Jones, Diana Wynne
und zerrten uns grob aus dem Boot, weil sie uns für Heiden hielten.
Wir beteuerten, dass wir keineswegs Heiden seien, aber niemand glaubte uns. Eine ganze Meile weit schleppten sie uns durch Schlamm und über Land. Dabei sagten sie unablässig Dinge wie: »Ich freue mich schon darauf, sie kreischen zu hören« und: »An denen räche ich mich für Litha. Wir machen es langsam und genüsslich.« Als sie uns endlich über eine Sanddüne drängten und wir ein recht großes Lager erreichten, weinten wir wohl alle, glaube ich. Wir waren verzweifelt, denn mittlerweile hätten sie eigentlich begreifen müssen, dass wir keine Heiden waren.
Jemand, der beobachtete, wie wir ins Lager geschafft wurden, sagte: »Da hattet ihr aber großes Glück! Ich merke euch alle für eine Belohnung vor. Bringt sie her, und lasst uns sehen, was wir mit ihnen anstellen.«
Sie stießen uns auf einen offenen Platz, wo ein großer Baum lag, tot und mit silbriger Rinde. Der Mann, der gesprochen hatte, saß auf dem Baumstamm, und viele andere kamen, wie unsere Landsleute es gern tun, aus den Zelten herbei und umringten uns. Ich hörte jemanden rufen: »Jay, komm her! Es gibt Heiden zu Mittag!«
Der Mann, der mich gepackt hielt – er heißt Sard, und ich mag ihn heute immer noch nicht –, schüttelte mich und sagte: »So, jetzt benimm dich. Das ist der König. König, verstehst du? Heiden wie euch verspeist er zum Frühstück, jawohl.«
Ich konnte es kaum glauben, aber vor uns saß tatsächlich unser König. Ich empfand solche Ehrfurcht, dass ich ihn fast nicht ansehen konnte. Dieser Mann war im Gegensatz zu Kars Adon kein Heide und kein Junge. Er war ein echter König. Ich blickte ihn unter meinem Haar hinweg kurz an und sah einen kleinen fülligen Mann mittleren Alters. Früher einmal, so glaube ich, dürfte er recht beleibt gewesen sein, aber man sagt, er habe in den Kriegen stark abgenommen. Sein Gesicht jedoch ist noch immer pausbäckig, seine Lippen spitz und humorvoll verzogen. Unter seinen Augen hingen große Tränensäcke, die dunklen Augen aber funkelten strahlend darüber hinweg.
»Wo waren sie?«, fragte unser König unseren Häscher Sard.
»Waren auf die Carne-Bank aufgelaufen, Majestät«, antwortete Sard grinsend. »Ich dachte immer, Heiden wären klüger.«
Der König sah uns an. »Woher stammt ihr? Welchem Clan gehört ihr an, und wie viele Köpfe zählt sie?«
Hern sah den König mit gesenktem Kopf düster an. »Wir sind keine Heiden«, entgegnete er. Entchen und ich erhoben die Stimme und versuchten lautstark und auf jede uns bekannte Art, den König davon zu überzeugen, dass wir keine Heiden seien.
Der König lehnte sich zurück, seufzte und verschränkte die Arme. Während wir auf ihn einredeten, hörten wir, wie er voll Humor den Mann fragte, der hinter ihm stand: »Warum machen sie solch ein Geschrei, Jay?« Dass er nicht zuhörte, war so offensichtlich, dass ich verzweifelt innehielt. Hern und Entchen waren bereits verstummt. »Fertig?«, fragte unser König und zwinkerte uns zu. »Gut. Es ist so, dass ich bei Heranwachsenden unangenehme Befragungen nur sehr ungern anwende, doch auf mein Wort, ich werde es tun, wenn ihr mir nicht Rede und Antwort steht. Ich will wissen, wo euer Lager ist. Wer ist euer Häuptling oder Graf oder wie immer ihr ihn nennt? Wie viele seid ihr Heiden? Nicht dass es uns viel helfen wird, denn ihr schwärmt über das Land wie Ungeziefer, aber trotzdem wir tun, was in unserer Macht steht. Redet, und vielleicht schenke ich euch das Leben.«
»Majestät, wir sind wirklich in Iglingen geboren, einem Dorf stromaufwärts«, sagte ich. Der König grinste. Ich hielt unter den Umstehenden nach einem Gesicht Ausschau, das mir vielleicht Glauben schenkte. Alle grinsten sie. Der Mann namens Jay, der hinter dem König stand, grinste am breitesten von allen. Ich erkannte ihn. Seit ich ihn zum letzten Mal gesehen hatte, hatte er einen Arm verloren, und sein roter Wollmantel war nun grau und zerlumpt, doch er war der Mann, der Robin angelächelt hatte, als sie mit mehlbestäubten Händen am Weg stand. »Du bist nach Iglingen gekommen«, sagte ich. »Du hast meinen Vater und meinen Bruder Gull mit in den Krieg genommen. Erinnerst du dich nicht?«
»Und mich hast du dort gesehen«, fügte Hern hinzu. »Du hast gesagt, ich sei zu jung zum Kämpfen.«
»Ich bin in vielen Dörfern gewesen«, sagte der Mann, den der König Jay genannt hatte. Er grinste noch immer.
»Und du hast meine Schwester
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