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Jones, Diana Wynne

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Titel: Jones, Diana Wynne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 03 Der Fluss der Seelen
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Trugbilder? Könnt ihr aussehen wie jemand anderes?« Er versuchte natürlich herauszufinden, ob einer von ihnen sich als Tanamil ausgegeben haben könnte, und ich fragte mich, ob ich es wagen durfte, über ihn den Kopf zu schütteln. Ohne Zweifel würde ich auf Kankredins Rücken die Antwort finden.
    Kankredin und die beiden Magier stießen Laute des Abscheus aus. Wenn sie uns ihre Fähigkeiten aber verhehlen wollten, hätten sie dann nicht genauso reagieren müssen? Entchen jedoch war anderer Meinung.
    »Ja, aber kannst du es?«, fragte er. »Kannst du aufstehen und es mir zeigen?«
    Kankredin begriff sofort, dass Entchen versuchte, ihn zu überlisten. Er ist erschreckend klug. Einen Moment lang kam sein aufgedunsenes Gesicht uns nahe und war ganz deutlich zu sehen. Seine wulstigen Lider falteten sich zusammen, als er die Augen ganz öffnete und Entchen anstarrte. Zum ersten Mal bekam nun auch Entchen seine Macht unangenehm zu spüren. Die Brust seines Mantels wogte, als er nach der Dame fasste, und er keuchte. »Das wird dich lehren, mich mit dummen Fragen zu behelligen«, sagte Kankredin. »Das wird es doch? Hm?«
    Da dachte ich plötzlich: Warum macht er sich eigentlich die Mühe, mit uns zu sprechen? Er hält uns doch für dumme Kinder. Ich betrachtete Hern, der allmählich genauso aussah, wie Gull ausgesehen hatte.
    »Hör auf damit!«, verlangte ich. »Lass die Seele meines Bruders in Ruhe!«
    »Wohl kaum«, sagte Kankredin. »In seiner Seele ist etwas Besonderes.« Er blickte Hern aufmerksam an. Hern schlug die Hände vors Gesicht, als sei ihm schwindlig.
    Entchen und ich waren entsetzt. Entchen nahm Hern beim Arm und zog ihn quer durch den Raum davon. Und Kankredin sprang mit einer Bö aus kalter Luft von seinem Stuhl auf und warnte Entchen, sich bloß nicht einzumischen.
    Was als Nächstes kam, war wirklich scheußlich. Ich erhielt zwar eine wunderbare Gelegenheit zu lesen, was auf Kankredins Rücken stand, doch den Preis dafür hatte Hern zu zahlen. Dann fiel mir etwas anderes ein: Wenn auf Kankredins Gewand wirklich die Wahrheit stand – und ich denke, es war die Wahrheit, soweit Kankredin sie kannte –, dann mussten Herns, Entchens und meine Seele der Seele Gulls gleichen. Sie konnten also genauso verwendet werden. Kankredin starrte unter seinen wulstigen Lidern hinweg Hern an, und Hern stützte sich bebend auf Entchen. Entchen legte beide Arme um Hern und drückte die Dame so fest an ihn, dass sie beide einen blauen Fleck bekamen, der ihnen mehrere Tage lang erhalten blieb. Gleichzeitig, so sagt er, beschwor er Herns Seele mit all seiner Kraft, normal auszusehen – so wie die Seele von Korib, dem Sohn des Müllers, von Tante Zara und sogar von Zwitt. Und währenddessen las ich so schnell, als ginge es um mein Leben, was auf Kankredins ausladendem Rücken stand.
    Und so weiß ich, Kankredin, Magier der Magier, wie ich Macht über die Seele der Seele dieses Landes erlangen kann. Der Fluss versucht mir die Seele des Jungen vorzuenthalten, doch ich habe den Jungen gebunden, zu mir zu kommen. Ich spüre, wie er sich nähert. Er ist schon nahe. Durch die Macht dieser Worte und die Hände meiner Magier spanne ich nun ein Seelennetz über die Mündungen des Flusses, darin sich die Seelen aller im Lande Gestorbenen fangen sollen. Täglich sammeln meine Magier sie ein. Sie sollen meine Gefangenen sein und lernen, meinen Befehlen zu gehorchen, und ich lasse sie nicht übers Meer zu ihrer letzten Heimat ziehen. Der Junge aber, den ich eigentlich will, wird sich leibhaftig mit inmeinem Netz verfangen. Dann werde ich durch ihn die Seele hinter der Seele des Flusses zu mir locken. Sobald ich sie habe, werde ich den Fluss hinaufziehen und ihn vor mir herrollen wie eine Welle des Meeres, und das Land wird mir gefesselt zu Füßen liegen. Ich, Kankredin, habe gesprochen.
    Seine Ärmel las ich nicht. Darauf schienen mir Zauber aus viel älterer Zeit zu stehen. »Entchen! Lass uns gehen!«, kreischte ich.
    Kankredin wandte sich um und blickte mich unter seinen fetten Lidern hinweg an. Ich glaubte nicht, dass wir fortgehen konnten.
    »An uns ist überhaupt nichts Geheimnisvolles«, sagte ich. »Wir … wir wollen Kars Adon noch einholen.«
    »Das ist richtig«, stimmte Entchen mir rasch zu. »Sieh dir unsere Seelen doch an. Siehst du denn nicht, dass wir ganz offen und aufrichtig zu dir sind?«
    »Ich habe auf eure Seelen geblickt«, sagte Kankredin. »Leere Gebilde sind sie. Verdächtig leer.« Er deutete auf Hern.

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