; sie meinte, das hielte ihr Gewand vom Singen ab; und als Stephen hinunterblickte, sah er, dass ihr Kleid mit winzigen Mündern übersät war, die sich öffneten und eine kleine Melodie aus hohen unheimlichen Tönen sangen.
    Obwohl die Tänzer im Allgemeinen dem Brauch folgten und nach zwei Tänzen den Partner wechselten, fiel Stephen auf, dass der Herr mit dem Haar wie Distelwolle die ganze Nacht nur mit Lady Pole tanzte und das Wort kaum an eine andere Person richtete. Aber er hatte Stephen nicht vergessen. Wann immer sich ihre Blicke zufällig trafen, lächelte der Herr mit dem Haar wie Distelwolle, neigte den Kopf und schien ihm übermitteln zu wollen, dass ihm trotz all der zauberhaften Umstände des Balls nichts ein so großes Vergnügen bereitete, wie Stephen Black hier zu sehen.
KAPITEL 17
Das unerklärliche Auftauchen
von fünfundzwanzig Guineen
Januar 1808
    Der beste Lebensmittelhändler der Stadt ist Brandy's in der St. James's Street. Mit dieser Meinung stehe ich nicht allein; Sir Walter Poles Großvater, Sir William Pole, weigerte sich, Kaffee, Kakao oder Tee in irgendeinem anderen Geschäft zu kaufen, und erklärte, dass im Vergleich mit Mr.

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