Jones, Diana Wynne
Jedenfalls hat Hern fast den ganzen Tag gebraucht, um sich an ihn zu gewöhnen. Und Tanamil weigerte sich, Hern anzublicken, weil Hern den Jüngling trug und nichts begriff. Ich wiederum hatte mir nicht klar gemacht, wie sehr Tanamil es verabscheut, gebunden zu sein. Er hasst seine Lage so sehr, dass er jedes Gespräch darüber ablehnt. Wenn man ihn danach fragt, verliert sein Gesicht jeden Ausdruck, und er sieht genauso aus wie sein Abbild.
»Amil Oreth ist noch tief greifender gebunden als ich«, mehr wollte er mir nicht sagen, als ich ihn danach fragte. Robin fuhr mich ärgerlich an, ich möge Tanamil in Ruhe lassen. Da schien er sich ein wenig zu erweichen. Von sich sprach er nicht, aber er sagte zu mir: »Adons Band wiegt doppelt. Erstens wurde er von einer Frau betrogen, und das war seine eigene Schuld. Zweitens konnte er, weil er bereits gebunden war, nicht seine volle Kraft gegen Kankredin richten.«
Wir haben solch einen schönen Tag verbracht. Hern hat den König völlig vernachlässigt, und wir haben nur munter in der Mühle gesessen und Pläne geschmiedet, wie wir uns stromaufwärts davonmachen, ohne dass der König oder Zwitt davon erfahren. Tanamil sitzt neben Robin und hat den Arm um sie gelegt. Er ist genauso glücklich wie wir. Robin muss heute mehr gegessen haben als im ganzen letzten Monat zusammen. Alles, worauf sie Appetit hat, steht augenblicklich auf dem Tisch. Ich bedaure nur, dass Mutter nicht auch hier sein darf. Weil der Eine so wütend war, als sie meinen Vater heiratete, darf Tanamil nicht mit ihr sprechen. Tanamil möchte nicht riskieren, dass der Eine ihn wegen Robin ebenfalls verstößt. Sie wollen zusammen vor den Einen treten und ihn um Erlaubnis bitten zu heiraten.
Jetzt ist alles in Aufruhr! Ich begreife nun, weshalb Tanamil es so sehr hasst, gebunden zu sein. Ich hätte Mutter gehorchen sollen. Aber wenigstens ist diesmal Entchen an allem Schuld und nicht ich. Ich will der Reihe nach berichten.
Wir waren sehr glücklich und saßen in der Abendsonne vor der offenen Tür zum Strom. Ich hatte das Gefühl, Mutter könne auf diese Weise bei uns sein. Meine Webarbeit hatte ich auf den neusten Stand gebracht und begonnen, meinen ersten Wollmantel zusammenzunähen und die Säume zu stutzen. Tanamil kam herbei und sah mir dabei zu.
»Wie bin ich nur auf den Gedanken gekommen, ich könnte dir etwas beibringen?«, fragte er.
Darüber freute ich mich sehr, aber ich entgegnete: »Du hast mir zwei sehr nützliche Dinge verraten«, und zeigte ihm das Band ausdrucksvoller Webarbeit auf dem Rücken, wo wir Kankredin begegnen.
»Ich bin mit euch bei ihm gewesen«, sagte Tanamil. »Ich wusste, dass ihr mich brauchen würdet; auch für mich war er beinahe zu stark. Welch ein Glück, dass er saß und dass du sein Zaubergewand hier unterbrochen wiedergibst. Wusstest du eigentlich, dass es uns sonst noch einmal gebunden hätte?« Das hatte ich nicht geahnt. Der Gedanke ist beängstigend. Tanamil erklärte, er sei fortgegangen, als Kankredin uns sagte, wir könnten gehen, weil er wusste, dass Entchen uns durch das Netz führen könnte; beim ersten Mal hatte uns natürlich Tanamil hindurchgeholfen. Robin hatte ihm befohlen, nie wieder in unsere Nähe zu kommen; sie hatten sich schlimmer zerstritten, als ich wusste. Ich glaube, es war sehr nett von ihm, uns überhaupt zu helfen, obwohl er sagt, er habe die ganze Zeit über so sehr an uns gedacht und besonders an Robin, dass es einem Wunder gleichkomme, dass an den Ufern der Bäche noch etwas wachse.
Dann sagte er: »Ich habe mich genauso schlimm aufgeführt wie Amil wegen Cenblith, aber ich hoffe, dass ich für meine Torheit nicht genauso büßen muss wie er.«
»Indem du gebunden wirst, meinst du?«, fragte ich.
»Nein«, sagte er. »Durchs Feuer. Als es fast schon zu spät war, fand er heraus, wie er die Frau betrügen konnte, die ihn betrogen hatte. Er rang ihr das Versprechen ab, ihn jedes Jahr ins Feuer zu geben. Jedes Feuer schwächt seine Bande um eine Winzigkeit, bis er sie eines Tages brechen kann.«
Während er sprach, wirkte er so traurig, dass ich mir überlegte, das Feuer müsse dem Einen wohl Schmerzen bereiten. Darüber hatte ich bislang noch nicht nachgedacht. Und wir setzten ihn so freudig den Flammen aus! »Wusstest du, dass der Eine jetzt golden ist?«, fragte ich Tanamil.
»Ja«, sagte er. Er nahm meinen Wollmantel auf und sah ihn an. »Es bedeutet, dass er nun befreit werden kann.«
»Was sagst du mir da?«, fragte ich.
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