Jones, Diana Wynne
Menschen gab es nur wenige – höchstens fünfzig, und alles Männer. Das Lager hätte weit kriegerischer wirken müssen als die ärmlichen Hütten von Kars Adon, weil die Frauen fehlten, die Abfallhaufen und außer Entchen und mir die Kinder, aber das war damals nicht der Fall, und heute ist es auch nicht anders. Das Lager machte mehr den Eindruck, als begehe unser König einen Feiertagsausflug.
Während wir warteten, redete Entchen nur ein einziges Mal mit mir, so wütend war er auf mich. »Stand auf Kankredins Gewand, wie wir Gull zurückbekommen?«, fragte er.
»Nein«, antwortete ich. »Dort stand, dass Gull zu ihm kommt. Das Netz hat Kankredin nur aufgespannt, um Gull zu fangen, und er wartet, bis er unseren Bruder hat, bevor er das Land erobert. Und es kann nicht falsch sein, unseren König von dem Einen zu berichten.«
»Wenn er glaubt, Gull wäre noch immer unterwegs«, sagte Entchen, »dann habe ich Recht, und Tanamil gehört nicht zu seinen Magiern. Und du weißt genau, dass du niemandem etwas von den Unvergänglichen erzählen darfst.« Das war sein letztes Wort.
Als die Zeit um war, erhob sich großes Geschrei, das Boot komme zurück. Alles, unseren König eingeschlossen, eilte über die Sandhügel ans Ufer. Wir liefen mit, wir gehörten zu der Menge, die sich auf dem Kiesstrand drängelte, und wir halfen, das Boot aus den sinkenden Wellen zu ziehen. Es war ein großes, hohes Boot. Jays Kopf und Schultern erschienen über der Bordwand.
»Also?«, fragte der König.
»Alles wie beschrieben«, antwortete Jay ihm. »Hier ist die Liste – beginnt mit dem Ausladen. Drei Katzen.« Schätzchen, Pruh und Rosti fielen neben unserem König auf den Boden. Sie waren zerzaust und gar nicht zufrieden. Unser König blickte sie belustigt an. »Zehn Decken«, fuhr Jay fort, und auch sie landeten am Ufer. »Zwei Säcke, gefüllt vor allem mit Käse, Stockfisch und Zwiebeln.« Die Säcke folgten unseren Decken. »Und«, sagte Jay, »eine kranke junge Dame.«
Ich dachte schon, jetzt werfen sie auch Robin auf den Strand. Tatsächlich aber ließ man sie sehr behutsam herab, und Hern kletterte neben ihr von Bord, um dafür zu sorgen, dass ihr nichts geschah. Sie hatten sie in Jays Wollmantel gewickelt, und es ging ihr noch schlechter. Sie sagt, das liege an dem Schrecken, den sie bekommen habe: Zusätzlich zu den Sorgen, die sie sich um uns machte, musste auch noch Jay auftauchen. Ich hüllte sie in eine zusätzliche Decke, als sie bibbernd auf den Kieseln lag, und sie weinte vor Glück, dass Entchen und ich noch lebten.
»Und?«, fragte unser König, indem er Jay die Hand entgegenstreckte. »Sonst nichts?«
»Hat sie bei sich«, antwortete Jay und nickte Robin zu.
Anscheinend hatte Hern den Einen, kaum dass er ihn aus dem Feuer geholt hatte, Robin in die Hände gedrückt, und sie ließ niemanden in seine Nähe. Ich begriff Hern nicht, bis er sagte: »Komm und sieh es dir an«, und auch Entchen herbeiwinkte.
Robin nahm die Hand von den tiefen Falten in Jays Webemantel und zeigte uns den Einen, den sie darin festgeklammert hatte. Er war golden: Er schimmerte in einem orangefarbenen Glanz und schien aus massivem Metall zu bestehen. Hern und Robin begriffen es auch nicht besser als Entchen und ich. Hern berichtete, der Eine habe in der Asche des Feuers noch heller geglänzt als jetzt; seither sei er schon ein wenig stumpfer geworden. Hern fügte hinzu, dass bei seinem Anblick solch unverhohlene Gier auf die Gesichter Jays und seiner Begleiter getreten sei, dass er den Einen ohne nachzudenken in Robins Obhut gegeben hatte, um ihn vor ihnen zu schützen. Wie die arme Robin den Einen verteidigen soll, wenn jemand ihr den Arm auf den Rücken biegt, weiß ich nicht zu sagen. Sie muss auch Gull beschützen, den sie in ihren eigenen Wollmantel eingeschlagen hat; von ihm weiß außer uns vieren niemand.
Bis jetzt hat Robin sich Herns Vertrauen als würdig erwiesen. Sie bedeckte den Einen wieder, als der König herbeikam, und lehnte es kühn ab, ihn zu zeigen. Eine leichte Röte trat auf ihre Wangen, weil sie unseren König so behandeln musste, aber sie ließ sich nicht erweichen.
»Man darf weder dauernd von ihm reden noch ihn von jedermann anglotzen lassen«, sagte sie.
»Und wenn ihr alle in mein Zelt kämt und wir ihn uns während des Abendessens anschauten?«, schlug der König vor. »Ich könnte ein Feuer entzünden lassen, damit er sich ein wenig heimischer fühlt.«
Unser König war nun wirklich sehr höflich,
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